Auf einen Blick
Für Novartis und Roche aus Basel steht viel auf dem Spiel. Ihr Wohlergehen hängt stark vom US-Markt ab. Roche etwa erzielt 52 Prozent des Umsatzes in den USA. Den beiden internationalen Pharmariesen könnte unter der Präsidentschaft von Donald Trump (78) eine bittere Pille drohen. Für sein Gesundheitsministerium sieht Trump einen umstrittenen neuen Chef vor: Impfgegner Robert F. Kennedy (71), der sein Ministerium und die darin befindliche Lebens- und Arzneimittelbehörde komplett umkrempeln will.
Hat Big Pharma aus Basel Angst vor Trump? Diese Frage beschäftigte Novartis und Roche an ihren Jahrespressekonferenzen. Ihre Chefs bleiben jedoch zuversichtlich. Novartis-CEO Vas Narasimhan (48) – selber ein US-Amerikaner – will zuerst abwarten, wie das US-Gesundheitsministerium umgebaut wird, bevor er gegenüber Blick über mögliche Auswirkungen der Trump-Regierung auf das Pharmageschäft spekuliert.
Er erwarte von der neuen Regierung allerdings die Abschaffung der sogenannten «Pillenstrafe» – diese hatte Trump-Vorgänger Joe Biden (82) durchgesetzt. So sind die Preise für Medikamente in Pillen- oder Kapselform schon neun Jahre nach der Zulassung verhandelbar. Narasimhan wünscht dagegen einen Aufschub von 13 Jahren.
Noch schlafen die Pharmachefs ruhig
«Wie die Regierung Medikamentenpreise festlegt, ist momentan eine schwarze Box», führt er weiter aus. Mit hochrangigen US-Regierungsvertretern habe er sich noch nicht getroffen. Er behauptet jedoch, es gebe Übereinstimmung bei Republikanern und Demokraten, wonach der Biden-Beschluss überarbeitet werden muss: «Der Fokus der Regierung auf die Medikamenten-Preisgestaltung verliert an Bedeutung.»
Roche-Boss Thomas Schinecker (49) verweist seinerseits darauf, dass Trump «auf Wirtschaftswachstum bedacht» sei und die Pharmabranche hierfür wichtig sei. Zudem habe Trump in seiner ersten Amtszeit eng mit der Pharma zusammengearbeitet. Zwischen den Zeilen wird deutlich, dass die beiden Chefs wegen Trump noch keine schlaflosen Nächte haben.
Trump agiert im Sinne der Industrie
Bislang sind die Massnahmen der Trump-Regierung ohnehin im Sinn von Big Pharma. Als eine seiner ersten Amtshandlungen widerrief Trump die Verordnung 14087 seines Vorgängers, die darauf abzielte, die Kosten für verschreibungspflichtige Arzneimittel für Medicare- und Medicaid-Empfänger zu senken. Dies sind zwei wichtige US-Gesundheitsversicherungsprogramme: Medicare kommt älteren, Medicaid einkommensschwachen US-Bürgern zugute.
Das bestätigt Narasimhans Eindruck: Die Trump-Administration rückt von aggressiven Reformen der Arzneimittelpreise ab und bevorzugt einen eher industriefreundlichen Ansatz – der zwar wohl zu höheren Kosten für die Konsumenten führt, aber auch zu höheren Gewinnen bei Pharmaunternehmen.
Sie sind längst in den USA implantiert
Kommt hinzu: Roche und Novartis sind in den USA seit Jahren aktiv und in Washington bestens vernetzt. Bei einem Videoauftritt am WEF in Davos GR hatte Trump ausländische Hersteller aufgefordert, ihre Produktionsstätten in die USA zu verlagern. Sie würden «von vorteilhaften Unternehmenssteuern profitieren».
Zusammen mit der Tochterfirma Genentech beschäftigt Roche in den USA rund 25'000 Mitarbeitende, davon 4000 in der Produktion. Zudem hat Roche in den letzten Jahren viel in den Ausbau der US-Standorte investiert. Novartis beschäftigt rund 28'000 Mitarbeitende an mehreren Standorten in den USA und ist dort das neuntgrösste Pharmaunternehmen. «Wir wollen im Prioritätsmarkt USA weiter wachsen», unterstreicht CEO Narasimhan seine Pläne.
Für René Buholzer (56), Chef des Branchenverbands Interpharma, ist es wichtig, die guten Beziehungen mit den USA auch unter der Trump-Regierung aufrechtzuerhalten. Für die forschende Pharmaindustrie seien innovationsfreundliche Rahmenbedingungen essenziell. «Protektionistische Massnahmen wie Handelszölle würden den Pharmastandort und damit die Schweizer Volkswirtschaft hart treffen», sagt Buholzer. So weit ist man in den USA aber noch nicht.
Wie viel Trump tatsächlich an der Pharmabranche liegt, wird sich noch zeigen müssen.