Die Zertifikatspflicht in den Bergbahnen wird seit Wochen diskutiert, ein Entscheid steht allerdings noch aus. Das schafft Verunsicherung – und erschwert den Skigebieten und Tourismusdestinationen die Vorbereitungen auf die Wintersaison.
Der Oktober ist vielerorts der Startschuss für den Vorverkauf der Saisonkarten. So etwa am Flumserberg im Kanton St. Gallen. Die ersten Verkaufstage liefen dort eher schleppend, heisst es auf Anfrage von Blick. Für eine Bilanz sei es aber noch zu früh.
Der Schnee fehlt
Ob die Leute sich auf Saisonabos stürzen oder die Finger davon lassen, hängt aber weniger mit der Zertifikatspflicht zusammen, sondern mehr mit dem Wetter, sagt Mario Bislin (63), Geschäftsführer der Bergbahnen Flumserberg: «Erfahrungsgemäss steigen die Verkaufszahlen, wenn früh Schnee fällt.»
Am ersten Oktoberwochenende lagen die Temperaturen vielerorts noch bei 20 Grad. Das könnte auch den eher zaghaften Verkaufsstart am Flumserberg erklären. Mittlerweile allerdings hat ein Temperatursturz die Schweiz erwischt. Für die kommenden Tage ist Schnee bis in tiefe Lagen angesagt. Das dürfte die Ticketverkäufe am Flumserberg ankurbeln und Mario Bislin freuen. «Die Jahreskartenverkäufe sind eine frühzeitige Einnahmequelle, die sehr wichtig für uns ist.»
Rekordverkäufe in Laax und Arosa Lenzerheide
Mehr Glück haben Skigebiete, die keine Winter- sondern Jahresabos anbieten. Arosa Lenzerheide im Bündnerland etwa. Weil das Sommergeschäft mit Biken und Wandern dort immer wichtiger wird, werden die Saisonabos nicht im Herbst, sondern im Frühling verkauft. Sie sind dann zwölf Monate gültig. Und weil im Frühling das Covid-Zertifikat noch gar nicht zur Debatte stand, hielt es keine Bergbegeisterten vom Abokauf ab.
«Wir haben diesen Frühling sogar zehn Prozent mehr Jahreskarten verkauft», freut sich Philipp Holenstein (58), Direktor der Arosa Bergbahnen AG. «Wir erklären uns das unter anderem damit, dass Schweizer Gäste im vergangenen Corona-Jahr weniger ins Ausland reisen konnten. Da lohnt sich eine Jahreskarte am Berg eher.»
Ähnlich sieht es auch 50 Kilometer weiter westlich aus, in Laax GR. Das Skigebiet ist im Frühling ebenfalls eine Rekordzahl an Jahreskarten losgeworden. 10'000 Skifahrer, Snowboarderinnen und Biker haben sie gekauft, so viele wie noch nie zuvor. Dennoch verhehlt der Laaxer Bergbahnen-Chef Markus Wolf (48) nicht, dass eine mögliche Zertifikatspflicht die Skigebiete vor organisatorische Herausforderungen stellen würde. «Wir müssen auf jedes denkbare Szenario vorbereitet sein.» Immerhin: «Letztes Jahr wussten wir erst kurz vor Weihnachten, dass die Skisaison überhaupt stattfinden darf. Ein kompletter Stillstand steht dieses Jahr nicht zur Debatte.»
Trubel für ausländische Gäste in Zermatt
Anders als die Bündner und Ostschweizer Skigebiete setzt Zermatt VS zusätzlich auch auf ausländische Gäste. Und gerade bei ihnen wird das Covid-Zertifikat schnell einmal zum Problem. Wer nämlich von ausserhalb der EU anreist, etwa aus Russland, dessen Impfung zählt hierzulande nicht. In Zermatt gibt es daher seit Kurzem ein neues Testzentrum, betrieben von Freiwilligen. Alternativ können sich die ausländischen Touristen ein Schweizer Zertifikat besorgen. Kostenpunkt: 30 Franken.
Dass eine Zertifikatspflicht beim Skifahren internationale Touristinnen und Touristen abschrecken könnte, glaubt Sabrina Marcolin, Sprecherin von Zermatt Tourismus, allerdings nicht. «Gäste aus dem Ausland sind sich ja oft strengere Massnahmen gewohnt als Schweizerinnen und Schweizer.»
Ob die Zertifikatspflicht kommt, steht weiterhin in den Sternen. Die Gespräche laufen, bestätigt der Verband Seilbahnen Schweiz. Man suche nach einer «pragmatischen Lösung».