Darum gehts
- Solothurn ist die gefährlichste Gemeinde der Schweiz laut Kriminalstatistik 2024
- Interlaken und Bern folgen auf Platz zwei und drei
- In Solothurn wurden 270 Straftaten pro 1000 Einwohner registriert
Das Blumenstädtchen Huttwil BE ist idyllisch zwischen Emmental und Oberaargau gelegen. Doch der Anschein trügt – ruhig geht es in «Huttu» nicht mehr zu. Erst hielt eine wüste Massenschlägerei die Einwohner in Atem, dann wurde mehrfach auf den Künstler Madeye geschossen.
Vor Ort sprach Blick mit den Einwohnern, die sich um ihr Dorf sorgen. Shayenne Greber (17), eine Hotelfachfrau-Lernende sagt: «Ich finde es sehr beängstigend, weil wir hier ja noch auf dem Land sind und nicht in der Stadt.» Doch wo in der Schweiz finden tatsächlich die häufigsten Straftaten statt?
Häufigkeitszahl ermöglicht Vergleich zwischen Gemeinden
Blick hat sich die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Bundesamts für Statistik (BFS) für die verschiedenen Schweizer Gemeinden im Jahr 2024 angeschaut. Mit überraschendem Ergebnis: An der Spitze der sieben gefährlichsten Gemeinden findet sich nicht etwa eine Metropole wie Zürich oder Basel.
Verglichen wird dabei die sogenannte Häufigkeitszahl: die Zahl der polizeilich registrierten Straftaten, errechnet auf 1000 Einwohner. Das BFS erklärt auf Blick-Anfrage, dass die Häufigkeitszahl bei kleineren Gemeinden verzerrt werden könne, wenn beispielsweise ein Fall mit vielen Geschädigten passiere. Zudem müsse besonders bei grösseren Städten auch der Einfluss der Pendlerpopulation berücksichtigt werden.
Solothurn
Rund 270 Straftaten kamen 2024 in der Stadt Solothurn auf 1000 Einwohner. Damit zeichnet die Statistik Solothurn als die gefährlichste Gemeinde der Schweiz aus. Im Vergleich zum Jahr 2023 nahmen die Straftaten um 18 Prozent zu.
Doch woran liegt das? Zunächst bilde die Stadt eine statistische Besonderheit, erklärt die Kantonspolizei Solothurn auf Blick-Anfrage. Denn die Gemeinde mit knapp 17'000 Einwohnern ist zusätzlich ein eigener Bezirk und ziehe als Kantonshauptstadt viele Pendler und Besucher an. Das wirke sich auch auf die hohe Rate in der Kriminalstatistik aus.
Ein weiterer Grund: «In Solothurn schlagen die Zunahme von Delikten beziehungsweise die Aktivitäten einzelner Täter statistisch viel stärker zu Buche.» 2023 sei ein Schweizer im Raum Solothurn für rund 360 Straftaten angezeigt worden, 2024 seien über 175 Straftaten einer einzelnen Person zugeordnet worden.
Und welche Straftaten werden in Solothurn begangen? Vor allem Vermögensdelikte wie zum Beispiel Einbruch-, Laden- und Fahrraddiebstähle, erklärt die Kantonspolizei Solothurn. Gewaltdelikte gingen entgegen dem nationalen Trend im Kanton hingegen zurück.
Interlaken BE
Die Gemeinde Interlaken BE mit 6000 Einwohnern liegt malerisch zwischen Thunersee und Brienzersee und zieht jedes Jahr zahlreiche Touristen an. Laut PKS wurden im Ferienort im Jahr 2024 jedoch 211 Straftaten pro 1000 Einwohner aufgezeichnet. Das ist sogar ein Anstieg um 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 2023.
Auf Blick-Anfrage betont die Kantonspolizei Bern, dass ein Vergleich der Gemeinden mit Vorsicht zu geniessen sei. «Dies vor allem, weil die örtlichen Gegebenheiten unterschiedlich sind. Die Entwicklungen der Straftaten sind im öffentlichen Raum unter anderem abhängig von verschiedenen Faktoren, wie beispielsweise Wetter und demografische Zusammensetzung», heisst es weiter. Als Gründe für die hohen Werte in der Kriminalstatistik nennt sie die «Tourismusdestination» und «die gute verkehrstechnische Einbettung».
Anfang Juli wurden bei einer Auseinandersetzung im Zentrum von Interlaken drei Menschen verletzt. Als Tatwerkzeug kamen unter anderem eine Stichwaffe und ein Stein zum Einsatz. Im Juli sorgte auch der tödliche Unfall auf der Rodelbahn Heimwehfluh für Entsetzen in Interlaken und der gesamten Schweiz.
Bern
Auf Platz drei der gefährlichsten Gemeinden in der Schweiz steht mit Bern eine grosse Stadt. Mit knapp 138'000 Einwohnern liegt Bern auf Platz fünf der grössten Schweizer Städte. Rund 176 Straftaten kamen hier auf 1000 Einwohner.
Im Juli sorgte ein Skandal am Berner Inselspital für viel Aufsehen. Eine gekündigte Oberärztin hatte dem Klinikdirektor «wiederholte Vergewaltigungen und grobe sexuelle Belästigungen» vorgeworfen – das Inselspital feuerte auch ihn. Der Grund: eine Verletzung der «Treue- und Sorgfaltspflichten als Leiter der Klinik».
Basel
Auf Bern folgt die Grossstadt Basel. Neben den rund 176'300 Einwohnern finden sich im Dreiländereck auch zahlreiche Pendler in der Stadt ein. Das spiegelt sich in der hohen Kriminalitätsrate wider: 163 Straftaten waren es 2024 pro 1000 Einwohner.
Im Vergleich der Kantone steht Basel-Stadt mit einer Rate von rund 155 Straftaten auf 1000 Einwohner im Jahr 2024 deutlich an der Spitze. Auf Platz zwei befindet sich der Kanton Genf mit rund 99 Straftaten im selben Verhältnis. Den dritten Platz im Kantonsvergleich belegt Solothurn mit einer Rate von 80 Straftaten pro 1000 Einwohner.
Olten SO
Der fünfte Platz bei den gefährlichsten Ortschaften geht an eine weitere Gemeinde aus dem Kanton Solothurn. In Olten leben etwas über 18'700 Einwohner – auf 1000 Einwohner wurden 151 Straftaten erfasst.
Im November 2024 fällte das Amtsgericht in Olten ein Urteil im Fall von Kevin D.*. Der damals 40-Jährige war angeklagt worden, in der Region Olten einen Mann und sechs Frauen sexuell und tätlich angegangen zu haben. Darunter soll er eine 14-Jährige mit sechs Messerstichen niedergestochen und sich an ihr vergangen haben. Das Urteil: Wegen Schuldunfähigkeit wurde eine stationäre, therapeutische Massnahme verhängt.
Egerkingen SO
Knapp darauf folgt im Ranking wieder eine Solothurner Gemeinde. Im beschaulichen Egerkingen SO leben gerade einmal 4300 Einwohner – doch im Jahr 2024 kamen hier rund 149 Straftaten auf 1000 Einwohner. Die Kantonspolizei Solothurn legt dar, dass es sich hierbei hauptsächlich um Ladendiebstähle im Einkaufszentrum Gäupark handle.
Doch es gibt auch andere Delikte. Erst im Juni dieses Jahres erschütterte ein dreifaches Tötungsdelikt in Egerkingen und Hägensdorf SO die Schweiz. Leo M.* (41) tötete seine Ex Giulia M.* (†38) und ihre Eltern Silvia G.* (†68) und Claudio G.* (†72) jeweils an deren Wohnort. Gegen Leo M. wurde eine Strafuntersuchung wegen mehrfacher vorsätzlicher Tötung eingeleitet.
Biel BE
Mit rund 56'000 Einwohnern ist Biel BE die zehntgrösste Stadt der Schweiz. Die Kriminalitätsrate lag hier bei rund 141 Straftaten auf 1000 Einwohner. Gegenüber 2023 nahm diese um 15 Prozent zu.
Im Januar sorgte ein Tötungsdelikt an der Güterstrasse in Biel für Rätsel. Nachdem sich eine Frau (31) seit mehreren Tagen nicht mehr gemeldet hatte, fanden Einsatzkräfte sie leblos in ihrer Wohnung vor. Den Erkenntnissen zufolge handelte es sich um ein Tötungsdelikt.
*Name geändert