Dank den Hilfsmassnahmen des Bundesrates kam es im Frühling nicht zum Massensterben der Firmen. Das Gegenteil ist eingetreten. Die Zahl der Konkurse ging sogar zurück.
Jetzt folgt die Trendwende, die schon lange befürchtet wurde. Jetzt zeigen sich langsam die Auswirkungen des Lockdowns. Die Übersterblichkeit bei den Unternehmen hat begonnen. Die befürchtete Pleitewelle rollt langsam an. Das meldet die ETH-Konjunkturforschungsstelle (KOF) am Samstag.
Sowohl im Kanton Zürich als auch in der Nordwestschweiz habe die Zahl der Konkurse im Oktober den normalen Bereich überschritten, heisst es in einem Communiqué. Stark angestiegen seien die Firmenkonkurse insbesondere in den Branchen Transport und Kommunikation.
Pleitegeier über Taxis
Betroffen seien vor allem Unternehmen im Bereich Verkehr und Logistik, wie zum Beispiel Taxiunternehmen. Schlecht ist die Lage aber auch bei Coiffeur- und Kosmetikstudios sowie Gebäudereinigungs- und Instandhaltungsfirmen. Sie mussten ihre Geschäfte massenhaft schliessen.
Die Anzahl Konkurse im Bereich Gastgewerbe und Unterhaltung, der unter der Corona-Krise besonders stark leidet, liege dagegen weiterhin auf dem Wert des langfristigen Trends.
«Die aktuelle Corona-Welle zieht die Konjunktur wieder nach unten», sagen die beiden KOF-Experten Florian Eckert und Heiner Mikosch. «Die Politik sollte in dieser Situation weitere Massnahmen zur Stützung der Wirtschaft prüfen und bereit sein, zu handeln, falls sich die Lage weiter zuspitzt.»
Bundesrat mit Hochrisikostrategie
Auch andere Ökonomen fordern mehr Haltung von der Politik. Mehr Stärke. Mehr Intervention. Anfang Woche veröffentlichen fast 50 Wirtschaftsexperten eine gemeinsame Erklärung, worin sie einen zweiten Lockdown und weitere Staatsgelder fordern. «Um weiteren Schaden durch die Corona-Pandemie abzuwenden.»
«Selbst wenn man einen engen ökonomischen Massstab anlegt, sind die Gesamtkosten eines gut organisierten Lockdowns kleiner als die der derzeitig geltenden weniger einschränkenden Massnahmen», heisst es. «Diese sind nicht nur ökonomisch desaströs, sondern führen auch zu einer höheren Todesrate.»
Zweiter Corona-Lockdown: Schweizer Ökonomen schreiben Brief
Marius Brülhart, Professor für Volkswirtschaft an der Uni Lausanne, stützt diese Aussagen. Als Mitglied der Science-Task-Force im Kampf gegen die Pandemie hat er den offenen Brief nicht mitunterzeichnet. In einem Interview mit den Tamedia-Medien sagt er aber: «Wir segeln hart Wind.» Und: «Der Bundesrat fährt eine Hochrisikostrategie».
Verliere der Bundesrat, sagt Brülhart, heisse das, dass die Spitäler nicht mehr nachkommen mit der Versorgung von Patienten. «Das wäre schlimm, in erster Linie für die Betroffenen, aber auch für das Vertrauen der Bevölkerung und den Ruf unseres Landes.»