Vom Pilgerspital zum Sorgenkind
Die bewegte Geschichte des Spitals Einsiedeln

Es ist kein Zufall, dass das kleine Spital in Einsiedeln immer wieder schweizweit Schlagzeilen macht: Das geschichtsträchtige Haus existiert seit dem Mittelalter und ist damit eines der ältesten Spitäler des Landes.
Publiziert: 21.11.2023 um 00:19 Uhr
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Aktualisiert: 21.11.2023 um 11:32 Uhr
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Das Spital Einsiedeln hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Im Bild der Brand 1973.
Foto: Blick
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Sarah FrattaroliStv. Wirtschaftschefin

Das Spital Einsiedeln blickt auf eine fast 700-jährige Geschichte zurück. Es wurde 1353 als Pilgerspital gegründet und brannte im 16. Jahrhundert nieder. Später wurde es wiederaufgebaut und diente jahrhundertelang als Kinderheim und Armenhaus. In den 1970er-Jahren brannte es erneut nieder. 1984 stattete Papst Johannes Paul II. (1920–2005) dem Spital im Rahmen einer Pilgerreise einen Besuch ab. Auch die jüngere Geschichte des Spitals ist bewegt.

2001: Erstes Babyfenster der Schweiz eröffnet

Am Muttertag nehmen die Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind und das Spital Einsiedeln gemeinsam das erste Babyfenster des Landes in Betrieb. 14 Neugeborene sind seither im Babyfenster Einsiedeln platziert worden. Die Mütter bleiben dabei anonym und haben ein Jahr lang Zeit, ihr Baby zurückzufordern.

2011: Proteste gegen geplante Schliessung

Der Regierungsrat des Kantons Schwyz will das Spital schliessen. Grund: Das kleinste Spital des Kantons sei nicht mehr wettbewerbsfähig. Doch die Bevölkerung wehrt sich – mit Erfolg. Wichtigstes Argument: Das Spital Einsiedeln ist der grösste Arbeitgeber in der Region. Der Kantonsrat schickt die Schliessungspläne der Schwyzer Regierung bachab.

2019: Fusion mit Lachen scheitert

Die Spitäler Einsiedeln und Lachen diskutieren fast ein Jahr lang über eine Fusion, um Synergien zu nutzen. Beide Standorte hätten bestehen bleiben sollen, allerdings unter einer Führung. Am Ende scheitert das Vorhaben an Lachen. Dort war die Angst zu gross, durch das hochdefizitäre Spital Einsiedeln in den Abgrund gerissen zu werden.

Mai 2020: Ameos steigt ein

Es ist ein Novum in der Schweiz: Erstmals übernimmt mit Ameos eine private Spitalgruppe ein Grundversorgungsspital vollständig. Die Stiftung Krankenhaus Maria zum finstern Wald, die den Spitalbetrieb bisher verantwortete, bleibt Besitzerin der Spitalgebäude. Diese werden fortan für 2,37 Millionen Franken im Jahr an Ameos vermietet.

August 2020: Volksabstimmung fürs Spital

Die Stimmbevölkerung des Bezirks Einsiedeln sagt mit 71 Prozent deutlich Ja zu einer Finanzspritze für das Spital. Die Stiftung Krankenhaus Maria zum finstern Wald hat durch den defizitären Spitalbetrieb über die Jahrzehnte 65 Millionen Franken Schulden angehäuft. Die Stiftung ist den Spitalbetrieb seit dem Einstieg von Ameos zwar los, doch der Schuldenberg bleibt. Im Rahmen des Sanierungspakets erhält die Stiftung vom Bezirk Einsiedeln einen einmaligen Beitrag von 6,5 Millionen Franken und ein Darlehen von 4 Millionen Franken. Finanzinstitute gewähren der Stiftung weitere 10 Millionen als Kredit, dafür bürgt der Bezirk. Im Gegenzug wird der Bezirk seine Defizitgarantie für das Spital los.

Dezember 2020: Übernahme eines schwächelnden Konkurrenten

In Richterswil ZH geht die Paracelsus-Klinik pleite. Das Spital Einsiedeln übernimmt deren Frauenklinik, das Herzstück des Paracelsus-Spitals, mitsamt Angestellten und integriert sie in den Spitalbetrieb im Klosterdorf. In Einsiedeln werden die Bereiche Gynäkologie und Geburtshilfe dadurch ausgebaut. Das Spital bekundet öffentlich, die Anzahl Geburten von 300 auf 500 im Jahr steigern zu wollen – um damit zum geburtenstärksten Spital im Kanton zu werden.

August 2022: Assistenzärzte kündigen

Alle sieben Assistenzärztinnen und -ärzte des Spitals Einsiedeln reichen geschlossen ihre Kündigung ein, was im ganzen Land hohe Wellen wirft. Die Nachwuchskräfte beschweren sich über zu viele Überstunden und gestrichene Ausbildungen.

September 2022: Der glücklose Spitaldirektor

Mit Marc Hofer übernimmt ein neuer Direktor das in die Kritik geratene Spital. Bereits Mitte Dezember wird er allerdings unsanft wieder vor die Tür gesetzt. Hofer sagt zum Branchenportal Medinside, seine Absetzung habe ihn «völlig unerwartet» erreicht.

Herbst 2022: Kantonale Inspektion I

Der Kanton nimmt die Negativ-Schlagzeilen zum Anlass, dem Spital Einsiedeln genauer auf die Finger zu schauen. Er führt vor Ort eine Inspektion durch. «Wir wurden geröntgt», so Spital-Insider. Der Kanton verfasst einen 130-seitigen Bericht mit Massnahmen zuhanden des Spitals.

September 2023: Lichterlöschen in der Geburtsabteilung

Der Gebärsaal am Spital Einsiedeln macht erstmals am 23. September für eine Woche dicht. Danach wird er wiedereröffnet, muss aber bereits drei Wochen später wieder schliessen. Ursprünglich soll die erneute Schliessung nur zwei Wochen dauern – sie wird jedoch bis Ende Jahr verlängert.

November 2023: Kantonale Inspektion II

Am 7. November erscheint der Kanton erneut für eine Inspektion im Spital. Er schaut sich unter anderem die Arbeitspläne der Assistenzärzte an und nimmt mehrere Führungspersonen ins Kreuzverhör.

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