Das Velo oder der neue Computer lassen derzeit auf sich warten. Vieles, auf dem «Made in China» oder «Made in Taiwan» draufsteht, kommt derzeit mit Verzögerung in der Schweiz an. Der Grund: Corona hat die weltweiten Handelsrouten ordentlich durcheinandergewirbelt.
Ein Blick auf die Statistik des Schweizer Zolls bestätigt: Noch liegen die Einfuhren aus Asien unter Vorkrisen-Niveau. Immerhin: Eine Erholung scheint sich abzuzeichnen: «Der hohe Anstieg im März 2021 mit dem höchsten Wert seit Ausbruch der Krise fällt besonders auf», sagt Philippe Phan von der Eidgenössischen Zollverwaltung zu Blick.
Die Abläufe sind nicht wie vor Corona
Doch von einer schnellen Lieferung wie vor der Pandemie können wir derzeit nur träumen. «Das Wiederhochfahren ist schwierig», sagt Bruno Pfeiffer (46), Experte für globale Lieferketten bei der Beratungsfirma Deloitte.
Denn die Lieferketten wieder reibungslos aneinanderzuschmieden, ist sehr komplex: «Die Nachfrage hat unerwartet stark angezogen, aber die Rohstoffproduktion ist noch gedrosselt.» Schwerwiegend auch: Die Logistik ist aus dem Gleichgewicht, es kommt zu Containerengpässen. Derzeit sind viel weniger Container im Kreislauf als vor der Krise, was auch die Preise erhöht.
Verkaufspreise im Laden erhöht
Das bekommt die Kundschaft in den Läden zu spüren. «Manche Hersteller haben ihre Verkaufspreise erhöht», sagt David Kübler, Sprecher des Migros-Onlinehändlers Digitec Galaxus. Betroffen sind vor allem Produkte, deren Herstellung Rohstoffe wie Kupfer, Halbleiter wie Silicium oder Kunststoffe und Plastik benötigen.
Aktuelle Beispiele sind Grafikkarten, Displays, Velos, Spielwaren, Möbel, Textilien oder sogar Medikamente. «Die Hersteller begründen die Verzögerung mit den stark gestiegenen Frachtkosten und der Ressourcenknappheit», weiss Kübler.
Auch im Automarkt machen sich die Lieferengpässe bemerkbar. Hier fehlt es etwa an Halbleiter- und Microchips. Die Artikel kosten teilweise weniger als ein Euro. Aber ohne sie geht es nicht, sie sind nötig für die Steuerung zahlreicher Komponenten in einem modernen Auto.
«Klagen auf hohem Niveau»
Neben Auto- sind auch Veloproduzenten vom momentanen Engpass betroffen. Aber der Geschäftsführer des Verbands Schweizer Fahrradlieferanten beruhigt. «Das ist Klagen auf hohem Niveau», sagt der Velosuisse-Chef Martin Platter (56).
«Wer flexibel ist und auf andere Hersteller ausweichen kann, bekommt eigentlich immer innert nützlicher Frist, was er braucht.»
Bereits sieht Lieferketten-Experte Pfeiffer einen nächsten Mangelkandidaten am Horizont: den Muntermacher Kaffee. «Lieferketten mit sehr schlanken Beständen sind am meisten betroffen, möglicherweise bald auch Kaffee.» Etwa 17 Prozent des Schweizer Kaffees kamen 2020 aus Asien, vor allem aus Vietnam und Indien.
Weniger abhängig von Asien werden
Die Abhängigkeit von Asien bleibt das zentrale Problem. «Für Nonfood-Produkte wie Möbel und Textilien sind die Importmärkte China, Thailand, Vietnam oder Indien unabdingbar», sagt Migros-Sprecher Marcel Schlatter. «Dies wird sich auch in Zukunft kaum ändern.»
Andere Firmen haben ihre Abhängigkeit von Asien bereits reduziert. «Bei Ikea Schweiz werden heute schon über 80 Prozent der verkauften Möbel in Europa produziert», erklärt Ikea-Sprecherin Dominique Lohm.