Blick liefert die grosse Übersicht
Nur einige Städte und Gemeinden bieten Notwohnungen an

Mit sogenannten Notwohnungen wollen verschiedene Städte Obdachlosigkeit verhindern. Blick liefert die Übersicht. Ein Experte erklärt zudem, warum solche Wohnungen nicht überall sinnvoll sind.
Publiziert: 05.08.2024 um 10:06 Uhr
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Aktualisiert: 05.08.2024 um 10:24 Uhr
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An der Hegifeldstrasse 76 bietet die Stadt Winterthur 60 Notwohnungen an.
Foto: Stadt Winterthur
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Milena KälinRedaktorin Wirtschaft

In der Schweiz kann man schnell auf der Strasse stehen. Vermieter dürfen aus beliebigen Gründen kündigen, sofern sie die Kündigungsfrist einhalten. Diese beträgt in der Regel drei Monate. Wer in dieser Zeit keine neue Bleibe findet, kann in einer Notlage bei der Gemeinde Hilfe suchen. Um Obdachlosigkeit zu verhindern, halten sie unterschiedliche Lösungen bereit.

Einige Ortschaften in der Schweiz bieten sogenannte Notwohnungen an. Oft wird auch von Übergangswohnraum gesprochen. Dieser wird befristet an Menschen vermietet, die ansonsten auf der Strasse landen würden. Die Gemeinden dürfen selbst entscheiden, ob sie solche Wohnungen anbieten. Deshalb haben auch die Kantone jeweils keine Übersicht. Blick hat bei einigen nachgefragt.

Kanton Basel-Stadt (206'076 Einwohner)

Der Kanton Basel-Stadt bietet insgesamt 150 Notwohnungen für Familien. Anspruch haben sie, wenn sie seit mindestens zwei Jahren im Kanton wohnen. Aktuell sind gerade mal 14 der Wohnungen frei, wie die Sozialhilfe mitteilt. Dabei handelt es sich um unmöblierte Zwei- bis Vierzimmerwohnungen, die befristet vermietet werden. Leider schafft es nur ein kleiner der Teil der Mieter, innerhalb eines Jahres auszuziehen. Die Mehrheit findet erst nach drei bis sechs Jahren wieder eine neue Wohnung. Die Mietzinsen orientieren sich dabei an den Grenzwerten für die Sozialhilfe. Somit können sich auch Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, diese Wohnungen leisten.

Stadt Luzern (85'000 Einwohner)

Die Sozialen Dienste der Stadt Luzern haben fünf Notwohnungen – zwei davon sind möbliert. Die Wohnungen sind für Familien und Kinder oder auch Einzelpersonen aus der Stadt Luzern gedacht, die akut von Obdachlosigkeit bedroht sind. Je nach Belegung verlangt die Stadt 45 bis 55 Franken pro Nacht. Im Durchschnitt bleiben die Mieter vier Monate. Bisher waren noch nie alle Notwohnungen besetzt, niemand musste abgewiesen werden.

Stadt Zürich (448'300 Einwohner)

Die Stadt Zürich bietet rund 150 Übergangswohnungen für Familien an. Die Familien müssen dafür mindestens zwei Jahre in der Stadt wohnen. Im Schnitt bleiben sie zwei Jahre. Auch für Einzelpersonen und Paare hat die Stadt noch mal 42 Wohnungen. Dort ist die Aufenthaltsdauer jedoch auf ein Jahr beschränkt – mit der Möglichkeit, zu verlängern. Das Angebot richtet sich an Menschen, die zwingend Unterstützung brauchen. Junge Erwachsene können zudem vorübergehend ein Zimmer in einer Liegenschaft mit Betreuung vor Ort beziehen. Für eine Einzelperson kostet eine Wohnung 1200 Franken – die Betreuung muss jedoch zusätzlich bezahlt werden. Die meisten Bewohnerinnen und Bewohner sind Sozialbezüger.

Stadt Winterthur (121'981 Einwohner)

Die Stadt Winterthur ZH hat insgesamt 400 unmöblierte Wohnungen. Diese gehören zum Teil der Stadt oder werden angemietet. Diese sind für obdachlose Familien und Einzelpersonen, aber auch für Menschen, die es schwer haben, eine Wohnung zu finden. Die Mieter bleiben zwischen einigen Monaten bis zu mehreren Jahren. Dabei muss weiterhin nach einer dauerhaften Lösung gesucht werden. Die Wohnkosten richten sich an der Sozialberatung.

Jedoch werden die Notwohnungen immer knapper: «Die aktuelle Situation auf dem Immobilienmarkt stellt auch die städtische Wohnhilfe vor Herausforderungen. Bislang wurde jedoch immer eine Lösung gefunden», so eine Sprecherin.

Rentiert sich nur für städtische Gebiete

Nur wenige Ortschaften bieten solche Notwohnungen an. Eine Studie der Hochschule für Soziale Arbeit an der Fachhochschule Nordwestschweiz zeigt: Gerade mal 20 aller befragten 483 Gemeinden verfügen über eigene Wohnungen. Schweizweit gibt es 2131 Gemeinden.

«Es braucht Notwohnungen, auch weil es zu wenig günstigen Wohnraum gibt», erklärt Studienautor Matthias Drilling (60). Deshalb gäbe es solche Übergangswohnungen praktisch nur in städtischen Gebieten. «Für kleinere Gemeinden würde es sich nicht rentieren, das zu finanzieren. Dafür gibt es andere Lösungen.» Beispielsweise könnten Gemeinden Wohnungen anmieten, wenn sie sie brauchen. So müssten sie keine Wohnungen finanzieren, die dann mehrere Monate leer stehen. In kurzfristigen Fällen können auch Hotelzimmer gebucht werden.

Eine nationale Strategie für Notwohnungen in der Schweiz macht gemäss Drilling vor allem dann Sinn, wenn sie eingebettet ist in eine für günstigen Wohnraum. «Gerade bei Städten wäre es jedoch sinnvoll, sich eine Strategie für Personen zu überlegen, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind», so Drilling. Dabei sieht er auch Vorteile, dass die Gemeinden zuständig sind: Die kürzeren Wege würden raschere Lösungen ermöglichen.

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