Wegen weltweitem Chip-Mangel
Hausbesitzer stehen mit Solarstrom im Regen

Solaranlagen erleben in der Schweiz einen nie dagewesenen Boom. Doch ausgerechnet jetzt müssen unzählige Projekte auf die lange Bank geschoben werden! Denn Solaranlagenbauer kommen nicht mehr an die nötigen Teile.
Publiziert: 08.04.2022 um 00:27 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2022 um 16:12 Uhr
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Solarunternehmer Thomas Gafner kann sich seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs kaum vor Aufträgen retten: «Ich arbeite sieben Tage die Woche.»
Foto: Zvg
Sarah Frattaroli

Einfamilienhausbesitzer Roland Schacher (40) aus Affoltern am Albis ZH will bald seinen eigenen Strom produzieren. Im April sollte die Fotovoltaikanlage auf seinem Hausdach installiert werden. Doch Schacher muss sich noch Monate gedulden. Schuld ist ein kleines technisches Gerät: der Wechselrichter. Er sorgt dafür, dass der Strom von Schachers Dach ins Netz eingespeist werden kann. Ohne Wechselrichter kein Sonnenstrom.

«Das ist sehr ärgerlich. Alles war schon geplant. Nun müssen wir das Projekt auf den Juli verschieben», sagt Schacher im Gespräch mit Blick. Denn Wechselrichter sind gerade Mangelware. Grund dafür ist der weltweite Chipmangel, ausgelöst durch die Corona-Pandemie. Autobauer klagen schon lange über den Engpass – nun schlägt er auch auf die Solaranlagenbauer durch. Denn Wechselrichter sind im Grunde Minicomputer, der Chip ist für die Technologie unumgänglich.

In der Branche ist von einer «einmaligen Situation» die Rede. Und das ausgerechnet jetzt, wo Solaranlagen als alternative Energielieferanten boomen! Im ersten Quartal sind in der Schweiz 171 Megawattstunden Strom aus Fotovoltaikanlagen zusätzlich angemeldet worden – 50 Prozent mehr als im selben Quartal des Vorjahres.

Angst vor einem Blackout

Dass immer mehr Leute Sonnenstrom auf dem eigenen Dach produzieren wollen, hat viel mit dem gestiegenen Umweltbewusstsein zu tun – aber nicht nur. «Die Nachfrage ist innerhalb der letzten vier Wochen explodiert», erzählt Thomas Gafner (45), Geschäftsführer und Inhaber des Solaranlagenbauers Solan. Der Ukraine-Krieg habe dem Wunsch der Kunden nach unabhängiger Stromproduktion noch einmal Schub verliehen. «Ich arbeite sieben Tage die Woche», so Gafner.

Andere Branchenvertreter berichten, dass Leute neben der Solaranlage auf dem Dach zunehmend gleich noch eine Batterie und ein Notstromsystem wollen. Die Angst vor einem Blackout scheint real.

Projekte wegen der Wechselrichterknappheit einfach auf Eis zu legen, kommt für Gafners Zehn-Mann-Betrieb nicht infrage: «Wir bauen auf eigene Kosten andere Wechselrichter ein.» Einige wenige Modelle sind noch erhältlich. Etwa chinesische Huawei-Wechselrichter, die bei den Schweizer Kunden aber nicht besonders beliebt sind.

«In ein paar Monaten rüsten wir die Anlagen nach.» Heisst: billige chinesische Wechselrichter raus, hochwertige europäische rein. Das funktioniert als Überbrückungslösung, kommt Gafner aber teuer zu stehen. «Im Monat rechne ich mit Mehrkosten von 10'000 bis 15'000 Franken.»

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«Verpasse die besten Sonnentage»

Wann der Engpass behoben ist, weiss niemand. «Die Lieferanten sagen, dass es im Sommer besser werde. Aber diese Versprechen sind vage und unverbindlich», befürchtet Gafner. Der Krieg in der Ukraine bringt neue Unsicherheiten in den internationalen Lieferketten.

Die Kunden haben mehrheitlich Verständnis. Schliesslich sind die Solaranlagenbauer nicht die Einzigen, die mit Lieferproblemen kämpfen: Den Schreinern fehlt das Holz, den Dachdeckern die Dämmstoffe, den Schlossern das Metall ...

Auch Roland Schacher macht niemandem einen Vorwurf. Enttäuscht ist er trotzdem. «Ich verpasse die besten Sonnentage! Aber die haben wir in den nächsten 30 Jahren ja hoffentlich auch noch.»

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