Nach sieben Jahren Streit
Arbeitszeitregel wird gelockert

Die Verhandlungen waren zäh. Nun zeichnet sich bei der Teilflexibilisierung des Arbeitsgesetzes eine Lösung ab – für gewisse Branchen.
Publiziert: 25.04.2023 um 15:20 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2023 um 14:18 Uhr
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Für viele Angestellte sind die Regeln der modernen Dienstleistungsgesellschaft nicht flexibel genug.
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Tobias OchsenbeinRedaktor Politik

Sollen bestimmte Berufsgruppen mehr arbeiten dürfen – wie und wann sie wollen? Sieben Jahre ist es her, dass der damalige CVP-Ständerat Konrad Graber (64) eine entsprechende Lockerung des Arbeitsgesetzes forderte. Der Grund: Für viele Angestellte der modernen Dienstleistungsgesellschaft sind die Regeln nicht flexibel genug. Das Arbeitsgesetz hindert sie daran, so zu arbeiten, wie sie möchten.

Die Gewerkschaften gingen auf die Barrikaden, sie drohten mit dem Referendum. Grabers Forderung wurde später gelockert. Sie sollen nur für gewisse Branchen, für einzelne leitende Arbeitnehmende, bei Sonntagsarbeit und der jährlichen Arbeitszeit gelten. Für Menschen etwa, die sich ihre Arbeitszeit autonomer einteilen können als Verkäuferinnen, Lokführer oder Pflegefachpersonen.

Wirtschaftskommission gibt grünes Licht für Verordnungslösung

Nach jahrelangem Hickhack haben sich die Sozialpartner im vergangenen Herbst geeinigt. Es zeichnete sich eine Lösung via Verordnung des Bundesrats ab. Vor allem für Wirtschaftsprüfer und Treuhänderinnen wird eine flexiblere Verteilung der Arbeitszeit über das Jahr hinweg möglich. Erleichterungen soll es auch für Arbeitnehmende in der Informatikbranche geben.

Am Dienstag hat sich die im Ständerat dafür zuständige Wirtschaftskommission (WAK-S) zur Verordnungslösung geäussert – und diese nach der Konsultation für gut befunden. Zwar sehe die Kommission mit der geplanten Verordnungsänderung nicht alle von Grabers Forderungen umgesetzt, schrieb sie in einer Mitteilung. Sie begrüsse allerdings, dass die Sozialpartner sich auf eine Lösung geeinigt haben.

«Poker mit den Gewerkschaften»

Für FDP-Ständerat Ruedi Noser (62), der ebenfalls in der IT-Branche tätig ist, ist das ein Verhandlungserfolg. «Es war ein Poker mit den Gewerkschaften. Nun haben wir ein Resultat, das für beide Seiten befriedigend ist», sagt er auf Anfrage von Blick. Und trotzdem: Der Fakt, dass man für die Lösung sieben Jahren gebraucht habe, zeige, dass die Flexibilität im Schweizer Arbeitsrecht überdacht werden müsse. «Wir haben zwar diverse Möglichkeiten, um zu reagieren – aber das dauert alles immer zu lange.»

Der Obwaldner Mitte-Ständerat und Wirtschaftsprüfer Erich Ettlin (60) sagt, er habe nach dem WAK-S-Entscheid zwei Seelen in der Brust. «Für die Branche Treuhand und Wirtschaftsprüfung hat man damit einen Kompromiss ausgearbeitet, den man so akzeptieren kann.» Gleichzeitig sei aber die parlamentarische Initiative von Konrad Graber nicht gänzlich erfüllt. Allerdings sei der Entscheid besser als nichts: «Ein Spatz in der Hand ist besser als eine Taube auf dem Dach», resümiert Ettlin.

Auch beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) zeigt man sich mit der erzielten Einigung zufrieden. «Das entspricht einem Kompromiss, den wir eingegangen sind», sagt Luca Cirigliano (42), Verantwortlicher Arbeitsrecht beim SGB. Er bringe zwar eine Deregulierung mit sich, diese sei aber für die entsprechenden Branchen gangbar.

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