Schon mal von Gummiarabikum gehört? Vermutlich nicht, dabei kommen wir praktisch jeden Tag damit in Berührung. Es handelt sich um einen Rohstoff, der besonders in der Lebensmittelindustrie Verwendung findet.
In Süssgetränken etwa fungiert das Gummiprodukt als Stabilisator, Binde- und Verdickungsmittel. Im Sekt sorgt der Stoff für die perfekte Grösse der Kohlensäureperlen. Auch in Süssigkeiten wie Gummibärchen und Kaugummis kommt Gummiarabikum vor. Ebenso in der Medikamentenproduktion, in Kosmetikprodukten und Farben.
Vorräte für sechs Monate – und dann?
Die Krux: 70 bis 85 Prozent des weltweit produzierten Gummiarabikums – je nach Schätzung – stammen aus dem Sudan. Der Rohstoff wurde auch schon als «Wüstengold des Sudans» bezeichnet. Das Gummiprodukt wird aus Akazienbäumen gewonnen, die in der Sahelzone wachsen.
Mit dem Konfliktausbruch im ostafrikanischen Land wachsen die Sorgen um den Nachschub. Die Vorräte reichten noch für fünf bis sechs Monate, sagt Richard Finnegan von der Kerry Group, einem irischen Lebensmittelkonzern, der auch andere Abnehmer mit Gummiarabikum beliefert, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: «Je nachdem, wie lange der Konflikt andauert, kann es durchaus Auswirkungen auf die Fertigwaren in den Regalen geben – Markenprodukte von bekannten Herstellern.»
Nestlé und Coca-Cola Schweiz beschwichtigen
Betroffen wäre etwa der Getränkehersteller Coca-Cola, der Gummiarabikum in seinen Softdrinks verwendet. Auf Blick-Anfrage will sich Coca-Cola Schweiz nicht in die Karten blicken lassen. Die weltweite Lieferkette gewährleiste, dass man im Falle von Lieferengpässen vorbereitet sei. «Sie können also unbesorgt sein, dass Ihr Lieblingsgetränk von Coca-Cola in der Schweiz weiterhin vorrätig sein wird», schreibt ein Coca-Cola-Sprecher.
Auch Nestlé, der grösste Nahrungsmittelkonzern der Welt mit Sitz in der Schweiz, gehört zu den grossen Abnehmern von Gummiarabikum. Dort beschwichtigt eine Sprecherin ebenfalls: «Wir sind bisher nicht betroffen und haben Vorkehrungen getroffen, um mögliche Engpässe bei Lieferungen und Rohstoffen abzufedern.»
Hoffnung auf Waffenruhe
Bei Novartis heisst es, dass in der Produktion kein Gummiarabikum eingesetzt werde. Roche schreibt, dass man beim Gummiarabikum «derzeit keine Lieferprobleme» sehe.
Die gute Nachricht: Es gibt auch andere Produzenten, darunter die Länder Tschad, Niger und Mali – möglicherweise können sie ihre Produktion hochschrauben, um in die Lücke zu springen. Immerhin ist Gummiarabikum ein Millionen-Geschäft, die Anreize sind da. Und, noch wichtiger: Im Sudan gibt es immer wieder kürzere Waffenruhen. Sie sind zwar brüchig, lassen aber Hoffnung schöpfen, dass die Gewalt ein baldiges Ende finden könnte.