«Es gibt keinen Grund für schlechte Stimmung bei uns im Haus», stellt der Einsiedler Spitaldirektor Daniel Schroer (55) im Gespräch klar. Spital-Insider erheben gegenüber Blick happige Vorwürfe gegen das kleine Landspital: Unter den Mitarbeitenden komme es zu dermassen vielen Abgängen, dass mehrere Quellen bezweifeln, dass die Patientensicherheit noch gewährleistet ist.
Schroer hingegen will von einem Aderlass beim Personal nichts wissen. Die Kündigungen lägen im erwartbaren Rahmen. «Grundsätzlich steigt im Gesundheitswesen die Wechselbereitschaft», erklärt Schroer mit Blick auf den Fachkräftemangel. Davon sei aber längst nicht nur das Spital Einsiedeln betroffen, sondern auch andere Häuser. Und er betont: «Alle wichtigen Positionen am Spital sind besetzt oder werden aktuell besetzt.»
Die Patientinnen und Patienten müssten sich denn auch keine Sorgen machen, am Spital Einsiedeln nicht ausreichend versorgt zu werden: «Wir haben in allen Stationen ausreichend Personal, um den Betrieb mit hoher Qualität sicherzustellen und die Patientensicherheit zu gewährleisten», betont Schroer. Mit Ausnahme der Geburtenabteilung, die wegen Personalmangels geschlossen werden musste. Das sei die bessere Option, als sie auf Biegen und Brechen und auf dem Buckel der verbleibenden Mitarbeitenden offenzuhalten, so die Verantwortlichen. Bei Engpässen würde, wenn nötig, und nur als letztes Mittel auf Temporärpersonal zurückgegriffen.
Auch die Vorwürfe, wonach die Verordnungspflicht verletzt werde, verneint Schroer vehement. «Pflegende können aktuell bei uns systembedingt gar keine Verordnungen vornehmen.»
Millionenverluste und langjährige Probleme
Die Beschwichtigungen der Spitalverantwortlichen stehen im krassen Widerspruch zu den happigen Vorwürfen, die Insider gegen das Spital Einsiedeln erheben. Selbst Kritiker des Spitals, mit denen Blick gesprochen hat, geben allerdings zu: Viele der Probleme am Spital Einsiedeln hat Ameos nicht verursacht, sondern geerbt.
Denn Ameos übernahm mit dem Spital Einsiedeln 2020 einen hochdefizitären Betrieb: 6,7 Millionen Franken Verlust schrieb das Spital Einsiedeln 2019. Wie die Zahlen heute aussehen, gibt Ameos nicht bekannt.
Das System Ameos
Das Geschäftsmodell der privaten Spitalgruppe Ameos besteht darin, in Schieflage geratene Gesundheitseinrichtungen zu übernehmen und im Anschluss gesund zu sparen. Gegründet wurde Ameos im Jahr 2002 und betreibt mittlerweile laut eigenen Angaben mehr als 100 Einrichtungen an über 50 Standorten und beschäftigt 18'000 Mitarbeitende. Neben Spitälern gehören auch Pflege-Einrichtungen, Reha-Kliniken und Gesundheitszentren zum Portfolio.
Der Hauptsitz von Ameos liegt in Zürich, der Grossteil des Geschäfts findet aber in Deutschland statt. Im Schweizer Gesundheitswesen hingegen hat Ameos bislang kaum Tritt gefunden. Neben dem Spital Einsiedeln betreibt die Gruppe hierzulande nur eine weitere stationäre Einrichtung: das Seeklinikum Brunnen, eine psychiatrische Klinik in Ingenbohl SZ. Daneben gibt es Ameos-Stadtpraxen für ambulante Psychiatrie in Zürich, Zug, Luzern und Sursee LU. Von den Stadtpraxen werden allerdings alle bis auf Zug per Ende Jahr geschlossen. Grund ist auch hierfür der Fachkräftemangel, wie es bei Ameos auf Anfrage heisst.
Streiks in Deutschland
Wie viel Geld Ameos damit verdient, angeschlagene Kliniken auf Profit zu trimmen, ist nicht bekannt: Das Unternehmen gibt keine Geschäftszahlen bekannt. Die Bilanzsumme beläuft sich laut unternehmenseigenen Angaben auf 1 Milliarde Euro – wobei das noch wenig über allfällige Gewinne aussagt.
Die Kritik am Geschäftsmodell ist jedenfalls gross: In Deutschland kam es an mehreren Ameos-Spitälern in der Vergangenheit zu Streiks, zuletzt im Jahr 2022 an der psychiatrischen Klinik Bad Salzuflen im Bundesland Nordrhein-Westfalen. Auch in Einsiedeln stand ein Streik nach dem Abgang sämtlicher Assistenzärzte im Jahr 2022 im Raum – fand beim Personal aber offensichtlich zu wenig Unterstützung.