Auf einen Blick
- US-Konzerne beenden Diversitätsprogramme, Google entfernt DEI-Daten aus dem Kalender
- Trump verbietet DEI in US-Behörden, viele Unternehmen folgen dem Trend
- Kritiker befürchten Diskriminierung benachteiligter Gruppen bei der Einstellung
Immer mehr US-Konzerne beerdigen ihre Diversitätsprogramme. Jüngstes Beispiel: Der Google-Kalender zeigt künftig «woke» Daten wie den Pride Month oder den Black History Month nicht mehr an.
Der Internetkonzern schwimmt damit auf der Welle der Gegenreaktionen gegen DEI. Die Abkürzung steht für «Diversity, Equity and Inclusion», auf Deutsch: Vielfalt, Gleichheit und Inklusion. Der neue US-Präsident Donald Trump (78) ist seit langem ein Gegner dieser Vielfaltsinitiativen von amerikanischen Firmen. Nach seiner Rückkehr ins Weisse Haus verbot er DEI in den amerikanischen Behörden per Dekret.
Welche Firmen folgen dem Vorbild des Präsidenten und wie begründen sie ihr Vorgehen? Und was sagen Kritiker? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zum Anti-DEI-Trend.
Welche Firmen wenden sich von DEI ab?
Viele der grössten US-Firmen haben in den letzten Monaten ihre Diversitätsprogramme zurückgefahren oder eingestellt. Für Schlagzeilen sorgten unter anderem die Änderungen bei Facebook-Mutter Meta, den Detailhändlern Walmart und Target sowie bei Amazon und Ford.
Doch zahlreiche weitere Firmen stampften ihre Diversitätsprogramme im Stillen ein. Der US-Radiosender NPR nennt Disney, Google, GM, GE, Pepsi, Intel, PayPal, Chipotle, Comcast, 3M, Regeneron und Philip Morris. Der Schweizer Pharmakonzern Novartis löschte seine Diversity-Seite in den USA, ebenso wie der Detailhändler Aldi Süd aus Deutschland. Andere Schweizer Konzerne mit starker US-Präsenz haben bis jetzt keine Änderungen vorgenommen. Dafür wandten sich gewisse amerikanische Unternehmen unter dem Druck rechter Influencer bereits vor Trumps Amtsantritt von DEI ab: so etwa Harley Davidson und John Deere im letzten Jahr.
Was ändern die Firmen konkret?
Neben symbolischen Massnahmen wie bei Novartis änderten viele andere Firmen ihre Einstellungspolitik. So löschte Intel das bisherige Ziel von 25 Prozent Frauen in Führungspositionen aus dem Unternehmensbericht 2024, der letzte Woche erschien.
Google informierte die Mitarbeiter Anfang Februar per Mail, dass es keine Einstellungsziele mehr geben wird, um die Vielfalt zu verbessern. Und auch Meta und McDonalds kappten in den letzten Wochen Programme, um eine diversere Belegschaft zu erhalten.
Wie begründen die Firmen ihren Rückzug?
DEI ist in den USA höchst umstritten. Kritiker werfen den Programmen vor, bestimmte Gruppen zu bevorzugen und andere zu diskriminieren. Das betonen auch die wenigen Unternehmen, die sich zu ihrem Politikwechsel äusserten.
Der Begriff «DEI» sei «politisch aufgeladen», begründete Meta-Managerin Janelle Gale den Rückzug gegenüber CNN. Er suggeriere «eine Vorzugsbehandlung einiger Gruppen gegenüber anderen».
Doch es ist klar, dass Trump eine Rolle spielt: «Die rechtliche und politische Landschaft in den USA verändert sich», so Gale weiter. Trump bezeichnet die Diversitätsprogramme immer wieder als «illegal».
Hintergrund ist ein Urteil des Obersten Gerichtshofs von 2023, das Diskriminierung aufgrund angeborener Eigenschaften verbietet. In dem Fall ging es um unterschiedliche Zulassungsbedingungen aufgrund der Hautfarbe an US-Universitäten. Zu den DEI-Programmen von privaten Firmen gibt es bisher aber keinen Entscheid des Obersten Gerichtshofs.
Gibt es Kritik am Aus von DEI?
Befürworter von DEI sehen in den Initiativen einen Weg hin zu Chancengleichheit für Minderheiten oder Menschen mit Behinderung. Sie befürchten nun im Zug der Anti-DEI-Welle eine Diskriminierung benachteiligter Gruppen bei der Einstellung.
Zudem seien manche Programme auch wirtschaftlich sinnvoll, sagte Daniela Frau, Diversitätsbeauftragte der ZHAW der «Bilanz». Und weiter: «Bei Diversity und Inklusion geht es nicht nur um die Repräsentanz von Minderheiten, sondern darum, allen die Möglichkeit zu geben, sich zu entfalten und ihre Kompetenz einzusetzen.» Die Abkehr von DEI-Programmen bezeichnete sie deshalb als «opportunistisch».
Der Schweizer Pharmakonzern Roche hat den Internetauftritt jedenfalls noch nicht angepasst. Mitbesitzer André Hoffmann (66) teilte in der «FT» gegen Trump aus: «51 Prozent der Amerikaner glauben, dass ein korrupter alter Mann ihr Leben verbessern wird? Ich bin überzeugt, dass das nicht eintreffen wird.»