Hier stehen immer mehr Wohnungen leer!
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Corona bremst Zuwanderung aus:Rekordhoher Leerstand sorgt für neue Geistersiedlungen

Weil Corona die Zuwanderung ausbremst
Rekordhoher Leerstand sorgt für neue Geistersiedlungen

Laut Schätzungen der Zürcher Kantonalbank wird die Anzahl leerer Mietwohnungen dieses Jahr auf 78'498 steigen. Der Anstieg fällt damit noch höher aus als erwartet. Grund: Die Zuwanderung blieb aus.
Publiziert: 03.10.2020 um 10:58 Uhr
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Aktualisiert: 22.10.2020 um 22:05 Uhr
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In diesem Jahr werden schweizweit über 3000 Wohnungen mehr leerstehen als letztes Jahr, schätzt die Zürcher Kantonalbank (ZKB).
Foto: Anja Müggler
Dorothea Vollenweider

So viele Wohnungen standen in der Schweiz seit 21 Jahren nicht mehr leer. Zwar veröffentlicht das Bundesamt für Statistik am Montag erst die offizielle Zahl für dieses Jahr. Doch von BLICK befragte Immobilienexperten wissen bereits heute: Die Leerstandsziffer ist auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Das erwarten sowohl die Bank Credit Suisse als auch die Zürcher Kantonalbank (ZKB). Letztere spricht von nun 78'498 leeren Mietwohnungen schweizweit.

Das heisst, in diesem Jahr stehen über 3000 Wohnungen mehr leer als im vorherigen Rekordjahr, wie Ursina Kubli (41) sagt, Immobilienspezialistin bei der ZKB. Die Rede ist von einer Leerstandsquote von 1,7 Prozent. Eine solche gab es zuletzt im Jahr 1999.

Einbruch bei der Zuwanderung

«Mit dem Lockdown fällt der Anstieg nun noch etwas höher aus», sagt Thomas Rieder (39), Immobilienexperte der Credit Suisse.

Das Problem: Während und unmittelbar nach dem Lockdown nahm die Zuwanderung stark ab. So brach der Wanderungssaldo, also die Differenz zwischen Zu- und Abwanderung, im zweiten Quartal 2020 gegenüber demselben Quartal des Vorjahres um 25 Prozent ein, wie eine Studie der Credit Suisse zeigt. Und das heisst eben auch: Es bleiben noch mehr Wohnungen leer.

Haushaltsgründungen werden verschoben

Was ebenfalls zum höheren Leerstand in der Corona-Krise führt: Jobängste, sinkende Einkommen und verstärktes Sparverhalten würden einige Neugründungen von Haushalten verschieben, so der CS-Experte. «Der krisenbedingte Nachfragerückgang bei den Mietwohnungen wird spürbar sein, weil auch Inländer weniger Wohnungen nachfragen.»

Dass nicht noch mehr Leerstands-Hotspots und Geistersiedlungen entstehen, liegt auch an Verzögerungen bei Bauprojekten. Diese sind aber nur von kurzer Dauer. Inzwischen bewegt sich die Anzahl der Baugesuche im Mietwohnungssektor bereits wieder über dem langjährigen Durchschnitt.

Aber warum werden trotz rekordhohen Leerständen und bereits vorhandenen Geistersiedlungen munter neue Wohnüberbauungen aus dem Boden gestampft? «Das tiefe Zinsniveau macht es trotz der hohen Leerstände weiterhin attraktiv, in den Mietwohnungsmarkt zu investieren», so Rieder von der CS. «Gerade institutionelle Investoren sind verzweifelt auf der Suche nach Rendite», sagt auch Kubli von der ZKB.

Die Lage spitzt sich zu

So schnell können die Leerstände nicht runtergefahren werden. Denn neu bewilligte Wohnprojekte nehmen wieder zu, gleichzeitig sinkt die Zuwanderung im kommenden Jahr gemäss CS-Studie weiter. Und dies trotz einer Erholung der Wirtschaft. «Wir erwarten für 2021 einen weiteren Rückgang der Nettozuwanderung auf ein Niveau von rund 45'000 Personen», so die Autoren der Studie.

Damit würde der Wanderungssaldo erstmals seit Einführung der vollen Personenfreizügigkeit im Jahr 2007 auf unter 50'000 sinken. Was das für den Schweizer Mietwohnungsmarkt bedeutet, ist nicht schwer zu erahnen: noch mehr Leerstände, noch mehr Wohnungen, die keine Mieter finden.

Jetzt sinken die Mieten

Gute Nachrichten für Mieter: Weil die Leerstandszahlen 2020 erneut deutlich steigen, werden die Mietpreise unter Druck kommen. «Die Verhandlungsmacht der Mieter dürfte damit in den kommenden Monaten zunehmen», sagt Martin Waeber, Managing Director von ImmoScout24. Bereits im September 2020 waren die Mieten leicht rückläufig: Die in Inseraten ausgeschriebenen Mietpreise sanken im Schweizer Durchschnitt um -0,3 Prozent. Das zeigt der von ImmoScout24 in Zusammenarbeit mit dem Immobilien- Beratungsunternehmen IAZI AG erhobene Swiss Real Estate Offer Index. Aufgrund der steigenden Leerstände dürfte sich dieser Trend fortsetzen.

Gute Nachrichten für Mieter: Weil die Leerstandszahlen 2020 erneut deutlich steigen, werden die Mietpreise unter Druck kommen. «Die Verhandlungsmacht der Mieter dürfte damit in den kommenden Monaten zunehmen», sagt Martin Waeber, Managing Director von ImmoScout24. Bereits im September 2020 waren die Mieten leicht rückläufig: Die in Inseraten ausgeschriebenen Mietpreise sanken im Schweizer Durchschnitt um -0,3 Prozent. Das zeigt der von ImmoScout24 in Zusammenarbeit mit dem Immobilien- Beratungsunternehmen IAZI AG erhobene Swiss Real Estate Offer Index. Aufgrund der steigenden Leerstände dürfte sich dieser Trend fortsetzen.

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