Diese Liste hat es in sich: Die UBS hat in ihrem Quartalsbericht auf 13 Seiten alle laufenden oder kürzlich abgeschlossenen Rechtsstreitigkeiten aufgeführt. Die Fälle sind komplex und dauern in einigen Fällen bereits mehr als ein Jahrzehnt an.
Mit der Übernahme der Credit Suisse hat sich die UBS zudem zahlreiche neue Rechtsstreitigkeiten ins Haus geholt. Je nach Ausgang könnten auf die Megabank noch Milliardenbussen zukommen. Blick fasst die Fälle und deren aktuellen Stand zusammen.
Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Frankreich
Die französische Justiz wirft der UBS vor, vermögenden französischen Kunden jahrelang beim Steuerbetrug und Geldwäscherei geholfen zu haben. Seit 2013 laufen Ermittlungen gegen die UBS und ehemalige Angestellte. Das Berufungsgericht sprach 2021 eine Geldstrafe von 3,75 Millionen Euro, die Beschlagnahmung einer Milliarde Euro sowie eine Entschädigung an den französischen Staat über 800 Millionen aus. Auch dagegen ging die Bank in Berufung. Die Verhandlungen vor dem Obersten Gerichtshof sind abgeschlossen. Die Bank soll zum 15. November die Entscheidung erfahren. Per Ende September hat die Bank für den Fall Rückstellungen von 1,1 Milliarden Euro in ihren Büchern.
UBS präsentiert Verlust von 785 Millionen Dollar
Ramsch-Hypotheken in den USA
2007 ist in den USA das Immobiliengeschäft mit hochspekulativen Hypotheken und Wertpapieren wie ein Kartenhaus zusammengefallen. Die UBS zählte von 2002 bis 2007 zu den Big Player in diesem Geschäft und sah sich in der Folge mit einer Klage konfrontiert. Im August 2023 konnte sich die Grossbank mit dem US-Justizministerium auf einen Vergleich einigen. Kostenpunkt: 1,435 Milliarden US-Dollar. Die entsprechende Summe hat die UBS gemäss eigenen Angaben bereits vorgängig über Rückstellungen verbucht und hat entsprechend keine Auswirkungen auf die aktuellen Geschäftszahlen.
Madoff-Anlagebetrug
Es war einer der grössten Finanzskandale der Geschichte: Der Börsenmakler Bernard Madoff (1938–2021) hat über Jahrzehnte hinweg insgesamt 65 Milliarden Dollar veruntreut. Gegen die UBS, UBS-Tochterfirmen und eine Reihe anderer Banken gingen Klagen ein. Dabei geht es um die Rolle, welche die Finanzhäuser als Promotoren, Vertriebshändler oder Depotbanken gespielt haben. Bis anhin wurden jedoch praktisch alle Klagen abgewiesen. Zuletzt 2019 vom Obersten Gerichtshof der USA. Der Fall liegt nun zur weiteren Bearbeitung vor dem Insolvenzgericht. Derzeit deutet wenig darauf hin, dass für die UBS eine Busse fällig wird. Im Quartalsbericht werden denn auch keine Rückstellungen genannt.
Libor-Skandal
Ein Kartell aus Banken hat nach der Finanzkrise 2008 über Jahre hinweg Devisen und die Referenzzinssätze Euribor und Libor sowie Anleihen manipuliert. Die UBS bekannte sich früh schuldig und zahlte bereits vor mehr als zehn Jahren 1,5 Milliarden Dollar an die amerikanischen Behörden. Weiter zog die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht damals 134 Millionen Franken bei der Grossbank ein. 2021 folgte dann eine weitere Busse durch die EU-Wettbewerbsbehörden über 172,4 Millionen Euro, welche die UBS an die nächste Instanz weitergezogen hat. Ausgang: noch offen.
Die UBS hält fest, dass weitere, mögliche Zahlungen in dem Fall nicht beziffert werden können. Diese könnten grösser, aber auch kleiner als die getätigten Rückstellungen ausfallen. Auch bei der CS sind im Zusammenhang mit der Libor-Manipulation noch Klagen offen.
Rückzahlung von Vertriebsgebühren
Das Schweizerische Bundesgericht hat die UBS 2012 dazu verdonnert, Vertriebsgebühren an Kunden zurückzubezahlen, die über Drittfirmen abgerechnet wurden. Eine Reihe von Fällen mit betroffenen Firmen wird nach wie vor geprüft. Es geht darum, ob die jeweiligen Verträge einen gültigen Verzicht auf die Gebühren enthalten oder nicht. Die UBS schreibt, dass die Bilanz per 30. September Rückstellungen hierfür beinhaltet, die man für angemessen halte. Die Bank vermerkt aber auch, dass die Zahlungen letztendlich «wesentlich höher oder möglicherweise auch niedriger» als die Rückstellungen ausfallen könnten.
CS: Ramsch-Hypotheken 2.0
Auch die CS hat in der US-Subprime-Krise Ramsch-Hypotheken verkauft. Die Bank hat sich im letzten Jahr mit der Staatsanwaltschaft von New Jersey auf eine Vergleichszahlung von 495 Millionen Dollar geeinigt. Die Bank hatte entsprechende Rückstellungen getätigt.
CS: Beihilfe zur Steuerhinterziehung in den USA
Die Credit Suisse musste wegen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in den USA 2014 eine Milliarden-Busse zahlen und hat sich dabei dazu verpflichtet, US-Bürgern und -Bürgerinnen nicht mehr beim Verstecken ihres Vermögens zu helfen. In einem Bericht des US-Sentas vom März 2023 bezweifelt dieser, dass sich die Bank daran gehalten hat. Der Fall könnte für die UBS noch teuer zu stehen kommen.
CS: Ausserbörslicher Handel
Der CS und einer Reihe anderer Finanzhäuser wird vorgeworfen, beim ausserbörslichen Handel in Absprache gewisse Handelsplattformen gemieden zu haben. Die Beklagten, darunter die CS, haben mit einigen Klägern eine Einigung gefunden. Zudem haben die Gerichte die meisten Klagen abgewiesen. Ein paar wenige sind jedoch noch offen.
CS: Klumpenrisiken bei Investitionen
Ein ehemaliger Kundenbetreuer der Credit Suisse hat viel zu grosse Beträge in einzelne Produkte investiert – woraufhin Kunden geklagt haben. Der Berater wurde verurteilt. Im September 2023 entschied ein Gericht in Singapur, dass die CS Schadenersatz über 743 Millionen Dollar exklusive Zinsen zahlen muss. Die Bank hat Berufung eingelegt. Bei einem Verfahren in Bermuda wurde eine Busse von 607 Millionen Dollar gesprochen, auch hier läuft eine Berufung. Im März 2023 kam schliesslich noch eine Zivilklage hinzu.
CS: Mosambik-Affäre
Die Credit Suisse hat gemäss Eidgenössischer Finanzmarktaufsicht (Finma) bei Geschäften mit Staatsunternehmen in Mosambik schwer gegen das Organisationserfordernis und die geldwäschereirechtliche Meldepflicht verstossen. Bereits 2021 einigte sich die Grossbank mit der US-Justiz auf eine Zahlung von knapp 475 Millionen Dollar. Im September 2023 schloss sie sich mit der Volksrepublik Mosambik einen Vergleich ab.
CS: Prüfung von grenzübergreifenden Transaktionen
In Grossbritannien, den Niederlanden, Frankreich und Belgien werden Geldtransaktionen über die Landesgrenze von CS-Kunden geprüft. Die Bank habe die Daten für einige der Länder bereits überprüft und arbeite weiterhin mit den Behörden zusammen, heisst es im Quartalsbericht.
CS: Rechtsstreit um Börsenverluste
Sammelkläger machen die CS und andere Banken für Verluste an der Börse verantwortlich – unter anderem beim Geschäft mit Leerverkäufen. Seit 2018 gingen mehrere Klagen ein. Bisher haben die Gerichte alle Klagen abgewiesen. In einem Fall wurde im Juni 2023 Berufung eingelegt.
CS: Geldwäscherei für bulgarischen Kokainkönig
Das Bundesstrafgericht hat die CS im Sommer 2022 wegen Geldwäscherei für bulgarische Drogenhändler zu einer Zahlung von 19 Millionen Franken Schadensersatz verurteilt. Die Bank hat dagegen Berufung eingelegt.
CS: Greensill-Skandal
Die CS soll beim Supply-Chain-Geschäft im Greensill-Skandal gegen die aufsichtsrechtlichen Anforderungen verstossen haben. Die Finma stellte im Februar 2023 ein gesetzwidriges Verhalten fest. Die Staatsanwaltschaft Zürich hat im Mai gegen ehemalige und aktive CS-Angestellte ein Strafverfahren eingeleitet. Verschiedene Investoren haben gegen die CS Klagen eingereicht.
Archegos-Affäre
Archegos Capital hatte sich mit Aktienwetten auf Kredit um Milliarden verzockt. Der entstandene Schaden beläuft sich auf 10 Milliarden Dollar. Die CS hat beim Risikomanagement komplett versagt und so riesige Kundenvermögen in den Sand gesetzt. Die UBS konnte den Fall in diesem Sommer mit einer Busse von 387 Millionen beilegen. Gegen die CS wurden jedoch weitere Zivilklagen eingereicht.
CS: Hat die Bank transparent informiert?
In den USA wurden nach der Notrettung der CS mehrere Sammelklagen gegen die Bank eingereicht. Der CS werden irreführende Angaben punkto Kundengelderabflüssen, Kontrollen in der Finanzberichterstattung und gravierende Fehler im Risikomanagement vorgeworfen. Die Bank arbeite mit den Behörden zusammen, heisst es im Quartalsbericht. Die CS sieht sich auch mit mehreren Sammelklagen von Aktionären konfrontiert, die sich beim Übernahme-Deal übers Ohr gehauen fühlen.