Nachschub an China-Ware stockt
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Container-Preise verzehnfacht!Nachschub an China-Ware stockt

Corona zerstört Lieferketten, die Preise steigen
Nachschub an China-Ware stockt

Die Preise für Seefracht aus China haben sich in den letzten sechs Monaten verzehnfacht. Die Schiffe sind voll, leere Container kaum noch verfügbar. Das hat Auswirkungen für Schweizer Konsumenten: Sie müssen mit Lieferverzögerungen und steigenden Preisen rechnen.
Publiziert: 30.01.2021 um 11:58 Uhr
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Aktualisiert: 07.05.2021 um 11:38 Uhr
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Während des Lockdowns mussten die riesigen Frachtschiffe in den Häfen von China stillgelegt werden. Die Fabriken waren geschlossen, das Transportvolumen brach ein.
Dorothea Vollenweider

Schweizer Importeure leiden seit dem Ende des ersten Lockdowns unter massiven Lieferengpässen bei der Seefracht aus China. Betroffen sind alle Erzeugnisse, die in China hergestellt werden oder deren Rohstoffe aus Asien stammen. Dazu gehören unter anderen elektronische Produkte, Spielwaren, Möbel, Textilien und Medikamente.

Recherchen von BLICK zeigen: Teddybär und Co. sitzen in China fest. Die Engpässe führen zu grossen Preisaufschlägen bei den Frachtcontainern. Zur Stornierung bestellter Ware. Und schlussendlich auch zu Verteuerungen bei unzähligen Produkten «Made in China» im Schweizer Detailhandel.

Was ist passiert? Die Corona-Pandemie hat in der Seefracht hohe Wellen geschlagen. Während des Lockdowns wurden die Frachtschiffe in den Häfen von China stillgelegt. Fabriken waren geschlossen, das Transportvolumen brach ein. Dann kam der grosse Aufholeffekt: Die Leute konsumierten wieder – mehr als zuvor. Die Nachfrage ist derzeit so gross, dass der Platz auf den Schiffen knapp wird.

Diese Verknappung führt zu horrenden Preisanstiegen. Laut Spedlogswiss, dem Verband schweizerischer Speditions- und Logistikunternehmen, hat sich der Preis für einen Container aus Asien in den letzten sechs Monaten verzehnfacht: Bezahlten Schweizer Firmen vor einem halben Jahr noch 1500 Franken pro Container, sind es heute 15'000 Franken.

Reedereien geben den Ton an

«Die weltweite Kapazität von 22 Millionen Containern ist komplett ausgeschöpft», sagt Marek Fausel (44), Vorsitzender Fachbereich Schifffahrt und Vizepräsident von Spedlogswiss. Die Nachfrage übersteige schlicht das Angebot. Und: «Es gibt einen gewissen Aufholeffekt.» Denn die Preise für Seefracht waren nach der Finanzkrise jahrelang sehr tief. «Zeitweise sanken die Frachtkosten für einen Container aus Asien auf unter 1000 Franken.»

Die Reedereien holen sich das nun zurück. Und die Betroffenen sind machtlos. Kommt dazu, dass in der internationalen Seefracht derzeit nur wenige Reedereien den Ton angeben. «Es erstaunt deshalb nicht, dass viele Marktteilnehmer von Abzocke sprechen», so der Seefracht-Experte.

China ist viertwichtigster Zulieferer der Schweiz

Die Bedeutung Chinas als Handelspartner nahm in den letzten Jahren markant zu. 2019 waren die Asiaten laut der Eidgenössischen Zollverwaltung verantwortlich für 20 Prozent aller Importe in das Alpenland. Das Importvolumen aus China betrug 14,9 Milliarden Franken. Während den vergangenen zehn Jahren legten die Lieferungen aus China durchschnittlich um 11,2 Prozent pro Jahr zu, Tendenz weiter steigend. China liegt damit auf Platz vier der wichtigsten Zulieferer der Schweiz – nach Deutschland, Italien und Frankreich. Dorothea Vollenweider

Die Bedeutung Chinas als Handelspartner nahm in den letzten Jahren markant zu. 2019 waren die Asiaten laut der Eidgenössischen Zollverwaltung verantwortlich für 20 Prozent aller Importe in das Alpenland. Das Importvolumen aus China betrug 14,9 Milliarden Franken. Während den vergangenen zehn Jahren legten die Lieferungen aus China durchschnittlich um 11,2 Prozent pro Jahr zu, Tendenz weiter steigend. China liegt damit auf Platz vier der wichtigsten Zulieferer der Schweiz – nach Deutschland, Italien und Frankreich. Dorothea Vollenweider

Digitec Galaxus erhöht Preise

Der grösste Schweizer Online-Händler, Digitec Galaxus, kennt die Problematik. «Die neuen Konditionen im Einkauf spiegeln sich teils bereits in den Preisen für unsere Kunden wider», sagt Sprecher Stephan Kurmann. Vereinzelt gebe es auch Artikel, die nicht mehr geliefert werden. Darum setzt Digitec Galaxus vermehrt auf Flugfracht. «Die leicht erhöhten Einkaufspreise nehmen wir in Kauf», so Kurmann. Wie stark sie gestiegen sind, will der Online-Händler nicht sagen. Wie stark sie auf die Kundschaft überwälzt werden, ebenfalls nicht.

Sogar der Möbelgigant Ikea bekommt die Engpässe in den Häfen zu spüren. Weil kaum noch Schiffe und Container zur Verfügung stehen, sei es schwierig geworden, Warenlieferungen zu planen. «Unsere Spediteure müssen priorisieren und haben bei einigen Artikeln die Liefermengen stark reduziert», heisst es bei Ikea. Die Preise wollen die Schweden vorerst aber nicht erhöhen.

Auch Migros und Coop erklären vorderhand, man wolle Preisaufschläge vermeiden. Doch es sei eine «herausfordernde Situation», sagt Migros-Sprecher Patrick Stöpper. BLICK weiss: M-Electronics musste zuletzt Online-Kundenbestellungen von Playmobil-Spielwaren gar stornieren. Bei anderen Fachmärkten sind etwa Schneeschuh-Bestellungen hängig.

Spielwaren-Importeure sind machtlos

Gerade Schweizer Spielwaren-Importeure sind sehr stark betroffen. Das Unternehmen Meili Trading aus Wäldi TG importiert seit über 60 Jahren Spielzeug aus Asien in die Schweiz. «Wir kämpfen seit Monaten mit massiven Lieferverzögerungen und Preisanstiegen», sagt Manfred Meili (65) zu BLICK. Teurer werden deshalb Spielwaren wie Teddybären, ferngesteuerte Autos oder auch Spielküchen. Mit den Reedereien zu verhandeln, bringe nichts. «Die sind am längeren Hebel.»

Spielwaren-Importeur Waldmeier aus Neuendorf AG kämpft mit den gleichen Problemen. «Die Verzögerungen belaufen sich auf drei bis sieben Wochen», sagt Co-CEO Renato Meier (53). Es sei zu erwarten, dass die steigenden Transportkosten zu Preisanstiegen bei Spielwaren führen werden. «Bisher haben wir die Kosten selber getragen», so Meier. Damit ist nun Schluss. Bei zukünftigen Einkäufen werde man die Preise weitergeben müssen.

Wird alles noch teurer?

Werden die Containerpreise noch weiter steigen oder wird sich die Situation in den Häfen demnächst wieder normalisieren? Laut Spedlogswiss ist dies schwer vorauszusagen. Ein entscheidender Faktor ist das chinesische Neujahr, das kurz bevorsteht. «Sollten dann alle Fabriken und Häfen geschlossen sein, wird das die aktuelle Situation noch verschlimmern», befürchtet Seefracht-Experte Fausel. Heisst: Die Lieferverzögerungen werden weiter zunehmen, die Preise noch weiter steigen.

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