«Rohstoffhändler im Visier»
USA machen Druck auf die Schweiz – es geht auch um Russland-Sanktionen

Die Schweiz mache nicht genug bei der Umsetzung der Sanktionen gegen Russland – gar von einem Versagen des Rechtssystems ist die Rede. Nun treffen sich Vertreter der US-Regierung mit dem Schweizer Rohstoffverband in Genf.
Publiziert: 25.07.2023 um 08:49 Uhr
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Der Ukraine-Krieg hat die Welt des Rohstoffhandels durcheinander gebracht. Im Bild eine Mine in Russland.
Foto: IMAGO/SNA

In Genf ist es am Montag zu einem Treffen zwischen der Schweizer Rohstoffhandelsbranche, dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und Vertretern des US-amerikanischen Finanzministeriums gekommen. Das Seco bezeichnete das Treffen als «für alle Seiten nützlich». Aus den USA gab es in letzter Zeit Kritik im Zusammenhang mit Sanktionen gegen Russland.

Wie das Seco am Montag mitteilte, handelte es sich um ein Arbeitstreffen, das den Rohstoffhandel und die Energieversorgung in Europa in den nächsten 18 Monaten thematisierte. Auch die US-Botschaft in Bern war beim Treffen anwesend. Es war eines von mehreren Treffen, die das US-Finanzministerium in verschiedenen europäischen Staaten führte.

Sanktionen waren Thema der Gespräche

Ziel ist es, den Einfluss der Situation auf den Rohstoffmärkten auf die europäische Energieversorgung und die globale Versorgungssicherheit abzuschätzen. Die Bedeutung der Sanktionen im Bereich Rohstoffhandel sollen ebenfalls kurz angesprochen worden sein, weshalb auch das Seco beim Treffen vertreten gewesen war.

Seit Beginn des Ukrainekonflikts kam es zu grossen Verwerfungen auf dem Rohstoffmarkt. Deshalb wurde nun in Genf über die Zukunft des Rohstoffhandels, die Funktionsweise des Ölpreisdeckels sowie die Ernährungssicherheit diskutiert.

Bis zu 35'000 Beschäftigte

Die Schweizer Rohstoffbranche wurde durch die Organisation Suissenégoce vertreten. Sie bezeichnet sich auf ihrer Internetseite als nicht gewinnorientierte und unpolitische Schweizer Vereinigung.

Der Verband vertritt mehr als 190 Mitglieder, darunter die Unternehmen Gunvor, Mercuria und Vitol. Nicht angeschlossen haben sich Swissnégoce jedoch Trafigura und Glencore.

Sie vertrete die Interessen der Schweizer Rohstoffhandelsbranche, insbesondere von Unternehmen im Handelsgeschäft und in der Schifffahrt, von in der Rohstofffinanzierung tätigen Banken, von Versicherungen, von Anwaltskanzleien und von spezialisierten Dienstleistungsunternehmen.

Der Rotstoffhandel trägt laut Suissenégoce vier Prozent zum nationalen Bruttoinlandprodukt bei und zählt 35'000 Beschäftigte. Die Schweiz ist eine Drehscheibe für den physischen Handel mit Rohstoffen weltweit. Rund ein Drittel des globalen Handels läuft über die Schweizer Unternehmen.

USA machen Druck auf die Schweiz

Der Bundesrat hält in einem im Mai veröffentlichten Bericht fest, der Angriff Russlands auf die Ukraine habe zu erheblichen Umbrüchen beim Handel und bei der Versorgung mit wichtigen Rohstoffen im Bereich Energie und Nahrungsmittel geführt. Schweizer Rohstoffhändler seien deshalb von den internationalen Sanktionen betroffen, die in Folge des Krieges erlassen worden seien.

Die «Neue Zürcher Zeitung» («NZZ») brachte das Treffen in Zusammenhang mit Kritik, die Schweiz setze die Sanktionen gegen Russland nicht konsequent genug um. Der Artikel von vergangener Woche trug den Titel «Rohstoffhändler im Visier der USA».

Auch wegen des Umgangs mit russischen Oligarchengeldern steht die Schweiz nach wie vor unter Druck. Die sogenannte Helsinki-Kommission, ein Gremium der US-Regierung und des -Parlaments führte dazu eine Anhörung durch.

Der Unternehmer und Kreml-Kritiker Bill Browder (59) warf der Schweiz dabei vor, ihr Rechtssystem funktioniere nicht. Sie habe nur einen Bruchteil der aus Russland stammenden Gelder eingefroren. Moskau könne in der Schweiz liegende Finanzmittel nach wie vor für den Krieg verwenden. (SDA/shq)


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