Von wegen Sparprogramm
Schweiz lässt es bei Botschaftspartys weiter krachen

Bei diplomatischen Empfängen auf Schweizer Botschaften wird mit der grossen Kelle angerichtet. Ist das in Zeiten, in denen der Bund Geld sparen sollte, noch zeitgemäss? Das EDA begründet, warum dem so ist.
Publiziert: 12.09.2023 um 18:17 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2023 um 18:20 Uhr
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Bild der Soirée Suisse 2022 in der Schweizer Botschaft in Washington: Schweizer Kultur und Technik-Errungenschaften wurden mit einem Raclette-Roboter demonstriert.
Foto: Youtube / Embassy of Switzerland in the US
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) muss sparen. Der Bund entschied im Februar, dass jedes Departement in diesem Jahr sein Budget um zwei Prozent reduzieren muss. Das trifft auch das EDA, dessen Unterhalt eines Aussennetzes mit 166 Niederlassungen weltweit 495 Millionen Franken pro Jahr verschlingt.

Zwei Prozent davon würden ein Sparziel von 10 Millionen Franken bedeuten. Die «NZZ am Sonntag» berichtete bereits über Pläne für die Schliessung von Botschaften. Gibt es noch anderswo Sparpotenzial?

Vielleicht bei Botschafts-Partys. Man erinnert sich an die Kritik, die vor rund 20 Jahren den damaligen Schweizer Botschafter in Deutschland, Thomas Borer (66), traf. Dieser schmiss seinerzeit in Berlin kostspielige Partys.

Eine Mega-Party mit klarem Ziel

Die klar grösste Veranstaltung dieser Art im diplomatischen Aussennetz der Schweiz ist heute die «Soirée Suisse» in Washington DC. Am 13. September steigt dieser gesellige Abend für die Elite zum insgesamt 22. Mal, und zum 17. Mal in der schicken Schweizer Botschaft im Norden der US-Hauptstadt.

Erwartet werden zwischen 1100 und 1500 Gäste: Mitglieder der US-Regierung, des US-Kongresses, Beamte der Bundesstaaten sowie hochrangige Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur aus den USA wie auch aus der Schweiz.

Was kostet das? Laut einer Vertragsausschreibung, die Blick vorliegt, bezahlt die Botschaft dem lokalen Caterer für die Partydurchführung exakt 1'364'525 US-Dollar, Mehrwertsteuer nicht eingerechnet. Diese Summe bezieht sich allerdings auf die kommenden fünf Jahre. Für die diesjährige Party werden 272'905 Dollar aufgeworfen. Für 1300 Gäste entspricht dies knapp über 200 Franken pro Gast. Das ist nicht extravagant, selbst wenn hier der Arbeitsaufwand der Botschafts-Mitarbeitenden noch nicht eingerechnet ist.

Unverzichtbares Networking

Ein Verzicht auf die «Soirée Suisse» ist sowieso kein Thema. Laut EDA-Sprecher Michael Steiner gehören solche Abende zum «Kernbusiness» der Botschafts-Arbeit. Mehrere Schweizer Botschaften – vor allem die grossen – haben sich für das Format einer Soirée Suisse entschieden, «um ihr Kontaktnetz zu pflegen und dem für sie relevanten Zielpublikum die Stärken der Schweiz in wichtigen Bereichen zu präsentieren». Die Pflege der Schweizer Interessen ist gerade in den USA wichtiger denn je. Unter anderem wegen der Vorwürfe an die Schweiz im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt, die die «Helsinki-Kommission» lancierte – eine parlamentarische Kommission des US-Kongresses für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.

Laut Steiner entstehen der Botschaft in Washington durch den Anlass auch keine zusätzlichen Kosten. «Die Soirée Suisse wird zu 80 Prozent aus Sponsorengeldern und zu 20 Prozent von der Schweiz-Vermarkterin Präsenz Schweiz finanziert.» Die im Budget aufgeführten Kosten belaufen sich damit nur noch auf ein paar Zehntausend Franken. Die Betriebsausgaben der Schweizer Botschaft in Washington beliefen sich 2022 laut EDA auf 9,2 Millionen Franken.

Sponsoren der Party sind grosse Schweizer Firmen mit Geschäftsinteressen in den USA. Die Party dient diesen zur Pflege wirtschaftlicher Kontakte. Es gibt klare Regelungen dazu, wer Sponsor sein darf. Die Regeln wurden vor vier Jahren eingeführt, als das EDA in die Kritik geriet, weil Zigarettenfabrikant Philip Morris als Co-Sponsor des Schweizer Pavillons an der Dubai Expo 2020 eingeplant war. Party-Sponsoring gibt es aber schon viel länger – auch Borer finanzierte die Partys grösstenteils auf diese Weise, was den Steuerzahler entlastete.

Jede Vertretung entscheidet selber

Das Sparpotenzial liegt also anderswo. Steiner hält fest, dass im Rahmen der beschlossenen Sparmassnahmen jede Botschaft Budgetabwägungen vornimmt, um die festgelegten Ziele zu erreichen: «Die Entscheidung, auf bestimmte Aktivitäten zu verzichten oder deren Umfang zu reduzieren, liegt bei jeder Vertretung, je nach ihren Prioritäten und ihrer Analyse der Verhältnismässigkeit zwischen Ressourcen und Wirkung.»

Jede Vertretung, auch die Generalkonsulate, haben im Prinzip die Möglichkeit, solche «Public Diplomacy»-Anlässe durchzuführen. Gegenwärtig gebe es jedoch keine andere Vertretung, die eine Veranstaltung in der Grössenordnung der Soirée Suisse durchführt, so das EDA.

Sparpotenzial gibt es wohl am ehesten bei allfälligen Neubauten. Die Botschaftsresidenz in Washington, 2006 fertiggestellt, kostete satte 23 Millionen Franken. Jene in Peking, noch im Bau, dürfte gegen 50 Millionen verschlingen.

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