«Da überlegt man zweimal, ob es drin liegt, krank zu Hause zu bleiben»
So geht es dem Bankpersonal 1 Jahr nach dem CS-Untergang

Mit einem Kahlschlag von 10'000 Stellen hatten Branchenkenner durch den CS-Untergang gerechnet. Da fällt der geplante Abbau von 3000 Jobs geradezu glimpflich aus. Dennoch geht er nicht spurlos am Personal vorbei. Wer noch an Bord ist, muss die Ellbogen ausfahren.
Publiziert: 19.03.2024 um 17:08 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2024 um 17:24 Uhr
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3000 Arbeitsplätze werden in der Schweiz im Zuge der Bankenübernahme abgebaut.
Foto: AFP
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Sarah FrattaroliStv. Wirtschaftschefin

Seit einem Jahr pilgert das CS-Personal jeden Tag brav ins Büro – und weiss nicht, ob heute die Kündigung reinflattert. 3000 Jobs plant die UBS in der Schweiz im Zuge der Bankenfusion abzubauen. Wie viele Kündigungen schon ausgesprochen wurden, ist unklar, doch so viel ist sicher: Der Löwenanteil des schmerzhaften Stellenabbaus steht noch bevor.

Das nagt am Personal. «Die Leute sind müde», sagt Natalia Ferrara (42), Geschäftsführerin des Schweizerischen Bankpersonalverbands (SBPV) im Gespräch mit Blick. Der Verband begleitet die Bankenfusion inklusive Stellenabbau eng. Nicht nur die Unsicherheit über eine mögliche Kündigung ist ermüdend. Sondern auch die Organisation der Fusion. «Es ist, als ob die Leute drei Jobs auf einmal hätten», sagt Ferrara. Gerade die Führungskräfte. «Erstens: das alltägliche Geschäft. Zweitens: das Fusionsprojekt. Und drittens: das Team begleiten, den Leuten zuhören, sie jeden Tag neu motivieren.» Die UBS müsse ihrem Personal Sorge tragen, mahnt Ferrara.

Fachkräftemangel? Fachkräfteüberschuss!

Kein Wunder, schauen sich viele nach anderen Optionen um. Einfach ist das allerdings nicht. «Die Schweizer Finanzbranche ist wohl einer der einzigen Bereiche in ganz Europa, in dem aktuell kein Arbeitnehmermarkt herrscht, sondern ein Überangebot an Arbeitskräften besteht», schätzt der auf die Finanzbranche spezialisierte Headhunter Klaus Biermann (48). 

Gehen sollte nur, wer bereits einen neuen Job auf sicher hat. Doch selbst dann kann es schwierig werden. Ferrara kennt Mitarbeitende, die eine Jobzusage hatten, bei der CS kündigten – und am neuen Ort die Probezeit nicht überstanden. «Sie stehen nun ohne Job und ohne Sozialplan da.»

Apéro ohne die neuen CS-Kollegen

Jene, die geblieben sind, versuchen mit allen Kräften zu beweisen, dass es sie auch in der neuen UBS noch braucht. «Da überlegt man zweimal, ob es drin liegt, in die Ferien zu gehen oder krank zu Hause zu bleiben», sagt Ferrara. Die Angst geht um, dass überflügelt wird, wer jetzt nicht die Extrameile geht.

Wer heute noch an Bord ist, hat zwar zumeist die Zusage, auch in der fusionierten UBS einen Job zu kriegen. Doch wer in der neuen Organisation wie viel Macht erhält, wer die neu zusammengesetzten Teams führt – das ist in den meisten Divisionen noch völlig unklar.

Da überrascht es kaum, dass die Ellbogen ausgefahren werden. Viele CS-Angestellte sehen sich dabei im Nachteil gegenüber ihren neuen UBS-Kollegen. «Wir werden wie Mitarbeiter zweiter Klasse behandelt», ist zu hören. CS-Mitarbeiter wissen nicht, wo ihre neuen Büros liegen, wer sie führt, was ihre Aufgabe ist – und wo der nächste Team-Apéro stattfindet. Das mag im Angesicht der grössten Bankenpleite der Schweizer Geschichte nebensächlich erscheinen. Doch fürs Personal ist gerade in dieser unsicheren Zeit matchentscheidend, ob und wo man dazugehört.

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