Dieses Jahr fällt der 24. Dezember auf einen Sonntag. Gibt es damit eine sprichwörtliche «Stille Nacht» für Detailhandelsangestellte?
Nicht überall: Im Glattzentrum in Wallisellen ZH, einem der grössten Shoppingcenter der Schweiz, haben die Läden am 24. Dezember von 10.00 bis 16.00 Uhr geöffnet.
Darüber hinaus sind auch Tankstellen- und Bahnhofshops wie üblich geöffnet. Ebenso Einkaufszentren mit Sonderregelungen, zum Beispiel das Fashion Outlet in Landquart GR.
«Es gibt durchaus Leute, die an Heiligabend nichts Besseres zu tun haben, als Einkaufen zu gehen», sagt Unia-Sprecherin Nicole Niedermüller. Das Nachsehen haben laut der Gewerkschafterin dabei Verkäuferinnen und Verkäufer: «Die grosse Mehrheit der Ladenmitarbeiterinnen, mit denen ich spreche, verabscheut die Sonntagseinsätze – erst recht an Heiligabend.»
Das Glattzentrum schert aus
Im Vergleich zu 2017, als letztmals der 24. Dezember auf einen Sonntag fiel, sind dieses Jahr aber deutlich weniger Einkaufszentren geöffnet. Damals waren 12 von 70 Shoppingzentren am Weihnachtssonntag geöffnet. Dieses Mal bleiben schweizweit und auch im grenznahen Deutschland die relevanten Einkaufszentren – mit Ausnahme des Glatt – geschlossen.
Niedermüller glaubt, dies habe vor allem mit den Schwierigkeiten der Einkaufszentren zu tun. Diese kämpfen mit Onlinehandel, Einkaufstourismus und sinkenden Konsumentbudgets. «Die allermeisten Geschäfte können ihre Umsätze trotz Sonntagsöffnung nicht nennenswert erhöhen», glaubt sie.
Glattzentrum erwartet Top-Geschäft
Das Glattzentrum widerspricht. «Der 24. Dezember 2017 gehörte zu unseren höchstfrequentierten Tagen des Jahres», so Sprecherin Lisa Rennefahrt. Ein Kundenbedürfnis für die Öffnung sei da. Alle Läden im Glattzentrum machen mit und sind geöffnet. Und in diesem Jahr hat das Glattzentrum am Heiligabend-Sonntag praktisch keine Konkurrenz.
Rennefahrt betont, dass der Öffnungsentscheid schon vor 1,5 Jahren und in Absprache mit den Mietern getroffen worden ist. So habe es genügend Vorlaufzeit für die Einsatzplanung gegeben. Dazu kam das Glattzentrum den Arbeitnehmenden entgegen: «In der Schweiz ist der 24. Dezember kein offizieller Feiertag – dennoch haben wir uns bewusst entschieden, die Öffnungszeit auf 10 bis 16 Uhr zu beschränken», so Rennefahrt.
Die Migros ist im Glattzentrum ein Schwergewicht – und war beim Öffnungsentscheid aktiv involviert. Zumindest bei der Migros-Genossenschaft Zürich ist am 24. Dezember keine andere Filiale geöffnet, ausser an den Bahnhöfen und Tankstellen. Sprecherin Ailina Scherrer hält fest, dass die üblichen Sonntagszulagen bezahlt werden und dass es kein Problem war, Mitarbeitende für den Sonntagsverkauf zu finden – «auch nicht für den 24. Dezember».
Ähnlich tönt es bei Coop, mit je einer Christ- und einer Fust-Filiale im Glattzentrum präsent: «Insbesondere da nicht alle unsere Mitarbeitenden Weihnachten feiern, gibt es genügend Personal, das an solchen Tagen zur Verfügung steht», so Sprecherin Rebecca Veiga.
Eine Frage der Verhältnismässigkeit
Unia-Sprecherin Niedermüller stellt nicht in Abrede, dass einige Verkäufer gerne von den Sonntagszulagen profitieren. «Es ist aber eine Frage der Verhältnismässigkeit – für die meisten Detailhandelsangestellten ist die Adventszeit stressig und die Vereinbarkeit mit dem Privatleben generell wenig gegeben, weil die Kitas am Wochenende geschlossen sind.»
So schön das «Entgegenkommen» der meisten Einkaufszentren und Detailhändler am 24. Dezember auch ist: Viele Verkäufer müssen es sich zuvor «abverdienen».
Nightshopping am 23. Dezember
Am Samstag, 23. Dezember, sind mehrere Einkaufszentren deutlich länger als üblich geöffnet. Der Letzipark in Zürich oder die Shopping Arena in St. Gallen beispielsweise sind bis 22 Uhr offen. Der Globus in Zürich oder das Coop-Einkaufszentrum Kaiserhof in Kaiseraugst AG sind bis 21 Uhr geöffnet.
«Gerade im Kanton Zürich gibt es bereits liberale Öffnungszeiten, die 96 Stunden Einkauf pro Woche ermöglichen», sagt Niedermüller. Warum da per Sonderbewilligung noch eine Öffnung an Heiligabend nötig ist, erschliesst sich ihr nicht.
Protestaktionen plant die Unia aber nicht. «Wir kämpfen schon das ganze Jahr gegen Wochenend-Arbeitszeiten», sagt sie. Kantonale Sonntagsarbeitsverbote würden, dazu gebe es zahlreiche Vorstösse für eine Ausdehnung der noch restriktiven Verordnung zur Sonntagsarbeit.
Niedermeier appelliert an die Konsumenten, den Läden die «arbeitnehmerfeindlichen Argumente» zu entziehen: «Weihnachten kommt ja nicht überraschend, deshalb müsste es möglich sein, schon vor dem 24. Dezember eingekauft zu haben.»