Mieterinnen und Mieter müssen sich auf dicke Post gefasst machen: Schon in den nächsten Tagen dürften vielen von ihnen eine Mietzinserhöhung ins Haus flattern. Weil der Referenzzinssatz steigt, dürfen Vermieter den Mietzins nun um drei Prozent anheben – sofern sie auch die vorherigen Senkungen weitergegeben haben. Konkret sind aktuell all jene Miethaushalte betroffen, deren Mietvertrag auf einem Referenzzinssatz von 1,25 Prozent beruht.
Swiss Life, UBS und Zurich erhöhen
Immobilienexperten rechnen damit, dass viele Verwaltungen und Eigentümer eine Mietzinserhöhung bei dieser Gelegenheit durchsetzen werden. Blick hat bei den grossen Immobilienbesitzern und -verwaltern der Schweiz nachgefragt.
Bei der Swiss Life erhalten über 20'000 Mieterinnen und Mieter im November 2023 eine Mietzinserhöhung von rund drei Prozent. Im Wohnungsportfolio des einst grössten Immobilienbesitzers der Schweiz beruhen rund 55 Prozent der Mietverträge auf einem Referenzzinssatz von 1,25 Prozent. «Das entspricht konkret rund 21'000 Wohnungsmietverträgen», konkretisiert Swiss Life gegenüber Blick.
Mehr zum Referenzzinssatz
Der Immobilieneigentümerin Zurich Schweiz wird die Mieten ebenfalls bei allen Miethaushalten erhöhen, deren Vertrag noch auf einem Referenzzinssatz von 1,25 Prozent beruht. Wie viele das sind, gibt Zurich nicht bekannt. Ähnlich schwammig bleibt die Immobilienbesitzerin UBS: Die Bank wird für einen Teil ihres Liegenschaftsportfolios die Mietzinsen anpassen, heisst es auf Anfrage.
Die grosse kleine Ausnahme
Für die städtischen Wohnungen von Zürich und Bern steht der Entscheid noch aus. Bisher hat Bern Senkungen des Referenzzinssatzes jeweils unaufgefordert weitergegeben. Sie könnte die Mietzinsen somit nun auch erhöhen. Ob das passieren wird, bleibt offen.
Mieterinnen und Mieter in SBB-Immobilien können sich derweil glücklich schätzen. «Derzeit sind bei den SBB keine Mietzinsanpassungen vorgesehen», sagt Sprecherin Sabrina Schellenberg zu Blick. Schade nur, dass sich nur ein paar wenige Mieter darüber freuen können. Denn die SBB haben auf dem Wohnungsmarkt kaum Gewicht. Die von den SBB selbst vermieteten Wohnungen machen nur rund 0,1 Prozent des schweizerischen Mietwohnungsmarkts aus.
Der Immobilienverwalter Wincasa hält sich derweil bedeckt. «Ob es eine Mietzinsanpassung aufgrund der Referenzzinssatzanpassung gibt, liegt im Ermessen der Eigentümer», schreibt Wincasa. Da die Verwaltung für verschiedene Immobilieneigentümer arbeitet, gebe es keine einheitliche Umsetzung. Genaue Zahlen will Wincasa nicht nennen. Auch der Immoverwalter Livit lässt sich nicht in die Karten blicken.
Die Zeit drängt
Dabei dürften alle längst wissen, wie viele Briefe sie in den nächsten Tagen auf die Post bringen müssen. Denn die Zeit drängt. Vermieter können den Mietzins nur unter Einhaltung der Kündigungsfrist anpassen. Zudem müssen zehn Tage Bedenkfrist miteingerechnet werden. Die Ankündigung der Mietzinsänderung muss also mindestens zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist beim Mietenden eintreffen.
Dass die Mietzinserhöhung Sprengpotenzial hat, ist den Akteuren offenbar klar. «Es ist uns bewusst, dass die Situation für viele Mietende nicht einfach ist», schreibt Wincasa etwa. Neben der Energiekrise, der allgemeinen Teuerung und dem angespannten Wohnungsmarkt kommen nun möglicherweise zusätzliche Mehrkosten in Form von Mietzinserhöhungen auf sie zu.
Die Teuerung kommt obendrauf
Ein Verzicht auf eine Anhebung wegen der eh schon hohen Teuerung ist trotzdem kaum ein Thema. Im Gegenteil: Viele Vermieter wollen nebst dem Referenzzinssatz auch die Teuerung auf die Mieter abwälzen. So etwa die Zurich, die Allreal und die Swiss Life. «Auf individueller Vertragsbasis prüfen wir auch die Weitergabe von weiteren Faktoren wie der Teuerung oder von allgemeinen Kostensteigerungen», heisst es bei Swiss Life.
Beim Hauseigentümerverband rechnet man derweil damit, dass die Drähte in den kommenden Tagen heiss laufen. Zwar weiss der Verband nicht, wie viele der Hauseigentümer und Vermieter die Mietzinsen erhöhen werden.
«Aus Erfahrungen von früher wissen wir jedoch, dass es unseren Mitgliedern ein Bedürfnis ist, korrekt zu handeln», sagt Sprecherin Anita Stecher. «Es entspricht einem Gebot der Fairness, dass Vermieter, die die Referenzzinssatzsenkungen an die Mieter weitergaben, jetzt auch erhöhen können.»