Zu wenige Flüge, zu viele Passagiere: Der Abbau von Personal während der Coronapandemie hat die Airline-Branche in ein Chaos gestürzt. Lange Schlangen beim Check-in, Koffer-Chaos bei der Ankunft, gestrichene Flüge rund um den Globus zeigen, wie gross das Desaster ist.
Nun hat eine US-Airline noch einen draufgesetzt und lockt Passagiere eines überbuchten Fluges mit einer Prämie, auf den Flug zu verzichten. Wer es also nicht ganz so eilig hat, kann beim Fliegen unter Umständen viel Geld verdienen. Denn je näher der Abflugzeitpunkt, desto höher die Prämie.
Das berichten mehrere Passagiere eines Fluges der US-Airline Delta. Das extreme Angebot: Wer auf seinen Sitzplatz verzichtete, hätte 10'000 Dollar bekommen, wie unter anderem SStern.de schreibt. So geschehen am Gate eines Delta-Fluges zwischen den beiden US-Bundesstaaten Michigan und Minnesota. Der vierstündige Inlandflug war um acht Plätze überbucht.
Die Prämie steigt
Also griff die Crew zu einer verzweifelten Aktion und versuchte, die wartenden Passagiere mit immer höheren Geldbeträge davon zu überzeugen, auf den Platz im Flugzeug zu verzichten. «Wenn Sie Apple Pay haben, bekommen Sie das Geld sofort», versuchte eine Stewardess dem amerikanischen Journalisten Jason Aten den Verbleib am Boden schmackhaft zu machen. Vorerst vergeblich, niemand von den Passagieren liess sich zunächst davon überzeugen, den Sitzplatz abzugeben.
Beim Einstiegsangebot von 5000 Dollar schlug keiner ein. Doch die Zeit drängte, die Not der Crew wurde immer grösser und die Bleibe-Prämie ging steil nach oben: Mit Beginn des Einsteigens kletterte das Angebot auf 7500 Dollar. Doch selbst bei diesem Preis liess sich das Problem mit den überbuchten Plätzen nicht komplett lösen. Als die meisten Passagiere schon an Bord waren, legte die Delta-Crew noch einen drauf und bot 10'000 Dollar in bar für denjenigen, der jetzt noch auf den Flug verzichtete.
Passgiere nehmen Angebot an
Ein Passagier erklärte gegenüber «Fortune», warum er trotz der horrenden Prämie seinen Platz im Flugzeug nicht räumen wollte. «Meine Frau hat gesundheitliche Probleme und kann nicht alleine reisen», so Todd McCrumb. «Sie wollte aber auch nicht aussteigen, weil sie es wegen der Probleme kaum abwarten konnte, nach Hause zu kommen.» Sie seien deswegen an Bord geblieben.
Offenbar haben aber einige Passagiere das Angebot angenommen, wie Journalist Aten schreibt und sich darüber ärgert, nicht auf die Bleibe-Prämie eingestiegen zu sein: «Wir waren ursprünglich nicht darauf angesprungen, weil wir nicht wussten, um wie viele Plätze es geht», erzählt er. Seine Reisegruppe umfasste acht Teilnehmer. «Hätten wir gewusst, dass sie acht Leute suchen, wären wir ausgestiegen. Aber als das bekannt wurde, waren bereits vier oder fünf andere auf das Angebot eingegangen.» Zu Hause gab es dann nochmals Ärger, da seine Frau alles andere erfreut gewesen sei, dass er die Prämie ausgeschlagen hatte.
Und was sagt Delta zu dem extremen Angebot? Nicht viel! Versteckt sich hinter Floskeln und bestätigt gegenüber «Fortune» das konkrete Angebot nicht. Sagt aber: «Dass man eine Kompensation anbieten kann, erlaubt unseren Mitarbeitern, die Flugzeuge rechtzeitig starten zu lassen.» Das scheint auf eine in der Branche weit verbreitete Praxis zu sein, auch wenn es wohl in den allermeisten Fällen nicht zu solchen extremen Angeboten kommt. (koh)