Foto: LightRocket via Getty Images

Was passiert mit den Immobilien?
Thailändische Central Group übernimmt Warenhausgeschäft von Globus

Ein Heer von Beratern hat monatelang mit Tos Chiriathivat, dem Chef der Central Group, verhandelt. Nun ist die Übernahme fix. Teil eines weiteren Deals dürfte auch die Warenhaus-Immobilie an der Zürcher Bahnhofstrasse sein.
Publiziert: 30.09.2024 um 11:03 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2024 um 11:15 Uhr
1/4
Central-Group-Chef Tos Chirathivat, aufgenommen in seinem seiner Warenhäuser in Chidlom, Thailand.
Foto: LightRocket via Getty Images

Auf einen Blick

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.
stefan_barmettler_hz.jpg
andreas_guntert.jpg
Stefan Barmettler und Andreas Güntert
Handelszeitung

Eines muss man Tos Chirathivat lassen: Der Unternehmer aus Thailand lässt sich von nichts von seinem Weg abbringen. Bereits 2008 verriet er der thailändischen Tageszeitung «The Nation», er baue eine Luxus-Warenhausgruppe in Europa auf. Zuvor war er mit einer Expansion in China gescheitert. Bald setzte er um, wovon er in der Zeitung träumte: Er kaufte die italienische Warenhausgruppe La Rinascente, weitere folgten.

Nun schliesst er mit der Übernahme der Schweizer Warenhaus-Gruppe Globus sein Europaprojekt ab. Die Central Group wird das Handelsgeschäft von Globus zu 100 Prozent übernehmen. Das hat die thailändische Gruppe heute morgen gemeldet: «Central Group gibt die vollständige Übernahme der Magazine zum Globus AG bekannt.»

Komplexe Gemengelage bei den Globus-Immobilien

Die Thailänder halten bislang 50 Prozent, nun werden sie auch die 50 Prozent von René Benko respektive seiner insolventen Signa-Gruppe übernehmen.

Der Deal umfasst zunächst nur das operative Warenhausgeschäft. Die Besitzverhältnisse bei den Immobilien, in denen die Warenhäuser eingemietet werden, werden zu einem späteren Zeitpunkt bestimmt. Weil hier die Besitz- und Mietverhältnisse kompliziert sind, dürfte hier erst 2025 eine Lösung vorliegen, zeigen Recherchen. Central Group schreibt: «Die Eigentümerstruktur der Immobiliengesellschaft von Globus Schweiz bleibt unverändert.»

Eile gibt es nicht, die Mieten werden regelmässig bestritten. Diverse Globus-Geschäfte sind bei Dritten eingemietet, bei Swiss Prime Site, bei Swiss Life und bei Wildegg Immobilien, die der St. Galler Modedynastie Kriemler gehört. Diese Mietverhältnisse laufen weiter.

Globus-Gebäude in Zürich.
Foto: Globus / PD

Hingegen muss in der Zukunft für die Hauptfiliale in Zürich, jene in Basel und Bern eine Lösung über die Eigentümerschaft gefunden werden. Wahrscheinlich ist, dass Central Group das Flaggschiff der Gruppe, dem markanten Geschäft bei der Zürcher Bahnhofstrasse, voll übernimmt.

Der entscheidende Mann hinter dem Deal ist Tos Chiriathivat. Er ist Chef der Central Group, einem Milliardenkonzern mit 4000 Malls und Shops in Asien. Er ist eine Seltenheit unter Managern, denn er denkt nicht in Quartalen oder Jahren, sondern in Dekaden.

Ein ungleiches Duo

Die letzten Monate, die dürften dem 59-jährigen Central-Chef als die aufreibendsten seiner Karriere in Erinnerung bleiben. Zu verdanken hat er dies seinem Geschäftspartner René Benko, einem Investor mit weissen Turnschuhen, der im Frühling 2024 Privatkonkurs anmeldete.

Gemeinsam hatte das ungleiche Duo Chirathivat & Benko Warenhäuser zusammengekauft, auch Globus. Die Einkaufstour in Europa dauerte so lange, bis Benkos Signa Gruppe das Geld ausging und Konkurs anmeldete.

Damit hatte Chriathivat nicht gerechnet, denn nun standen Insolvenzverwalter, Aktionäre, Lieferanten und Banken auf der Matte und wollten nur eines – ihr Geld zurück.

Und da waren noch 20'000 Mitarbeitende bei Warenhäusern wie Selfridges, KaDeWe, La Rinascente und Globus, die zweifelten, ob sie noch eine Zukunft haben. Nun ist das Schreckszenario vom Tisch, dank Tos Chirathivat – auch bei Globus.

Ohne Bangkok geht nichts

Die Vollübernahme des Handelsgeschäfts durch die Central Group, die nun besiegelt ist, nahm über ein halbes Jahr in Beschlag. Mehrmals stand der Deal vor dem Abschluss, im März, im Juni, dann Anfang August. Stets tauchten neue Fragen auf, regelmässig griffen die Thais auch in Details ein oder lehnten Vorschläge ab.

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.

Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.

Dieser Stil sorgte für wochenlange Verzögerungen, weil stets alle Fragen im Familienrat in Bangkok konsultiert werden musste. Ohnehin hatten die Verhandler aus Asien wenig Eile, denn die Zeit spielte für sie, zumal kein zweiter Player an den Warenhausbeteiligungen aus der Signa-Insolvenz interessiert war.

20 Banken sind involviert

Auf Zeit spielen und die Gläubiger so unter Druck setzen, das war wohl ein Teil der Strategie. Die Thailänder sind abgebrühte Verhandler, sagen Leute, die mit ihnen zu tun hatten. Zudem galt es, ein heilloses Wirrwarr aufzulösen, ein «unternehmerisches Megachaos», wie ein Involvierter sagt.

Da waren unzählige Firmen mit unterschiedlichen Eignern, Querbeteiligungen, Tochterfirmen, manche im Ausland. Entsprechend galten neben dem Schweizer Recht auch die Konkursrechte aus einem halben Dutzend Ländern. Die Thailänder seien «erschüttert» gewesen, als sie das Firmenchaos endlich überblickten, das Benko kreiert hatte.

Aus Verbündeten wurden Streithähne: René Benko und Centra-Chef Tos Chirathivat.
Foto: HZ-Montage

Entsprechend wütend sind die Thais auf den Investor aus Österreich, dem sie viel zu lange vertrauten. Im Februar kippte die Stimmung zwischen Chiriathivat und Benko in eine offene Feindschaft, seither verkehren die einstigen Co-Investoren nur noch über Anwälte oder Insolvenzrichter.

Entsprechend dieser Ausgangslange waren die Verhandlungen, die nun zur Übernahme der Globus-Gruppe führten, für alle Akteure ein Parforceritt. Allein in der Schweiz waren 50 Firmen direkt involviert. Darunter waren 20 Banken, Credit Suisse, Bank Bär, Migros Bank, EFG, Jefferies, dazu 11 Kantonalbanken.

Ein Konstrukt aus 1000 Firmen

Weiter redeten ein halbes Dutzend Anwaltskanzleien mit, die für die Interessen ihrer Klienten kämpften, darunter Bühlmann & Fritschi, Homburger, Lenz & Staehelin, Wenger Plattner, Wenger Vieli und Staiger Rechtsanwälte. Ferner waren mehrere Beratungsfirmen involviert – der Immobilienexperte Wüest und Partner, PWC und Alix Partners.

Im ganzen Signa-Universum rotierten 1000 Firmen, in der Schweiz waren es deren 40. Dazu hatte Benko ein Dutzend sogenannter Vorratsgesellschaften gegründet, also Firmen ohne Zweck und Tätigkeit. Sie tragen Phantasienamen wie SIGNAture X, Signa 522 Investment oder Signa Management 4, 5 und 6. Sie alle sind in der Zürcher City angesiedelt, in einem Bürogebäude, in dem die Signa-Räume nur mit einem Speziallift zu erreichen ist. So konnte Benko aus der Tiefgarage direkt ins Büro hochfahren.

Nun wird dieses verworrene Firmenkonstrukt, das wohl der Tarnung und der Steuerminimierung diente, vom Konkursrichter abgewrackt. Es sind Hinterlassenschaften Benkos, den Medien und Politiker in Österreich jahrelang als genialen Firmenbauer abfeierten. Nun sind die wichtigsten Fragen im Handelsgeschäft geklärt.

Globus wird Teil einer Luxuswarenhaus-Gruppe

Als nächstes sollen auch die Verhältnisse beim britischen Warenhaus Selfridges geordnet werden. Anschliessend wollen die Thailänder aus Globus, La Rinascente, KaDeWe, Selfridges, Illum, Brown Thomas die European Luxury Group formen, die Chiriathivat 2008 zum Ziel erklärte.

Bei den rund 40 Immobilien der Handelsgruppe wird es komplizierter, da haben die Thailänder vielenorts die Aktien übernommen. Beim britischen Nobelwarenhaus Selfridges zum Beispiel ist der saudische Staatsfonds PIF an Bord, der an den Immobilien 40 Prozent halten will. Dieser Wunsch kommt den Thailändern gelegen, denn sie sind vorab am Handelsgeschäft interessiert und nur an den traditionsreichen Hauptgeschäften, nicht aber an den Filialen.

Zudem hat Chiriathivat mit seiner Einkaufstour in Europa die Finanzkraft des Thai-Clans arg ausgereizt. Allein der Zukauf von Selfridges hat den Clan über 4 Milliarden gekostet. Die Vollübernahme der Globus-Warenhäuser dürfte ihm nochmals hunderte Millionen abverlangen.

Zentraler Einkauf bei Luxusmarken wie Louis Vuitton

Für Tos Chirathivat, den ehemaligen Investmentbanker, fängt die Arbeit nach dem Globus-Deal erst an. Denn nun müssen all die Warenhäuser in der Schweiz, Dänemark, Holland, Deutschland, Italien und England zusammengeführt werden. Auch den Einkauf will man synchronisieren, denn es macht keinen Sinn, wenn die Warenhäuser einzeln mit Hersteller wie Louis Vuitton oder Boss verhandeln. Vielmehr kann die Luxusgruppe mit geballter Marktmacht auf tiefere Einkaufspreise pochen.

«Es wird in Zukunft ausgetüftelt, wie viel zentralisiert wird und wie viel national bestehen bleibt», sagt ein Experte. Die Gruppenzentrale, so viel ist bereits klar, wird in London bei Selfridges angesiedelt sein. Zuständig für die Integration ist André Maeder, der Europa-Statthalter des Chiriathivat-Clans. 

Führungspersonal muss verjüngt werden

Klar ist auch, dass Selfridges den Takt vorgibt: Die Firma ist digital gut aufgestellt und hat ihr Flagship-Store an der Oxfordstreet zum Luxustempel mit glamouröser Entertainmentzone ausgerichtet. Der Umbau kostete Geld und Schweiss.

Das weiss auch Tos Chiriathivat. Im Magazin «Monocle» meinte er 2022: «Detailhandel ist kein Spass, es ist sehr harte Arbeit, tagein, tagaus.» Dabei sind seine Schlüsselspieler im Europa-Geschäft nicht mehr ganz taufrisch: Sein Chefstratege, der Italiener Vittorio Radice, ist 67-jährig; der Chef der Luxusgruppe, André Maeder, ist nur zwei Jahre jünger.

Um langfristig erfolgreich zu sein, müssen die Thais also personell nachrüsten. Das dürfte nicht einfach sein, denn die Verhandlungen um Globus haben gezeigt, dass der neue Besitzer Central Group streng hierarchisch organisiert ist. Die Geschäftsleitung ist ausschliesslich mit Familienmitgliedern bestückt, Entscheide werden nur in diesem Kreis getroffen.

Dieser Top-down-Stil dürfte erfahrene Topkräfte in Europa nicht in Scharen anziehen.

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?

Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.