Grosses Kino am Montag in Zürich. Im grossen Supermarkt am Hauptsitz, zwischen Rüebli, Salaten und Äpfeln, tritt die Migros-Chefetage vor den Journalisten an die Öffentlichkeit. In ihrem Einkaufswagen: Neuerungen für Kundinnen und Kunden beim täglichen Einkauf, die durch den grössten Umbau der Geschichte des Dutti-Konzerns jetzt möglich werden. Besser, billiger und moderner: Die Migros verkauft die grosse Offensive im Supermarkt-Geschäft vor allem über den Preis. Damit greift sie die Discounter an. Selbst ihre hauseigene Speerspitze gegen die deutschen Aldi und Lidl – Denner – ist davon nicht ausgenommen, macht es den Anschein.
Per sofort führt die Migros in den Supermärkten den Tiefpreis ein. Über 1000 Produkte des täglichen Bedarfs sollen «auf Discount-Niveau» bis kommendes Jahr gesenkt werden. Darunter Gurken, Tomaten, Kartoffeln oder Rüebli in einem ersten Schritt bis Ende 2024, aber auch Convenience-Produkte und vieles mehr. Alle Preislagen vom M-Budget bis Bio sind von den Preissenkungen betroffen. «Unübersehbar» sollen die Produkte in den Regalen sein, gekennzeichnet mit einem gelbem Schild mit dem Wort «Tiefpreis» drauf. So was kannte man bislang nicht vom orangen Riesen.
Gut 500 Millionen Franken nimmt die Migros dafür in den kommenden fünf Jahren in die Hand. «Es sind alles Artikel mit einer hohen Relevanz beim Alltagseinkauf. Es gibt definitiv keinen Grund mehr, zum Discounter zu gehen», sagt der neue Supermarkt-Chef Peter Diethelm (58). Selbst wenn die Discount-Konkurrenten die Preise senken würden, wie zuletzt Aldi beim Fleisch, werde die Migros nachziehen und die Tiefpreise ebenfalls senken, verspricht Diethelm. Eine überraschende, kämpferische Aussage. Denn sein Vorhaben spielt auch in die Preispolitik von Denner rein. Offenbar nimmt er in Kauf, dass Kunden nicht mehr so oft beim Discounter einkaufen, dieser unter dem Strich an Profitabilität einbüsst und die Migros als Gruppe schliesslich Schlagkraft verliert.
M-Budget-Linie bleibt, Abgrenzung zu Tiefpreis unklar
Ganz so weit kommt es wohl nicht. Denn mit Mario Irminger (59) sitzt ein ehemaliger Denner-CEO auf dem Chefposten der Migros. Er kennt den Konkurrenzkampf im Discount in- und auswendig. Nicht ohne Grund sind die Tiefpreisprodukte der Migros auf 1000 (bei einem Sortiment von total 40'000 Supermarktartikeln) beschränkt. Damit will die Migros Kunden zurück in die Supermärkte holen, die sie an die Discount-Konkurrenz verloren hat. Bei Letzteren gibt es alles zum Tiefpreis, es fehlt den Discountern aber mit nur 2500 bis 3000 Produkten die Sortimentstiefe, wie Irminger betont. Im Fokus der Tiefpreise seien hauptsächlich Eigenmarken aus der Migros-Industrie. Die machen derzeit 78 Prozent des Supermarktsortiments aus, der Anteil soll auf über 80 Prozent steigen. Sie sollen mehr Gewicht und Prominenz in den Filialen bekommen. An der Abgrenzung der Tiefpreis-Artikel zu Produkten und Preisen der Billiglinie soll derweil noch gefeilt werden. Fest steht aber: «Die M-Budget-Linie als eigene Linie bleibt bestehen.»
Verlustbringer wie Melectronics und SportX sind bereits verkauft, die Namen der Käufer von Micasa, Hotelplan, Mibelle und Do it + Garden dürften in wenigen Monaten feststehen. «Die Transformation der Migros ist auf Kurs und zeigt Wirkung», sagt Ursula Nold (55), Präsidentin der Verwaltung des Migros-Genossenschafts-Bunds. «Nun können Kundinnen und Kunden die ersten Früchte ernten.» Insgesamt 2,5 Milliarden Franken wirft die Migros dafür in den nächsten fünf Jahren auf. Die Eckpfeiler ihrer neuen Supermarktstrategie sind:
- Tiefpreise für über 1000 Alltagsprodukte: 60 Produkte per sofort, noch mal so viele bis Ende 2024, der Rest im kommenden Jahr. Eine halbe Milliarde steckt die Migros in die Preissenkungen.
- Mehr Eigenmarken mit besserer Qualität: Über 200 Eigenmarken zählt die Migros. Teilweise sind sie Kult, wie der Eistee und das Handy-Spülmittel. Der Anteil an Eigenprodukten in den Migros-Filialen soll von derzeit 78 auf gut 80 Prozent steigen.
- Mehr Frische und Regionalität: Die Migros will ihre Frische-Kette vom Produzenten bis in die Filiale optimieren.
- Eröffnung von 140 neuen Filialen: Mehrheitlich betreffen die Neueröffnungen kleine M-Filialen in Gebieten, in denen die Bevölkerung stark wächst. 30 der neuen Filialen laufen unter dem Voi-Konzept, Quartierläden im Franchising. 200'000 zusätzliche Haushalte will die Migros damit erreichen.
- Modernisierung von 350 Filialen: Bestehende Supermärkte erhalten ein einheitliches, frisches Erscheinungsbild. Zwei Milliarden steckt die Migros in neue und modernisierte Filialen, deren Gesamtzahl bis 2030 auf 930 wächst. Ulrich Rotzinger
Verlustbringer wie Melectronics und SportX sind bereits verkauft, die Namen der Käufer von Micasa, Hotelplan, Mibelle und Do it + Garden dürften in wenigen Monaten feststehen. «Die Transformation der Migros ist auf Kurs und zeigt Wirkung», sagt Ursula Nold (55), Präsidentin der Verwaltung des Migros-Genossenschafts-Bunds. «Nun können Kundinnen und Kunden die ersten Früchte ernten.» Insgesamt 2,5 Milliarden Franken wirft die Migros dafür in den nächsten fünf Jahren auf. Die Eckpfeiler ihrer neuen Supermarktstrategie sind:
- Tiefpreise für über 1000 Alltagsprodukte: 60 Produkte per sofort, noch mal so viele bis Ende 2024, der Rest im kommenden Jahr. Eine halbe Milliarde steckt die Migros in die Preissenkungen.
- Mehr Eigenmarken mit besserer Qualität: Über 200 Eigenmarken zählt die Migros. Teilweise sind sie Kult, wie der Eistee und das Handy-Spülmittel. Der Anteil an Eigenprodukten in den Migros-Filialen soll von derzeit 78 auf gut 80 Prozent steigen.
- Mehr Frische und Regionalität: Die Migros will ihre Frische-Kette vom Produzenten bis in die Filiale optimieren.
- Eröffnung von 140 neuen Filialen: Mehrheitlich betreffen die Neueröffnungen kleine M-Filialen in Gebieten, in denen die Bevölkerung stark wächst. 30 der neuen Filialen laufen unter dem Voi-Konzept, Quartierläden im Franchising. 200'000 zusätzliche Haushalte will die Migros damit erreichen.
- Modernisierung von 350 Filialen: Bestehende Supermärkte erhalten ein einheitliches, frisches Erscheinungsbild. Zwei Milliarden steckt die Migros in neue und modernisierte Filialen, deren Gesamtzahl bis 2030 auf 930 wächst. Ulrich Rotzinger
Auf die Blick-Frage, ob die Migros Denner nicht gerade überflüssig mache, kontert Irminger: «Denner ist der Migros nach wie vor wichtig.» Und Ursula Nold (55), Präsidentin der Verwaltung des Migros-Genossenschafts-Bundes, ergänzt: «Alkohol wird unsere Kundschaft auch künftig nur bei Denner finden.»
Migros-Gewinn wird wegen Kundenoffensive tiefer ausfallen
Bei diesen Preissenkungen: Wie stehts dann um die Qualität im Migros-Supermarkt? Auch hier orten die Migros-Verantwortlichen Verbesserungspotenzial. Die Migros hat in den vergangenen zehn Jahren wesentliche Marktanteile an Aldi, Lidl, aber auch Coop verloren. Hat sich mit unterschiedlichen Filialkonzepten verzettelt und die Modernisierung verschlafen. Die Profitabilität hat sich in diesem Zeitraum gemäss eigenen Aussagen halbiert. Irminger will die Migros wieder «zum Taktgeber im Schweizer Detailhandel machen». Und Diethelm kündigt an: «Die Kundschaft erhält künftig mehr für ihr Geld – nicht nur quantitativ im Warenkorb, sondern ebenso qualitativ.»
Für die Tiefpreis-Offensive nimmt die Migros in Kauf, dass der Gruppen-Gewinn tiefer ausfällt. «Die Migros kann sich das als Genossenschaft leisten», sagt Ursula Nold. Migros-Chef Irminger ergänzt, dass auch dank des Verkaufs der verlustreichen Geschäfte und Effizienzgewinnen Mittel für die Supermarkt-Kunden zur Verfügung stünden. Und er betont, dass die tieferen Preise nicht auf Kosten der Landwirte und Produzenten gehen. Sowohl Kundinnen und Kunden als auch die Bauern werden die Migros-Führung hier wohl ganz genau beim Wort nehmen.