In den vergangenen zwölf Monaten haben sich viele Unternehmen eine Verschnaufpause gegönnt: Der Markt für Fusionen und Übernahmen, auch Mergers & Acquisitions (M&A) genannt, ist im abgelaufenen Jahr ins Stottern geraten. Um satte 41 Prozent ging das Transaktionsvolumen von Unternehmen mit Schweizer Beteiligung 2023 zurück, wie das M&A-Beratungsunternehmens The Corporate Finance Group (TCFG) in einer aktuellen Analyse ermittelt hat.
Schuld am rückläufigen Übernahmegeschäft sind vor allem zwei Faktoren: «Die höheren Zinsen haben das M&A-Geschäft belastet, obwohl die von vielen Beobachtern und Beobachterinnen prognostizierte Rezession nicht eingetreten ist und das reale globale Wachstum bei immerhin rund 3 Prozent lag. Die weiterhin bestehenden wirtschaftlichen Unsicherheiten haben aber dazu geführt, dass sich die M&A-Märkte noch nicht wieder erholt haben», sagt Marc Möckli, Partner bei TCFG. Dabei ging das Schweizer Volumen prozentual stärker zurück als die weltweiten M&A-Transaktionen insgesamt, die 2023 wertmässig um 27 Prozent abnahmen.
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Die üblichen Verdächtigen bei den grössten Deals von Schweizer Unternehmen kommen traditionell aus dem Pharma- und Rohstoffsektor. So auch im 2023: Sieben der zehn grössten Deals wurden von Glencore, Novartis oder Roche eingetütet.
Glencore besonders hartnäckig
Eine besondere Hartnäckigkeit bewies dabei der Rohstoffriese Glencore gleich in zwei Fällen: Nachdem man 2017 schon einmal vergeblich versucht hatte, das Agrargeschäft der Tochter Viterra mit dem US-Konzern Bunge zu vereinigen, klappte es jetzt sechs Jahre später endlich mit dem Agrar-Merger. Das Transaktionsvolumen des gesamten Deals umfasst rund 7 Billionen Franken – der grösste Deal des Jahres mit Schweizer Beteiligung.
Und Glencore-CEO Gary Nagle hat nach einem monatelangen Übernahmekampf auch beim kanadischen Bergbauunternehmen Teck seinen Fuss in die Tür bekommen: Er beteiligt sich mit Glencore für 6,2 Milliarden Franken mit 77 Prozent an der Teck-Kohlensparte Elk Valley Resources. Nagle will die Kohlensparte von Elk mit der Kohlensparte von Glencore zu einem grossen Konzern vereinigen und dann das hochprofitable Geschäft an die Börse bringen.
Pharmabranche ist vom Wirtschaftszyklus entkoppelt
Unabhängig vom Wirtschaftszyklus zeigt sich die Pharmabranche. «Im Gegensatz zu den meisten übrigen Branchen ist das Transaktionsvolumen deutlich angestiegen, wieder angetrieben von Milliardendeals der Branchengrössen Novartis und Roche», so Möckli. Novartis setzt mit dem Kauf von Chinook auf die Behandlung von Nierenerkrankungen. 3,1 Milliarden Dollar gibt Novartis dafür aus. Roche überweist 6,5 Milliarden Franken für Telavant Holdings, den Hersteller eines Mittels für entzündliche Darmerkrankungen.
Zurückhaltend verhielten sich hingegen angesichts der deutlich höheren Fremdfinanzierungskosten Private-Equity-Unternehmen. Grosse Transaktionen waren hier selten zu beobachten. Das M&A-Jahr 2023 wurde damit von strategischen Käufern geprägt und in der Schweiz von einem Deal für die Wirtschaftsgeschichtsbücher: die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS für 3,2 Milliarden Franken. Mit diesem Verkaufspreis schaffte es der Untergang der CS allerdings nur auf den fünften Platz der grössten Übernahmen.
«Wie auch in den Vorjahren haben mehr Schweizer Unternehmen Gesellschaften im Ausland übernommen als umgekehrt», hat TCFG ermittelt. «Von einem Ausverkauf der Heimat kann nach wie vor keine Rede sein», heisst es beim Beratungsunternehmen.
Hoffnung für 2024
Mit Blick auf das wahrscheinliche Ende des Zinsanstiegs haben sich die Aktienmärkte Ende 2023 deutlich erholt. Daher gehen die Expertinnen und Experten von TCFG davon aus, dass sich diese Erholung im laufenden Jahr auch auf den M&A-Markt überträgt. Die Bewertungen befänden sich wieder auf dem aufsteigenden Ast, und mit möglicherweise sinkenden Zinsen bestehe weiteres Aufwärtspotenzial auch auf den privaten Märkten.
Damit werden die M&A-Märkte aus Verkäufersicht wieder interessanter, und solide finanzierte Käufer dürften auf ein vergrössertes Angebot treffen. «In der Schweiz rechnen wir weiterhin mit einem soliden Dealflow bei Nachfolgeregelungen sowie mit kleineren und mittelgrossen Transaktionen. Grössere transformative Deals dürften weiterhin auf sich warten lassen. Synergien und Kosteneinsparungen werden bei Transaktionen weiterhin im Fokus stehen, aber auch die Suche nach Wachstum und Innovationen, beispielsweise bezüglich künstlicher Intelligenz, Digitalisierung und erneuerbarer Energien», so Möckli. Damit sind die Voraussetzungen für eine wieder stärkere Aktivität bei Fusionen und Übernahmen im 2024 gegeben.