Darum gehts
- Ukraine kontrolliert 80 Prozent ihres Territoriums trotz dreijährigem Krieg
- ISW-Bericht widerlegt Behauptungen eines drohenden Zusammenbruchs der Ukraine
- Russland könnte 300 Milliarden Dollar eingefrorener Vermögenswerte für Friedensabkommen zugestehen
Am Montag jährt sich der Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine zum dritten Mal – dies, wenn Russlands schleichende Annexion der östlichsten Ukraine und der Krim ab 2014 ausser Acht gelassen wird.
Drei Jahre Krieg haben das Land schwer geprüft. Während Präsident Donald Trump (78) auf ein schnelles Ende des Russland-Ukraine-Kriegs durch direkte Gespräche mit Moskau drängt, zeichnet ein neuer Bericht des renommierten Institute for the Study of War (ISW) ein überraschendes Bild der Lage in der Ukraine.
Keine Nation am Abgrund
Laut dem Bericht ist die Ukraine fern davon, eine Nation am Abgrund zu sein. Die Ukraine kontrolliere 80 Prozent ihres Territoriums. Seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022 hat die Ukraine rund 800 Quadratkilometer durch die Kursk-Invasion erobert, doch insgesamt rund 78'000 Quadratkilometer verloren.
Stand heute beträgt das von Russland besetzte Gebiet rund 120'000 Quadratkilometer oder 20 Prozent des ukrainischen Territoriums vor 2014 – wobei die militärischen Fortschritte Moskaus schrumpfen: von 27,94 km²/Tag im November 2024 auf träge 16,1 km²/Tag im Januar 2025. Bei diesem Tempo, so rechnen die ISW-Autoren des «Faktenblatts Ukraine» vor, würde es über 83 Jahre dauern, den Rest der Ukraine zu erobern.
«Die meisten Städte funktionieren weiterhin»
Der Bericht widerlegt Behauptungen, dass die Ukraine vor dem totalen Kollaps stehe. Städte wie Kiew, Lwiw und Odessa seien angeschlagen, trotzen dem Krieg aber, auch wenn russische Angriffe wichtige Infrastruktur zerstören. «Die meisten ukrainischen Städte», so die Analyse, «wurden nicht zerstört und funktionieren weiterhin.»
Von Europa, heisst es weiter, habe die Ukraine Hilfeleistungen über 204 Milliarden Dollar erhalten. US-Präsident Trump bemängelte am Freitag vor Journalisten im Weissen Haus, dass die Europäer ihre Ukraine-Gelder als Darlehen absichern, während seine US-Vorgängerregierung unter Präsident Joe Biden (82) mehr als 350 Milliarden Dollar ohne Rückzahlverpflichtung an Kiew überwiesen habe.
US-Hilfe fliesse grösstenteils in US-Taschen
Diese von Trump vorgelegte Zahl sei weit überrissen, so die ISW-Zahlen. Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (47) erhielt die Ukraine etwa 75 Milliarden Dollar der vom US-Kongress genehmigten Hilfe in Höhe von 177 Milliarden Dollar.
Laut ISW sei das Geld grösstenteils nicht in ukrainische Taschen geflossen, sondern in amerikanische Verteidigungsjobs: «Der Grossteil der von den Vereinigten Staaten für die Ukraine bereitgestellten Mittel verbleibt in den USA, um die heimische Verteidigungsindustrie zu finanzieren und die US-Waffenbestände aufzufüllen.»
Insgesamt beschreibt der ISW-Report ein leidgeprüftes, doch widerstandsfähiges Land, das kämpft, nicht kapituliert. Das kollidiert mit Trumps Darstellung einer Nation am Rande des Untergangs – eine Diskrepanz, die Verhandlungen um das Ende des Krieges entscheidend beeinflussen könnte.
Bericht: Russland könnte für Friedensdeal auf eingefrorene Vermögen verzichten
Wie Reuters meldet, könnte Russland im Rahmen der Beilegung des Kriegs 300 Milliarden Dollar an eingefrorenen Vermögenswerten zugestehen.
Während sich die Gespräche zwischen Russland und den Vereinigten Staaten noch in einem sehr frühen Stadium befinden, werde in Moskau die Idee geäussert, einen grossen Teil der im Westen eingefrorenen russischen Vermögen für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden – als Teil eines möglichen Friedensabkommens.
Russland könnte der Verwendung von 300 Milliarden Dollar an in Europa eingefrorenen Staatsgeldern für den Wiederaufbau in der Ukraine zustimmen, heisst es laut mit den Verhandlungen vertrauten Quellen. Moskau würde darauf bestehen, dass ein Teil des Geldes für das Fünftel des Landes ausgegeben wird, das von Moskaus Streitkräften kontrolliert wird.