Die Börsianer rechnen mit Donald Trump (78). Seit dem Attentat auf ihn hat der frühere US-Präsident beste Chancen, ins Weisse Haus zurückzukehren. Er hat laut Umfragewerten die Favoritenrolle inne. Deshalb rüsten sich die Finanzmärkte für Trump, schliesslich sind ihre Händler getrieben von Wahrscheinlichkeiten. «Ein Wahlsieg Trumps würde von der Wall Street vorerst sicher begrüsst werden», sagte Maurizio Porfiri (47), CIO der Zürcher Finanzfirma Maverix Securities AG, kürzlich gegenüber Blick.
Was aber Trump 2.0 langfristig für die Wirtschaft bedeutet, ist noch nicht abschätzbar. Zu wankelmütig ist der Ex-Präsident in seinen Versprechen, zu sehr widersprechen sich einzelne Pläne von ihm. Blick wagt dennoch eine Einschätzung.
Trump macht auf Arbeiterfreund
Die Republikaner waren lange eine durch und durch wirtschaftsliberale Partei, die für Freihandel, Bürokratieabbau und tiefe Steuern stand. Mit Trump und seiner Gefolgschaft hat sich das geändert. Er und sein Vize J. D. Vance (39) – ein Sprössling einer verarmenden Industriegegend, der es zum Risikokapitalgeber im Silicon Valley geschafft hat – geben sich als Kämpfer für die «hart arbeitenden Amerikaner». Ihnen will das Duo wieder den amerikanischen Traum ermöglichen, so das Versprechen.
Dazu passt, dass am Parteitag zum ersten Mal ein Gewerkschaftsboss auftreten durfte – zu bester Sendezeit. Sean O’Brien, Chef der mächtigen Lastwagenfahrergewerkschaft, schimpfte in seiner Rede über die Konzerne und Businesslobby. Diese würden «einen Krieg gegen Amerikas Arbeiter» führen. Musik in den Ohren vieler Trumpwähler. In den Teppichetagen der Grossunternehmen, wo die Unterstützung für die Republikaner traditionell gross ist, dürfte das weniger gut angekommen sein.
Wenig freuen dürfte die US-Wirtschaftslenker auch, dass Trump beabsichtigt, einen Handelskrieg anzuzetteln. Diese Absicht untermalte er zuletzt bei seiner Rede am Parteitag. Er will die Produktion aus Mexiko, China und anderen asiatischen Ländern zurück in die USA holen – und droht mit Zöllen zwischen 100 und 200 Prozent auf importierte Autos. Das soll Hunderttausende Arbeitsplätze in der Autoindustrie zurückbringen. Selbst Europa hat Trump im Visier. Grosse Teile der Wirtschaft fürchten die Effekte dieser protektionistischen Aussenhandelspolitik, weil die anderen Länder ebenfalls mit Zöllen reagieren könnten, was auf die Exporte drücken würde.
Trump ist ein Inflationstreiber
Viele Analysten gehen davon aus, dass unter einer zweiten Präsidentschaft Trump die US-Inflation wieder aufflammen wird. Denn viele seiner Wirtschaftspläne wirken preistreibend, insbesondere die von ihm proklamierten Zölle auf Importgüter.
Zudem berichteten mehrere Medien, dass die Regierung Trump gedenke, direkt auf Zinsentscheide einzuwirken. Als US-Präsident würde er eine Tiefzinspolitik durchdrücken wollen und eine hohe Inflation in Kauf nehmen, so die Befürchtung. «Trumponomics», sagte Trump jüngst gegenüber Bloomberg, «bedeutet tiefe Zinsen und tiefe Steuern.» Gleichzeitig ist Trump in dieser Cause zurückgerudert – zumindest teilweise. So hat er versprochen, den Notenbankchef Jerome Powell nicht noch während der laufenden Amtszeit, die noch bis im Mai 2026 dauert, abzusetzen.
Trump will die US-Energiepolitik «befreien»
Ein Trumpcomeback hätte auch grossen Einfluss auf die US-Energiepolitik. Diese wolle er «befreien». Sprich: Trump plant, die heimische Öl- und Gasindustrie zu fördern und Umweltvorschriften zu lockern. Damit würde der Langfristplan der USA in Sachen Energie nach dem Kurswechsel der Bidenregierung wieder einen Schlenker machen.
In seiner ersten Amtszeit wollte Trump die Kohleindustrie wieder zum Leben erwecken. Joe Biden (81) wiederum subventioniert mit einem Milliardenpaket grüne Investitionen. Die darin enthaltenen Steuergutschriften beim Kauf eines Elektroautos will Trump abschaffen. Ob er Bidens «Inflation Reduction Act», von dem viele republikanisch geprägte Regionen profitieren, komplett rückgängig machen will, ist äusserst unklar.
Trump verspricht Steuergeschenke und ignoriert Schulden
Was Reiche und die Unternehmen freuen dürfte: Trump hat vor, seine 2017 beschlossenen Steuersenkungen zu erneuern. Kostenpunkt laut Bloomberg: 4,6 Billionen Dollar! Früher galten die Republikaner als Verfechter eines ausgeglichenen Haushalts. Und in seinem ersten Wahlkampf 2016 setzte Trump noch voll auf die Karte Schuldenabbau. Doch das ist jetzt Schnee von gestern. Im neuen Parteiprogramm der «Grand Old Party», von ihrem Aushängeschild stark mitgeprägt, kommt das Wort Schulden kein einziges Mal vor.