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BLICK traf am WEF Anthony Scaramucci, Ex-Sprecher des US-Präsidenten
«Trump ist ein Feigling»

Anthony Scaramucci (56) weiss, wie Donald Trump tickt, denn er war einer seiner engsten Mitarbeiter. Im Interview mit BLICK zeigt er sich erstaunt, welcher Personenkult am WEF um Trump gemacht wird – und er hofft, dass sein Ex-Chef nicht wiedergewählt wird.
Publiziert: 24.01.2020 um 23:08 Uhr
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Aktualisiert: 25.01.2020 um 09:58 Uhr
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Banker Anthony Scaramucci staunt, wie viel Personenkult am WEF in Davos um US-Präsident Donald Trump gemacht wurde.
Foto: STEFAN BOHRER
Interview: Christian Dorer

Er ist der Mann, der Donald Trump nach Davos brachte: Anthony Scaramucci, Investmentbanker, WEF-Teilnehmer seit 2007 – und kurzzeitiger Sprecher des US-Präsidenten. Er hat ihn nach dessen Wahl mit WEF-Gründer Klaus Schwab bekannt gemacht. In Davos sind sie nur wenige Meter voneinander entfernt, sprechen aber kein Wort mehr miteinander, seit Trump Scaramucci nach nur elf Tagen feuerte.

BLICK: Sie kennen Trump in- und auswendig. Warum kam er ein zweites Mal nach Davos?
Anthony Scaramucci:
Er war immer ein Aussenseiter und fühlte sich nie als Mitglied vom Klub. Und jetzt kommt er als wichtigste Person dieser Veranstaltung, die die Weltelite versammelt. Das geniesst er.

Es sind ja auch alle wahnsinnig nett zu ihm.
Ja, selbst wenn sie ihn nicht mögen, möchten hier alle ein Selfie mit ihm machen.

Trump steht für «America first» und ist kein Mann des Dialogs und der internationalen Zusammenarbeit. Er müsste das WEF hassen!
Viele verstehen ihn falsch. Er würde es vielleicht mit anderen Worten sagen, aber er glaubt an internationale Zusammenarbeit und Globalisierung. Er sieht es aber im Kontext von «America first». Er nimmt es dem chinesischen Präsidenten auch nicht übel, dass dieser sich zuerst um China kümmert.

Warum ist Trump so ganz anders als alle Präsidenten vor ihm?
Trump verhält sich oft nicht so, wie dies der Führer einer Weltmacht sonst macht – ganz einfach, weil er unhöflich und vulgär ist. Er hat einen enormen Selbsthass, und das führt zu seinen Tiraden auf Twitter. Die Ironie ist ja, dass er derzeit sehr populär sein müsste, weil die US-Wirtschaft enorm gut läuft. Trotzdem ist er eine der meistgehassten Personen der Welt. Und auch 69 Prozent der Amerikaner mögen ihn nicht. Würde er mit seinen Tweets aufhören, würde er bestimmt wiedergewählt.

Denken Sie denn, dass er nicht wiedergewählt wird?
Mich macht stutzig, dass hier in Davos alle meinen, er werde wiedergewählt. In solchen Fällen kommt es meistens anders. Wie vor vier Jahren, als alle meinten, Trump könne es unmöglich schaffen. Ich könnte Ihnen jemanden nennen, der Donald Trump garantiert schlagen könnte.

Wer?
Donald Trump! (Lacht) Durch Selbstsabotage und Selbsthass. Er hat eine starke Wählerbasis, aber auch die wird langsam müde und ist erschöpft. Die negative Presse, das Impeachment, die ständigen Skandale – die Stimmung könnte gegen ihn kippen.

Was wäre besser für die USA: Wiederwahl oder Abwahl?
Es wäre sehr schädlich für das Land, wenn er wiedergewählt würde. Weil er destabilisierend wirkt. Sein Management-Stil passt nicht zu seinem Amt. Er kann damit jederzeit eine Krise auslösen. Der Zwischenfall mit Iran hat es wieder mal gezeigt.

Sie waren Teil seines Teams und kennen ihn seit Jahrzehnten. Wieso sind Sie jetzt plötzlich überrascht, dass er ist, wie er ist?
Ja, ich bin überrascht! Ich hätte nicht gedacht, dass es so kommt. Er hat zwar gute Leute, aber seine Achillesferse ist, dass nur er auf der Bühne stehen will. Er lässt keine Erfolge von anderen zu.

Das war Ihnen vorher nicht aufgefallen?
Ich dachte, er hätte mehr Selbstsicherheit. Wie Ronald Reagan. Der hatte ein Schild auf dem Pult, darauf stand: «Es ist erstaunlich, was man erreichen kann, wenn man sich nicht darum kümmert, wer die Anerkennung erhält.» Trump ist das Gegenteil davon: Er braucht ständig Anerkennung.

Was halten Sie von Trumps WEF-Rede, in der er Dutzende von Wirtschaftszahlen runterratterte, um zu zeigen, wie genial er sei?
Es gab einige Behauptungen, die nicht stimmen. Man merkte bei der Rede, dass es ihm schwerfiel, den Teleprompter zu lesen. Er war sehr träge. Und als er sagte, er sei intelligenter als die Allgemeinheit, fragte ich mich, ob das im Wahlkampf wirklich nützt …

Ist es nicht sehr provokativ, in Davos zu sein, während im Senat das Impeachment läuft?
Das ist typisch Trump! Wenn die Allgemeinheit meint, man müsse in Washington sein, dann tut er das Gegenteil. Ich bewundere an ihm, dass er oft gegen die Intuition handelt.

Könnte Trump plötzlich einen Krieg auslösen?
Er ist kein Kriegshetzer. Er will keinen Krieg, auch wenn er martialische Worte verwendet wie «Fire and Fury» gegen Nordkorea. Aber seine Rhetorik kann ungewollt zu einer gefährlichen Situation führen.

Kann es sein, dass der Senat ihn des Amts enthebt?
Nein. Die Republikaner stehen hinter ihm. Und das ist eine weitere Gefahr. Trump hat das Gesetz gebrochen. Er tat Dinge, die zur Amtsenthebung führen müssten. Wenn das nun nicht geschieht, zeigt das, wie zerbrechlich unser System ist.

Warum gibt es bisher keinen Demokraten, der Trump gefährlich wird?
Es gibt viele gute Leute, die keine Lust haben auf das Amt. Man muss sich völlig entblössen: Alles wird überprüft, jede Leiche aus dem Keller geholt. Zudem muss man im Wahlkampf mit gewöhnlichen Menschen umgehen können. Das liegt vielen nicht.

Wer kann Trump schlagen?
Es müsste jemand sein wie Joe Biden oder Michael Bloomberg. Das Problem ist, dass die Demokratische Partei für Leute wie Bernie Sanders ist. Aber Sanders würde das US-System komplett zerstören. Und er wäre auch nicht gut für die Welt.

Wie haben die elf Tage als Trump-Sprecher Ihr Leben verändert?
Die Absetzung war demütigend. Aber es hatte auch eine gute Seite: Es zeigte mir, wer meine wahren Freunde sind. Und es rettete meine Ehe. Und diese elf Tage haben mich bekannt gemacht!

Haben Sie Trump seither nochmals getroffen?
Nein, Trump ist ein Feigling. Er ist ein Tastaturkrieger und möchte keine persönliche Treffen mehr. Stabschef John Kelly musste mich damals entlassen, Trump tat es nicht selber. Die Ironie ist: Kelly und ich wurden danach enge Freunde.

Elf Tage Trump-Sprecher

Anthony Scaramucci (56), Übername «The Mooch», ist ein US-amerikanischer Hedgefonds-Manager und Buchautor. Er erlangte im Sommer 2017 weltweite Berühmtheit, als er nach nur gerade elf Tagen von Präsident Trump als Kommunikationschef entlassen wurde. Scaramucci hat vier Söhne und eine Tochter.

Anthony Scaramucci (56), Übername «The Mooch», ist ein US-amerikanischer Hedgefonds-Manager und Buchautor. Er erlangte im Sommer 2017 weltweite Berühmtheit, als er nach nur gerade elf Tagen von Präsident Trump als Kommunikationschef entlassen wurde. Scaramucci hat vier Söhne und eine Tochter.

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