Die Credit Suisse steckt in einem grossen Dilemma: Top-Leute überlegen es sich nach den vielen Skandalen der letzten Jahre derzeit zweimal, ob sie wirklich bei der CS anheuern wollen. Doch nicht nur das: Auch viele Angestellten der zweitgrössten Schweizer Bank haben genug davon, in ihrem Umfeld dauernd auf die Verfehlungen ihres Arbeitgebers angesprochen zu werden oder dumme Sprüche zu ernten.
Erst vor sechs Tagen präsentierte der damalige CEO Thomas Gottstein (58) die Quartalszahlen mit einem Verlust von 1,6 Milliarden Franken und nahm seinen Hut. Die Bank setzte Ulrich Körner (59) als internen Nachfolger ein und kündigte eine umfassende Strukturerneuerung an.
Mehr als 60 Top-Leute abgewandert
Bei deren Umsetzung ist die CS jedoch auf Top-Banker angewiesen – und gerade diese scheinen der Bank derzeit reihenweise davonzulaufen, wie das Wirtschaftsportal Cash.ch schreibt. In den letzten 18 Monaten sollen mehr als 60 Top-Leute abgewandert sein.
Damit der Exodus ein Ende nimmt, hat die Bank seit Ende Juni innerhalb eines Monats aufgeschobene Prämien in Höhe von 289 Millionen Franken an ihre Mitarbeiter verteilt. Zum Vergleich: 2021 hatte die CS im ganzen Jahr aufgeschobene Vergütungen von 395 Millionen Franken ausgezahlt, nachdem die Bank das letzte Jahr mit 1,6 Milliarden Verlust beendet hat.
Nun fährt sie in einem einzigen Quartal einen Verlust von 1,6 Milliarden ein und verteilt 289 Millionen an ihre Mitarbeiter.
Bleibeprämien fürs Personal
Marc Chesney (63), Finanzprofessor der Universität Zürich, übte bereits im März Kritik an der Entlohnungspolitik der CS: «Wer Risiken eingeht und dafür am Gewinn partizipiert, soll auch für allfällige Verluste haften.» Das sei das Grundprinzip des Liberalismus.
Neben den Bonuszahlungen hat die CS in den vergangenen Monaten weitere Massnahmen ergriffen, damit talentierte Bankerinnen und Banker bleiben. Im Vergütungsbericht zum letzten Jahr hob die Bank hervor, dass man in dieser herausfordernden Zeit wichtige Talente an die Bank binden wolle.
Die CS hat deswegen ihre variablen Vergütungen reduziert, dafür aber Bleibeprämien eingeführt. Wer frühzeitig wechselt, muss einen Teil der Boni zurückbezahlen. Das kam bei den Kaderleuten wenig überraschend überhaupt nicht gut an. (smt)