Die Corona-Pandemie hat dem Online-Shopping zum Durchbruch verholfen. Noch nie wurden mehr Päckli ausgeliefert. Noch nie hatten Online-Händler mehr zu tun.
Die Kehrseite: Betrüger nutzen den Online-Boom für ihre eigene Zwecke. Opfer sind die Konsumenten und kleine Firmen, wie ein aktuelles Beispiel einer Bierbrauerei aus dem Berner Oberland zeigt. Die Brauerei liegt in Lenk im Simmental. Die Gegend ist bekannt für Skiferien, Wandertourismus und für ihr Vieh. Das Simmentaler Fleckvieh. Lenk ist aber auch das Zuhause der Simmentaler Braumanufaktur. Jahresausstoss: 240'000 Liter.
Die Firma ist noch jung, aber zunehmend bekannt in der Region und liefert einen beträchtlichen Teil des Gebrauten online aus. Das nutzen die Betrüger. Sie geben sich als Firmenvertreter an, rufen mit unterdrückter Rufnummer in Berner Haushalten an und fragen nach, wann jemand zu Hause sei, um eine vermeintliche Bestellung entgegen zu nehmen.
Aggressiver Telefonbetrug
Die Betrüger sind hartnäckig, wie Geschäftsführer Tristan Mathys sagt. Und organisiert: Offenbar werden die Anrufe über eine indische Nummer umgeleitet, sodass nicht zurückverfolgt werden kann, von wo aus die Betrüger agieren. Bekannt ist aber: Sie sprechen Berndeutsch.
Mathys fürchtet um den Ruf der Kleinbrauerei. Die Anrufer würden «in aggressiver Art» versuchen herauszufinden, wann eine Personen für eine vermeintliche Zustellung der Produkte zu Hause sein würden. «Es liegt die Vermutung nahe, dass es sich um Einbrecher handelt, welche versuchen herauszufinden, wann jemand ausser Haus ist und wann nicht. Hierbei nutzen die Betrüger den vertrauenswürdigen Namen unserer Brauerei», sagt Mathys.
Die Polizei ist informiert. Zuständig ist die Kantonspolizei von Bern. Ihr sind aber die Hände gebunden, weil die Anrufe keinen offiziellen Tatbestand nach dem Strafgesetzbuch darstellen würden.
Ganz Bern betroffen
Mathys müsste selbst klagen. Das ist mit gewissen Kosten verbunden, zumal die Bierbrauer selbst aufwendige Untersuchungen tätigen müssten. Für einen Kleinbetrieb mit 12 Angestellten und 750 Stellenprozent ist das kaum machbar.
Die betrügerischen Anrufer sind sich dieser Tatsache wahrscheinlich bewusst. Das ist ein weiterer Hinweis auf ein organisiertes Vorgehen. Betroffen ist laut Aussagen der Brauerei die ganze Grossregion Bern.
Die Vorweihnachtszeit ist typisch für das Vorgehen. Die Menschen sind gestresst, zum Teil auch etwas gutgläubiger als sonst. Bekannte Betrugsmaschen in Zusammenhang mit vermeintlichen Bestellungen aus dem Netz sind auch sogenannte Phishing-SMS. Seit über einem Jahr wird der Paketdienstleister DHL Opfer davon. Hier profitieren die Betrüger vom bekannten Namen des Unternehmens. (ise)