Ungeschickt. So lautet vielerorts das Verdikt zum Millionensalär von UBS-CEO Sergio Ermotti (63). Viele Vergütungsexperten wollen sich gar nicht erst zum Thema zitieren lassen – zu hoch gehen die Emotionen im Land der Bescheidenheit, wenn sich der Chef der letzten Schweizer Grossbank ein dermassen üppiges Salär auszahlen lässt.
14,4 Millionen Franken kassiert Ermotti für das vergangene Jahr. Er gehört damit nicht nur schweizweit, sondern gar europaweit zu den Topverdienern. In der Schweiz hat Novartis-CEO Vas Narasimhan (47) im letzten Jahr mit 16,2 Millionen Franken noch mehr verdient. Auch ABB-Chef Björn Rosengren (65) gehört mit 15,95 Millionen (langfristige Boni eingerechnet) zu den Top-Verdienern. Sie waren aber notabene auch das ganze Jahr im Chef-Sessel, anders als Ermotti, der erst mit der CS-Übernahme im März den CEO-Posten übernahm. Und auch bei Narasimhan stiess der zweistellige Millionenlohn auf Kritik.
Der Lohn ist an Bedingungen geknüpft
«Im Schweizer Marktvergleich ist Ermottis Lohn auf jeden Fall hoch», hält denn auch Vergütungsexperte Timon Forrer (42) vom Beratungsunternehmen Kienbaum fest. Man müsse aber relativieren: «Ein grosser Teil des Lohnes ist an langfristige Erfolgsziele gekoppelt. Wenn er diese verfehlt, wird Ermotti zumindest ein Teil der nun ausgewiesenen Bezahlung gar nie ausgezahlt.»
Forrer widerspricht denn auch der landläufigen Meinung, wonach Manager zu hohen Risiken verleitet werden, wenn der variable Lohnanteil hoch ist. «Das mag bei Händlern im Finanzwesen der Fall sein, aber auf Stufe CEO werden Vergütungspakete regelmässig genau so geschnürt, dass sie zu nachhaltigem, langfristigem Handeln anregen und an die Compliance geknüpft sind.»
Wall-Street-Banker verdienen noch mehr
Als Argument für hohe Millionenboni wird gerne der internationale Vergleich herangezogen: Denn während Ermotti andere Schweizer Manager überflügelt, sind die Vergütungen in den USA noch massiv höher. James Gorman (65), CEO der US-Investmentbank Morgan Stanley, gilt mit einem Jahresgehalt von zuletzt 37 Millionen US-Dollar als bestbezahlter Banker der Wall Street.
Auch wenn Ermotti an der Bahnhofstrasse und nicht an der Wall Street zu Hause ist, sei der internationale Vergleich nicht von der Hand zu weisen, findet Vergütungsexperte Forrer. «Die Mobilitätsbereitschaft bei Bankmanagern ist maximal, Ermotti könnte für einen Job auch in die USA oder nach Singapur ziehen.» Mit diesen Finanzplätzen müsse die UBS konkurrenzieren.
Auch die Swiss trat ins Boni-Fettnäpfchen
Ob der Lohn für den Schweizer angemessen ist, darüber will Forrer kein abschliessendes Urteil fällen. Nur so viel: «Für Normalsterbliche ist es auf jeden Fall nicht mehr nachvollziehbar.» Firmen gehen mit solch hohen Salären denn auch ein gewisses Reputationsrisiko ein. Dessen dürfte sich die UBS durchaus bewusst sein.
Exemplarisch zeigte sich dies im Falle der Swiss während der Corona-Krise: Im Frühling 2020 zahlte die Swiss Boni für das erfolgreiche Geschäftsjahr 2019 aus – hing gleichzeitig aber schon am Tropf des Staates, um die Pandemie zu überstehen. Das mag rein rechnerisch korrekt sein, für die Öffentlichkeit ist es unverständlich.
Auch heuer ist der Aufschrei seitens Politik gross. Denn auch diesmal sind Staatsgelder im Spiel: Die CS-Übernahme wurde – vorübergehend – mit Milliardengarantien des Bundes abgesichert. Dass die UBS nicht auf diese Garantien zurückgreifen musste, verkommt zum Nebenaspekt.