Diese Woche publizierte Tesla die Zahlen dazu, wie es im vierten Quartal gelaufen ist. Daraufhin brach die Aktie um 7 Prozent ein, der Kurs tauchte auf 195 Dollar. Dabei sind 45 Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung verpufft. Ein ziemlich schmerzhafter Tagesverlust also und ein glasklares Alarmsignal für die Anlegerinnen und Anleger. Der Grund: Die Konkurrenz wird stärker, die Umsätze schwächeln, die Margen sinken. Dabei sind die Negativnachrichten noch schlimmer, als es der Kurssturz nahelegt.
Auf den ersten Blick scheinen die Tesla-Zahlen, wenn auch nicht gut, so doch einigermassen erträglich zu sein. Der Gewinn lag bei 71 Cent pro Aktie, knapp unter den 73 Cent, die von Analystinnen und Analysten prognostiziert worden waren. Aber Tesla hatte durch geschicktes Verhalten die Erwartungen der Analysten und Analystinnen im Vorfeld stark heruntergeschraubt. Und selbst diese reduzierten Erwartungen wurden verfehlt. Zudem dürfte der Geschäftsgang auch in den nächsten Quartalen alles andere als erbaulich sein.
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In den nächsten Quartalen wird es nicht besser
Denn das Unternehmen von Elon Musk warnte, dass es in diesem Jahr zu einer deutlichen Verlangsamung des Umsatzwachstums kommen werde. Zudem musste Tesla erneut einen Rückgang der Bruttomarge gegenüber dem entsprechenden Quartal des Vorjahres vermelden, da das Unternehmen die Preise gesenkt hatte, um die Nachfrage anzukurbeln. Damit scheint sich die Marge deutlich unter 10 Prozent einzupendeln.
Für die Zukunft heisst das Folgendes: Tesla dürfte langfristig mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht die Supermargen erzielen, die viele erwartet hatten. Denn das Starunternehmen wird plötzlich von Konkurrenten bedrängt, allen voran vom chinesischen Autobauer BYD. Deswegen dürfte auch die Zahl der verkauften Autos unter den Erwartungen bleiben. Eine ziemlich gefährliche Entwicklung für den Aktienkurs.
Um den aktuellen Aktienkurs von rund 200 Dollar zu rechtfertigen, müsste Tesla zum grössten Fahrzeughersteller der Welt werden und um das Jahr 2033 mehr als 350 Milliarden Dollar Umsatz erzielen (also fast so viel, wie aktuell VW und Mercedes zusammen schaffen).
Aber das genügt nicht. Gleichzeitig muss es Elon Musk gelingen, dauerhaft hohe operative Margen von etwa 16 Prozent zu halten. Schon vor einem Jahr hat die «Handelszeitung» jedoch darauf hingewiesen, dass Teslas Margen unter Druck kommen dürften. Das hat sich bestätigt. Und dass Tesla zu den hohen Margen von 2022 zurückkehrt, ist angesichts des Trends nur schwer vorstellbar.
Selbst wenn Tesla die Umsätze tatsächlich auf 350 Milliarden hochschrauben könnte, würde dies bei der operativen Marge des vergangenen Jahres von 9,2 Prozent einen Aktienpreis um die 100 Dollar rechtfertigen – das heisst nur die Hälfte des aktuellen Kurses. Viel Raum nach unten also.
Nun hat Tesla darauf hingewiesen, dass sich das Unternehmen gerade zwischen zwei Wachstumswellen befinde. Die abklingende Wachstumswelle habe auf den Modellen 3 und Y beruht. Für die kommende Wachstumswelle würden neue Modelle sowie der Cybertruck sorgen. Aber auch die neuen Modelle dürften unter der immer näher rückenden Konkurrenz von Firmen wie BYD oder Toyota leiden – die Japaner haben im letzten Sommer eine Grossoffensive bei Elektrofahrzeugen angekündigt. Und der Cybertruck dürfte mit einiger Wahrscheinlichkeit die Zahlen nicht gross verbessern. Dafür gibt es drei Hauptgründe:
- Die Herstellung der Cybertrucks ist komplexer als die der anderen Modelle. Deshalb werden die Margen trotz cleverer Designentscheidungen und der angepeilten Preisgestaltung niedriger sein als bei den hauseigenen Topmodellen.
- Eine Fabrik in Texas produziert bereits Cybertrucks. Aber deren Produktionskapazität liegt bei nur 125’000 Fahrzeugen pro Jahr. Wenn die Nachfrage nach Cybertrucks diese Zahl übersteigt, macht das möglicherweise spezielle Produktionsanlagen erforderlich. Das würde zusätzlichen Investitionsbedarf bedingen und entsprechende Risiken verursachen. Sollte sich etwa im Nachhinein herausstellen, dass die Cybertrucknachfrage nach einem Anfangshype deutlich sinkt, wären diese Investition Wertvernichter. Wenn man aber auf den Bau von Cybertruckfabriken verzichtet, kann es sein, dass der Truck wegen Produktionsengpässen hinter den Umsatzerwartungen zurückbleibt.
- Es dürfte eine nicht unerhebliche Zahl von Käufern und Käuferinnen geben, die sich statt eines herkömmlichen Tesla-Models für den Cybertruck entscheiden. Ein Teil der Nachfrage nach dem Truck wird also aus Teslas eigener Käuferschaft kommen. Aufgrund dieser Kannibalisierung dürfte der Cybertruck nicht für den gewaltigen Umsatzschub sorgen, der im aktuellen Kurs auch nach dem gestrigen Rückschlag immer noch eskomptiert ist.
Geringe Chancen auf die erwartete rosige Zukunft
Natürlich kann man darüber streiten, ob die hier aufgeführten Argumente dem Unternehmen Tesla wirklich gerecht werden. Schliesslich wurden einige Faktoren nicht berücksichtigt. Beispielsweise, dass die Batteriesparte deutlich stärker wächst als erwartet und Tesla auf diese Weise den Aktienkurs rechtfertigen kann. Oder dass die neuen Modelle einen so grossen Hype auslösen, dass es trotz zunehmender Konkurrenz tatsächlich zu einer neuen Wachstumswelle beim Umsatz kommt. Es ist wäre ausserdem möglich, dass Tesla zu einem KI-Unternehmen mutiert oder dank fahrerlosen Autos neue Kurshöhen erklimmt.
Aber bisher sind das Hoffnungen, die sich nicht aus den Zahlen ergeben. Das überrascht kaum, denn Tesla ist der Inbegriff eines Unternehmens, dessen Kurse vor allem auf Hoffnungen basieren und kaum auf realisierten Gewinnen. Die Aktienkäuferinnen und -käufer haben in der Vergangenheit vor allem Teslas Zukunft bewertet, und diese Zukunft wurde sehr rosig gemalt.
Klar, es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass sich diese rosige Zukunft tatsächlich einstellt. Aber die Chancen dafür scheinen gering, vor allem nach den jüngsten Zahlen zu Margen und Umsätzen. Das Fazit lautet daher: Es muss praktisch alles perfekt laufen für den Elektrofahrzeughersteller, sonst ist der Kurs aus fundamentaler Sicht nicht gerechtfertigt. Risikobewusste Privatanlegerinnen und -anleger sollten also entweder ganz die Finger von Tesla lassen oder sehr vorsichtig sein. Auf jeden Fall gilt es, die Geschäftsentwicklung genau zu beobachten, wenn man auf dieses Superstarunternehmen setzen will.