«Zwingend ein umfassendes Strafverfahren»
Suizidkapsel Sarco ist im Visier der Justiz

Die Suizidkapsel Sarco hat in der Schweiz einen schweren Stand. Eine neue Umfrage bei den Staatsanwaltschaften aller Kantone zeigt: Keine einzige Behörde ebnet den Weg für den Freitodaktivisten Philip Nitschke (76).
Publiziert: 03.08.2024 um 14:30 Uhr
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Die Suizidkapsel war seine Idee: Der australische Freitodaktivist Philip Nitschke.
Foto: keystone-sda.ch
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Nicola ImfeldTeamlead Wirtschaft-Desk

Der Tod bewegt die Menschen – und erst recht die Justiz. Die als «Tesla der Sterbehilfe» bekanntgewordene Suizidkapsel Sarco wollte in diesem Sommer der ersten Patientin einen «Tod in Würde» ermöglichen. Daraus wurde nichts. Die Premiere ist Mitte Juli geplatzt, die bereits in die Schweiz eingereiste Amerikanerin Jessica Campbell* (†55) schied stattdessen mit einer in der Schweiz anerkannten Sterbehilfe aus dem Leben.

Diese Woche zitierte die NZZ aus einem Brief von Campbell, worin die Frau aus dem US-Bundesstaat Alabama schwere Vorwürfe gegen Exit International – Betreiber der Suizidkapsel – erhob. Sie berichtete von «finanzieller Ausbeutung», «Medienstress» und «herzlosen Menschen». 

Umfrage bei allen Kantonen

Auf der juristischen Ebene ist der Sarco vom australischen Freitodaktivist Philip Nitschke (76) ein heisses Eisen. Die Staatsanwaltschaft Schaffhausen hat der Organisation Exit International mit einem Strafverfahren gedroht, sollte diese auf Kantonsgebiet zum Einsatz kommen. Auch der Walliser Kantonsarzt verbot den Einsatz des Sarcos kurzerhand. 

Jetzt haben die CH-Media-Zeitungen die restlichen Staatsanwaltschaften aller Kantone um eine Einschätzung zum Vorgehen gebeten, sollte der Sarco in ihren Kantonsgrenzen dereinst zum Einsatz kommen. Resultat? Keine einzige Behörde in der Schweiz schätzt die Suizidkapsel als bedenkenlos ein. 

Kanton Zürich prescht vor

Einige Kantone wiesen darauf hin, dass Suizide gemäss der Strafprozessordnung als aussergewöhnliche Todesfälle gelten und «grundsätzlich ein Verfahren» auslösen würden. Auf den Sarco gingen sie nicht im Detail ein. Andere Behörden wurden konkret. So Rolf Jäger von der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich: «Bei Einsatz des Sarco im Kanton Zürich wäre zwingend, ein umfassendes Strafverfahren wegen des Verdachts auf strafbare Handlungen gegen Leib und Leben (Tötungsdelikt) einzuleiten», sagt er gegenüber den «CH-Media-Zeitungen.» 

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau erklärt im Bericht, dass es sich beim Sarco um eine völlig neue Methode im Bereich der Sterbehilfe handle. Die Staatsanwaltschaft würde deshalb bei deren Einsatz im Thurgau ebenfalls ein Strafverfahren wegen Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord eröffnen.

Die Suizidkapsel von Philip Nitschke sorgt also bereits für ordentlich Gesprächsstoff. Der Australier hat aber noch nicht genug und ist kürzlich mit einer neuen Idee vorgeprescht: ein Demenz-Todesimplantat. Die Idee: Ein eingepflanzter Schalter aktiviert sich, wenn die betroffene Person beispielsweise wegen Demenz nicht mehr zurechnungsfähig ist, und lässt diese versterben. Anders als beim Sarco ist das Todesimplantat noch nicht mehr als eine Idee – doch auch hier dürfte die Justiz ein Wörtchen mitreden wollen.

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