Noch sind die Lohnsysteme von Credit Suisse und UBS nicht synchronisiert. Noch haben CS-Mitarbeitende, die bei der UBS unterkommen, ihre alten CS-Verträge. Doch das wird sich schnell ändern, spätestens nach der Vollintegration in zwei Jahren.
Es geht aber auch früher. Eines der Ziele für 2024 erklärte die UBS an der Ergebnispräsentation im Herbst 2023: Zusammenführung der juristischen Personen bei den grossen Einheiten. Konkret: Bis Ende dieses Jahres werden die bisherigen UBS-Regeln zumindest bei den zentralen Divisionen konzernweit durchgesetzt sein.
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Das hat Auswirkungen auf viele Arbeitsverträge – und Vergütungsmodelle. Zumindest bei jenen, die neu in die Schweiz-Einheit von Sabine Keller-Busse wechseln. Für viele bisherige CS-Angestellte bedeutet das: weniger Bonus, mehr Durchgreifen bei Fehlverhalten oder Verlusten und ein neues Pensionskassenregime. Der Reihe nach:
Clawbacks/Rückforderungen: Wenig geschätzt bei der Credit Suisse
Der Londoner Betrugsbanker Kweku Adoboli löste 2011 mit Hochrisikogeschäften, die zu riesigen Verlusten führten, ein Beben in der UBS aus, das letztlich zum Rücktritt von Konzernchef Oswald Grübel führte. In der Folge lancierte Nachfolger Sergio Ermotti 2012 die Möglichkeit für Rückforderungen von bereits bezogenen Zahlungen ein, genannt Clawbacks. Diese sollten auch gelten, wenn eine Einheit rote Zahlen schreibt, wie dies 2012 bei der Investmentbank der Fall war, worauf die UBS bei den Topverdienenden die Hälfte des Bonus zurückforderte. Einer der grössten Rückgriffe, die es bei Banken je gab, wie das «Wall Street Journal» erstaunt feststellte.
Die CS sah keinen Grund für eine solche Risikobremse, sondern setzte weiter auf finanzielle Anreize aller Art. Das Branchenportal «E-Financial Careers» schrieb: «Die beste Bank für Boni, die nicht rückerstattet werden müssen, heisst Credit Suisse.»
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Erst 2022, also elf Jahre nach dem Adoboli-Fall, führte die CS diese Rückforderungsmöglichkeit doch noch ein, und zwar nicht freiwillig, sondern auf Geheiss der US-Börsenaufsicht SEC. Im Entlöhnungsbericht 2022 schrieb die Bank wenig begeistert, man werde jetzt auf Vorgabe der Aufsicht «Minimalstandards für eine Clawback-Politik» einführen.
Dass nun Ermotti nach der Notübernahme der CS dieses Clawback-Prinzip durchsetzt, sorgt für Gesprächsstoff. Selbst Klagen vor Gericht gegen die UBS werden deswegen angestrebt. Doch Ermotti hat klare Vorstellungen: «Es sollte für die Bank oder die Aufsichtsbehörde einfacher sein, gegen Personen vorzugehen, die ihre Pflichten grob vernachlässigt haben», sagte er unlängst auf einem Podium in Zug.
Pensionskasse: Bitte keine Verwässerung oder Umverteilung
Die Pensionskassen von UBS und CS sind mächtige Player. Sie zählen zusammen 38’000 Versicherte (davon 20’000 von der UBS) und 27’000 Rentenbezügerinnen und -bezüger (davon 16’000 von der UBS). Die Kassen werden erfolgreich geführt und verfügen per Ende 2023 über solide Reserven.
Nachdem klar ist, dass die CS Schweiz nicht verselbstständigt, sondern in die UBS Schweiz integriert wird, soll dies auch mit den Pensionskassen geschehen: Aus zwei mach eins. Derzeit wird ein Zusammengehen geprüft, bestätigte die CS-Pensionskasse. Sie will aber auf jeden Fall «eine Verwässerung» verhindern, also eine Verschlechterung des hohen Deckungsgrades von 130 Prozent. Man verweist auf die Fusion von Bankgesellschaft und Bankverein 1997, wo die Überschüsse der Pensionskassen nach Bank getrennt an die Versicherten ausbezahlt wurden. Daran will sie bei einem allfälligen Merger nicht rütteln.
Noch ist es nicht so weit. Doch angesichts der Integrationsstrategie der UBS wäre es eine Überraschung, wenn es früher oder später nicht zu einer Fusion käme. Das reduziert Komplexität und senkt Kosten. Und: Es entstünde bei einer Fusion die grösste Pensionskasse im Land, vor Migros, Coop oder jener des Bundes.
Timing einer allfälligen Fusion gibt heftig zu reden
Allerdings gibts für ein Zusammengehen eine Differenz: Bei der UBS sind die Arbeitgeberbeiträge höher, dafür der Umwandlungssatz tiefer. Derweilen kennt die CS 1e-Pläne; sie ermöglichen Kaderleuten, ihre überobligatorischen Vorsorgeguthaben nach eigenem Gusto zu investieren und den Aktienanteil bis auf 75 Prozent hochzufahren – bei vollem Risiko. Zudem ist eine Umverteilung auf andere Versicherte innerhalb der PK blockiert. Alles Ingredienzen, die bestens zum Freestyle-Banking der Credit Suisse passen. Diese hat die 1e-Angebote subito nach der gesetzlichen Zulassung im Jahr 2020 eingeführt. Anders die UBS: Sie hat, wie Recherchen zeigen, nach einer eingehenden Prüfung auf diese Sparpläne verzichtet.
Intern gibt bei der CS das Timing einer allfälligen Fusion heftig zu reden, denn die Aktien aus der 1e-Lösung müssten dann verkauft werden. Das kann in einer Börsenflaute unvorteilhaft sein. Theoretisch möglich wäre, dass die UBS-PK im überobligatorischen Bereich – bei Einkommen über 132’000 Franken – neu auch eine 1e-Lösung für ihre Kaderleute anböte. Als Bank offeriert sie diese schon ihrer Kundschaft, und zwar in der UBS-Optio-e-Sammelstiftung – «unsere moderne Lösung im Bereich der überobligatorischen beruflichen Vorsorge», wie die Bank für das Offering wirbt.
Bonus: Die Gier bei der Credit Suisse
Die Credit Suisse war immer kreativ beim Aufsetzen von Boni. Hätte die CS unter Ulrich Körner die Kurve gekratzt, wäre ein exklusiver «Transformation Award» zur Auszahlung gekommen. 70 Millionen Franken für die Geschäftsleitung, 280 Millionen fürs obere und 200 fürs mittlere Kader. Dazu gabs das STI-Programm, den Long-term-Incentive-Award (LTI) oder die «Share Awards».
Auch bei den «Risk Takers», den Regenmachern, war die CS eine Klasse für sich: Sie hielt 1450 dieser Schlüsselspielerinnen und -spieler in ihren Reihen, denen allein aus dem Bonustopf alljährlich 2 Milliarden zuflossen. Die grössere UBS kam mit der Hälfte an Risk Takers aus, nämlich 675 Personen. Das Resultat über die letzten elf Jahre: Die CS zahlte über die 40 Milliarden an Boni aus, während die Aktionäre und Aktionärinnen mit Brosamen abgefunden wurden.
Wer keine Zukunft bei der neuen UBS sieht, sucht seit ein paar Monaten nach einem schnellen Exit. Das tun gemäss «Financial Times» CS-Kaderleute in London. Sie wollen weg, bevor ihnen ein Bonus zugeteilt wird. Denn sie fürchten, dass sie den variablen Lohnteil 2024 brav versteuern müssen und riskieren, dass sie ihn in ein paar Jahren allenfalls zurückzahlen müssen. Da haben es jene besser, die einen blauen Brief erhalten haben, denn die UBS hat sich verpflichtet, bei Entlassenen keine Jagd auf bereits ausgezahlte Boni zu machen.
Ehemalige CS-Kader schiessen sich auf Finma ein
Unklar ist, was mit den Rückhalteboni geschieht, welche die CS unter Körner 2022 grosszügig versprach. Die Rede ist von einer Gesamtsumme von 800 Millionen. Diese Boni sollen über Jahre ausbezahlt werden – falls sie nicht vorher gestrichen werden. Es ist ohnehin kein gutes Geschäft, denn der ihnen zustehende Aktienanteil wird nun in UBS-Aktien ausbezahlt, zu einem Umtauschverhältnis von 23 zu 1.
Auch hier gibt juristischen Ärger, denn ehemalige CS-Kader schiessen sich auf die Finma ein. Sie hat für eine Streichung der AT1-Anleihen plädiert, womit auch Hunderte von Millionen aufgeschobener Bonuszahlungen, die gemäss «Contingent Capital Award» (CCA) bis ins Jahr 2014 zurückreichen, verdampften. Immerhin warnte die CS bei Einführung des CCA-Plans im «Compensation Report» korrekt: Beim Eintreten eines Grossereignisses «verlieren sie ihren Wert und werden auf null abgeschrieben». Die Höchststrafe für einen bonusgetriebenen CS-Banker.
Denn die obersten Kaderleute in der Bank sind ganz anders sozialisiert - kassieren, wos nur geht. So hält die Finma in ihrem CS-Analysebericht von 2023 trocken fest: «Die Bank setzte über all die Jahre mit den hohen variablen Vergütungen, die über die Zeit quasi einem Fixum nahekamen, Fehlanreize, die den kurzfristigen monetären Erfolg auf Kosten der Entwicklung einer gesunden Risikokultur förderten.» Selbst im Pleitejahr 2022 gab es keinen Grund zur Zurückhaltung. Das Jahresergebnis sackte zwar auf minus 7,3 Milliarden Franken ab, doch die variable Vergütung blieb auf 1,75 Milliarden. Dabei wiederholte die Bank in jedem Vergütungsbericht gerne ihr oberstes Prinzip: «Pay-for-performance». Bis zu ihrem Untergang.