Der Kanton Genf greift durch. Ab morgen Freitag stehen dort die Baustellen still. Es ist der erste Kanton, der dem Bau den Riegel schiebt. Im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus hat der Bundesrat bislang auf die schweizweite Schliessung von Baustellen verzichtet. Denn: Der Wirtschaftsmotor sollte nicht ganz abgewürgt werden, die Lage sei auch so schon ernst.
Dabei war der Bau schon längst infiziert, wie BLICK-Informationen zeigen. Am 6. März stand die Implenia-Baustelle Tram Bernex bei Genf vorübergehend still, wie der grösste Schweizer Baudienstleister auf Anfrage bestätigt. Ein Büezer hatte sich mit dem Coronavirus angesteckt. «Die Baustelle – rund 15 Mitarbeitende von Implenia sind dort beschäftigt – konnte nach Abklärungen bei den dort tätigen Kollegen weiter betrieben werden», sagt Implenia-Sprecher Silvan Merki.
Ein Tag zuvor, am 5. März in Baden AG: Schliessung der Implenia-Baustelle des Kantonsspitals Baden wegen eines Corona-Falls. «Abklärungen und Abstimmungen mit dem Kantonsspital folgten», so Merki. Die insgesamt 60 Büezer konnten erst am Folgetag die Baustelle wieder öffnen.
Immer wieder Implenia
Gestern ging die Gewerkschaft Unia mit Bildmaterial an die Öffentlichkeit. Es zeigt einen klaren Verstoss gegen die Empfehlungen des Bundes. Arbeiter drängen sich in Baracken. Die sanitären Anlagen sind unzureichend. Es gibt kein Desinfektionsmittel. Die Verbreitung des Virus – ein Leichtes. Die Gewerkschafter fordern einen sofortigen Baustopp.
Bei BLICK meldeten sich zahlreiche Handwerker aus der ganzen Schweiz, die von solchen schlimmen Zuständen berichten. Unschön seien die Zustände bei der Baustelle «Wolkenwerk» der Implenia in Oerlikon ZH, meldet ein Arbeiter. «Es hat keine Seife und kein Desinfektionsmittel.» Wieder trifft es eine Baustelle von Implenia.
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Sprecher Merki: «Die Ordnung und Sauberkeit auf den Baustellen nehmen wir ernst. Aktuell reinigen wir die sanitären Anlagen öfter, füllen den Seifenbestand in kürzeren Abständen auf und stellen Desinfektionsmittel zur Verfügung. Auch in diesem Container achten wir darauf und haben das umgehend korrigiert.»
«Prüfen die Situation laufend»
Implenia bekräftigt: Die Gesundheit der Angestellten habe «höchste Priorität». Gleiches gelte für das operative Geschäft wenn möglich aufrechtzuerhalten. Zu den Schutzmassnahmen gehören: Staffelung von Pausen und Tätigkeiten, Meetings werden ins Freie verlegt, mehrsprachige Hygiene-Regeln und Einstellung von Geschäftsreisen und physischen Meetings.
Steht bei Implenia die Stillegung von Baustellen in diesen Krisentagen zur Debatte? Nein, heisst es. Der Betrieb werde weiter aufrechterhalten. «Implenia hat schon sehr früh entsprechende Task-Forces eingesetzt – auf globaler und auf Länderebene. Und gewisse Szenarien vorweggenommen», sagt Sprecher Merki. «Wir prüfen die Situation laufend.»
Baumeister legen Fokus auf Hygiene
Der Schweizerische Baumeisterverband nimmt die aktuelle Situation sehr ernst, wie er in einer Stellungnahme schreibt. Einfach wird es nicht. Im Gegenteil: «Das Coronavirus und die Massnahme zu dessen Eindämmung stellen die Baubranche vor grosse Herausforderungen.»
Der Fokus liegt auf Hygienemassnahmen und organisatorischen Anpassungen. «Mit flächendeckenden Baustellenschliessungen ist jedoch niemandem gedient.»
Im Kanton Genf ist man offensichtlich anderer Meinung, dort legen die Büezer demnächst die Arbeit nieder. «Zuwiderhandlungen können mit einer Geldstrafe von bis zu 300'000 Franken geahndet werden», erklärt der Genfer Staatsrat Serge Dal Busco gestern bei der Anordnung der Schliessungen.