Wirtschaftsexperte Vontobel ordnet ein
Soll die Stadt Zürich die Sugus-Häuser kaufen?

105 Mietparteien der Sugus-Häuser haben die Kündigung erhalten. Könnte die Stadt Zürich die Massenkündigungen mit einem Kauf der Wohnhäuser verhindern? Und wenn ja, was kostet es die Steuerzahler? Der Wirtschaftsexperte rechnet vor.
Publiziert: 13.12.2024 um 17:12 Uhr
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Die Bewohnerinnen und Bewohner der Sugus-Häuser wehren sich gegen die Massententlassung.
Foto: Ralph Donghi

Auf einen Blick

  • Stadt Zürich erwägt Kauf der Sugus-Häuser zum Mieterschutz
  • Gemeinnütziger Vermieter könnte Mieten ohne Steuerbelastung deutlich senken
  • Kaufpreis für 105 Wohnungen auf 80–100 Millionen Franken geschätzt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Werner Vontobel

Noch ist nichts klar, doch die Stadt Zürich hat zumindest schon mal angedeutet, dass sie bereit wäre, die Sugus-Häuser zu kaufen und deren 105 Mietparteien vor dem Rausschmiss zu bewahren. Der Immobilienexperte Donato Scognamiglio schätzt den Marktwert der drei Häuser laut NZZ auf «bis zu 80 Millionen Franken». Das sind rund 800'000 Franken pro Wohnung. Die Stadt hat verlauten lassen, dass sie die bestehenden Mieten nach einem Kauf nicht erhöhen wolle. Doch geht diese Rechnung auch für den Steuerzahler auf? Wird da nicht eine kleine Minderheit extrem bevorzugt? Rechnen wir.

Nehmen wir an, von den 800'000 Franken entfalle je die Hälfte auf den Gebäudeversicherungswert GVW und den Boden. Die entsprechende mietrechtliche konforme Kostenmiete berechnet sich wie folgt: 3,25 Prozent des GVW, sprich 13'000 Franken für die laufenden Verwaltungs-, Abschreibungs- und Unterhaltskosten. Dazu kommen die Zinskosten von 1,75 Prozent auf einer Hypothek von 500'000 Franken, sprich 8750 Franken plus 3,75 Prozent auf dem Eigenkapital von 300'000 Franken, sprich 11'250 Franken. Das ergibt ein Total von 33'000 Franken oder 2750 Franken monatlich.

Müsste auch Stadt Zürich Mieten anheben?

Wenn stattdessen die Stadt Zürich oder ein anderer gemeinnütziger Investor die Häuser kauft, sieht die Rechnung ganz anders aus. An den laufenden Kosten von 13'000 Franken ändert sich zwar nichts, aber die Zinskosten sind um Welten tiefer. Die Stadt Zürich kann sich aktuell zu 0,6 Prozent verschulden. Die Emissionszentrale für gemeinnützigen Wohnungsbau bietet aktuell Anleihen mit 20 Jahren Laufzeit zu 0,966 Prozent an.

Rechnen wir mit 1 Prozent, ergeben sich Zinskosten von 8000 Franken pro Wohnung. Das ergibt ein Total von 21'000 Franken oder 1750 Franken pro Monat. Reicht das? Eine Sugus-Mieterin hat gegenüber den Medien gesagt, dass sie für eine 5,5-Zimmerwohnung 1950 Franken Miete bezahle. Doch selbst wenn die Stadt die Mieten leicht erhöhen müsste, um sämtliche Kosten zu decken, wäre es immer noch ein weiter Weg zu den quartierüblichen Mieten. Keine 200 Meter nebenan kostet ein 63 Quadratmeter grosses Appartement 3250 Franken Miete.

Dies wiederum ist ein Indiz dafür, dass der oben genannte Schätzpreis von 80 Millionen zu tief gegriffen sein könnte. Rechnen wir stattdessen mit 100 Millionen oder rund einer Million pro Wohnung, sieht der Vergleich wie folgt aus: 3210 Franken Miete bei einem privaten gegenüber 1920 Franken bei einem gemeinnützigen Vermieter.

Diese Berechnungen zeigen, dass der Staat die Mieten massiv senken kann, ohne den Steuerzahler zu belasten und ohne in den Markt für Bauland einzugreifen. Das heisst auch, dass die Mieten nicht nur durch die hohen Bodenpreise verteuert werden, sondern mindestens ebenso durch die hohen Renditeansprüche der Investoren. Dieser Hebel wird zurzeit wenig genutzt. Das dürfte sich ändern, wenn oder falls demnächst das Stimmvolk des Kantons Zürich den Gemeinden ein Vorkaufsrecht bei der Handänderung von Wohnimmobillien einführt. Der Zürcher Stadtrat hat dafür allein für das kommende Jahr 500 Millionen Franken bereitgestellt. Die SP fordert zusätzliche 250 Millionen Franken.

Steuerzahler nicht belastet

Die Pointe: Diese Kredite belasten die Steuerzahler in den Gemeinden nicht, im Gegenteil: Angenommen die Stadt Zürich kalkuliert die Mieten der für 500 Millionen gekauften Wohnungen auf der Grundlage von 1,6 Prozent, dann erzielt sie damit einen Nettogewinn von jährlich 8 Millionen, kann aber eine Wohnung im Wert von einer Million Franken immer noch zu einem Preis von rund 800'000 Franken unter der «Kostenmiete» anbieten.

Ähnliche Rechnungen hat vermutlich auch der Hauseigentümerverband heimlich angestellt. Das erklärt, dass er sich mit all seinen beträchtlichen monetären Mitteln gegen ein staatliches Vorkaufsrecht wehrt.

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