Wegen Corona kostet es extra
Airlines machen freien Mittelsitz zum Geschäft

Bleibt der Mittelsitz im Flieger nun frei oder nicht? Delta findet: Ja. Die meisten Airlines lassen sich das vom Kunden extra bezahlen.
Publiziert: 25.08.2020 um 15:26 Uhr
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Zu Beginn der Corona-Krise machten die Airlines deutlich, den Mittelsitz frei zu lassen. Das kostet die Airlines viel. Deshalb entschieden die meisten Fluggesellschaften, den Mittelsitz nicht mehr zu blockieren.
Foto: keystone-sda.ch
Tim Höfinghoff («Handelszeitung»)

Als die Corona-Krise begann und Social Distancing plötzlich gefragt war, beteuerten Airlines ihren Kundinnen und Kunden: Die Mittelsitze an Bord bleiben natürlich frei, damit die Passagiere in Pandemie-Zeiten nicht so eng zusammenhocken müssen.

Das war auch nicht so schwer umzusetzen, weil ohnehin kaum noch Menschen fliegen wollten oder konnten. Schnell wurde aber deutlich: So richtig gut ist es nicht fürs Airline-Geschäft, wenn in jeder Reihe der Mittelsitz kostenlos frei bleibt. Also entschieden viele Fluggesellschaften, nachdem das Geschäft vor allem im Sommer wieder anzog, die Mittelsitze nicht mehr generell zu blockieren. Was verkauft werden kann, wird verkauft.

Delta hält Mittelsitz weiter frei

Nun hat die US-Airline Delta aber angekündigt: Bei uns bleibt der Mittelsitz noch bis mindestens Anfang Januar 2021 frei. 64 Prozent der Befragten einer Umfrage hätten angeben, «dass genügend Abstand derzeit der wichtigste Faktor auf Reisen für sie ist».

Laut Delta sind die Mittelsitze bis mindestens 6. Januar 2021 frei. Dies gelte für Delta Premium Select, Delta Comfort+ und die Main Cabin bei Check-in über App oder online sowie für alle, die allein oder zu zweit reisen: «Bei Gruppen von drei oder mehr Passagieren erscheinen die Plätze in der Mitte jedoch beim Auswahlprozess, damit sie wie gewohnt gemeinsam reisen können.»

Ausserdem begrenzt Delta bis mindestens 31. Oktober 2020 prinzipiell die Auslastung der Flüge – und nur die Hälfte der Sitze in der First Class wird vergeben. Bei Flügen, die sich stark zu füllen beginnen, will Delta zudem – wenn möglich – einen anderen Flugzeugtyp einsetzen.


Wer mehr Platz will, soll zahlen

Mit Corona hat sich das Fliegen stark verändert: Die Branche wirbt damit, wie sauber die Kabinenluft sei. Zudem werde viel geputzt an Bord. Ausserdem ändert sich der Service-Ablauf, Essen wird zum Beispiel eingepackt serviert.

Dazu kommt die Debatte um das Maskentragen: Manche Airlines preschten vor mit eigenen Regeln, manche zögerten. Erst gab es etwa bei Lufthansa-Tochter Swiss eine Empfehlung zur Maske, später dann wurde sie Pflicht. Und ab September wird die Regelung noch verschärft: Bislang genügte ein ärztliches Attest, um an Bord keine Schutzmaske tragen zu müssen. Nun müssen Passagiere zusätzlich einen negativen Corona-Test vorlegen.

Was freie Mittelsitzplätze in den typischen Dreierreihen angeht, gibt es in der Branche keine einheitlichen Regeln, zumal das Freihalten nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Motto: Will der Passagier wegen Corona mehr Platz, dann soll er eben dafür zahlen.

So macht Lufthansa-Tochter Eurowings aus dem coronabedingten Wunsch zu mehr Platz eine Einnahmequelle: «Sie möchten etwas mehr Komfort an Bord? Buchen Sie den Mittelsitz neben Ihrem Sitzplatz ab 18 Euro über unser Call Center hinzu. So wird er garantiert nicht anderweitig vergeben», steht auf der Eurowings-Webseite.

Bei Billigflieger Easyjet wird der Mittelplatz nicht freigehalten, sofern an Bord möglich, «wird unser Bordpersonal Kunden bitten, Sitzplätze mit entsprechendem Abstand von anderen Passagieren einzunehmen», so das Unternehmen.

In der Swiss-Business in Europa ist der freie Sitz längst inklusive

Und wie hält es die Swiss? So weit gehen wie Delta, das will Swiss nicht: «Den Nachbarsitz in der Economyclass freizuhalten, ist bei Swiss aufgrund der Maskenempfehlung anfangs Mai weggefallen», sagt eine Swiss-Sprecherin. «Bei niedriger Auslastung ist es aber in der Tat seit Beginn der Corona-Pandemie so, dass wir, wenn immer möglich, die Fluggäste auseinandersetzen.» Familien könnten natürlich zusammensitzen. «Bei einer entsprechenden Auslastung wird aber kein Gast abgewiesen, um den Nachbarssitz freizuhalten.»

Soll heissen: Ist der Flug begehrt und lässt sich füllen, dann wird er gefüllt. Allerdings: «Ein Zukauf des freien Nebenplatzes ist grundsätzlich jederzeit möglich via unser Call Center», so die Swiss-Sprecherin. «Der Preis ist analog des eigenen Sitzplatzes abhängig von Angebot und Nachfrage, sprich von der Auslastung des Fluges, liegt aber auf jeden Fall unter dem für den Kunden gekauften Sitz.» Und: Bei einem Businessclass-Ticket innerhalb Europa ist der freie Mittelsitz schon seit Jahren im Ticketpreis inklusive.

Lufthansa: «Exzellente Luftqualität»

Ferienflieger Edelweiss lässt die Mittesitze auch nicht frei, ein Sprecher sagt: «Der Kauf eines Sitzplatzes zum Passagiertarif ist bei Edelweiss über das Service Center möglich.»

Bei Konzernmutter Lufthansa wird ebenfalls nicht viel Wert auf das Freihalten der Mittelsitze gelegt. Auf der Webseite der Lufthansa steht: «Unsere Frischluftversorgung ermöglicht einen kompletten Luftaustausch innerhalb von etwa drei Minuten. Die so entstehende exzellente Luftqualität bietet in Kombination mit einer Mund-Nasen-Bedeckung so viel Schutz, dass ein Mindestabstand zum Sitznachbarn nicht zwingend eingehalten werden muss.»

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