Auf einen Blick
- Nach der Aufhebung des Mindestkurses crashte die Schweizer Börse und der Franken legte zum Euro und Dollar massiv zu
- Die Schweizer Bevölkerung profitierte vom starken Franken, insbesondere nach Corona als die Preise weltweit massiv stiegen
- Die SNB kämpft bis heute gegen eine zu schnelle Aufwertung des Frankens
Am 15. Januar 2015 versetzte Thomas Jordan (61) die Schweiz in einen Schockzustand. «Die Schweizerische Nationalbank hat beschlossen, den Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro per sofort aufzuheben und ihn nicht mehr mit Devisenkäufen durchzusetzen», erklärte der damalige SNB-Chef.
Die Finanzmärkte reagierten heftig auf den Paukenschlag: Der Schweizer Leitindex SMI stürzte an dem Tag zeitweise um 13 Prozent ab. Der Franken legte zum Euro und zum Dollar massiv zu. Die Exportindustrie warnte vor Absatzeinbrüchen und Jobabbau.
«Bereits die Einführung des Mindestkurses war ein Fehler», sagt Ökonom Klaus Wellershoff (60), Chef der Beratungsfirma Wellershoff & Partners. «Für uns war klar, dass man da nicht ohne Knall wieder herauskommt.»
«Wir alle kaufen Waren aus dem Ausland»
Rückblick: Weil der Franken zum Euro immer weiter aufwertete, verkündete die SNB 2011 einen Mindestkurs zur europäischen Gemeinschaftswährung. Verteidigt wurde dieser dadurch, dass die SNB Geld druckte und damit ausländische Währungen kaufte.
Wellershoff sieht das Ende des Mindestkurses positiv. «Durch ihren Konsum sind alle Menschen in der Schweiz Importeure. Wir alle kaufen Waren aus dem Ausland. Und da können wir uns mit dem stärkeren Franken mehr leisten.»
Das zeigte sich besonders nach Corona: 2022 kam es weltweit zu einem starken Preisschub. Während die Teuerung in den USA und im Euroraum gegen 10 Prozent stieg, betrug sie in der Schweiz dank des starken Franken nur 2,8 Prozent.
5000 Industrie-Jobs gingen verloren
Weniger angenehm als für die Konsumentinnen und Konsumenten war das Mindestkurs-Ende für die exportorientierte Schweizer Industrie. «Eine Reihe von Firmen wurde hart getroffen», so Wellershoff. Laut dem Industrieverband Swissmem gingen damals rund 5000 Industriejobs verloren.
Doch diese Jobverluste sind heute längst wieder ausgeglichen. «Der starke Franken ist kurzfristig unser härtester Feind und langfristig unser grösster Freund», sagte Swissmem-Präsident Martin Hirzel (54) der «NZZ». Denn er zwinge die Schweizer Firmen zu Fortschritt und Veränderung.
«Schnelle Aufwertung wäre ein Problem»
Heute verteidigt die SNB kein Kursziel zum Euro mehr. Doch für Wellershoff ist klar: «Die SNB wird weiterhin eine wechselkursorientierte Geldpolitik verfolgen.» Das bedeutet: Tiefe Leitzinsen und Devisenkäufe, um den Franken zu schwächen. Beide Massnahmen sind umstritten.
Ein tiefer Leitzins schadet den Sparerinnen und Sparern. Und Devisenkäufe blähen die Bilanz der SNB weiter auf. Das ist riskant, weil die Notenbank damit den Schwankungen der weltweiten Kapitalmärkte ausgesetzt ist. Steigt der Franken zu stark an, verlieren die Anlagen der SNB im Ausland an Wert.
«Eine schnelle Aufwertung des Frankens wäre ein Problem», sagt Wellershoff. Denn die Wirtschaft braucht immer Zeit, um sich neuen Bedingungen anzupassen. «Aber die wirtschaftliche Situation ist heute für die Schweiz sicher stabiler als mit dem Mindestkurs.»