Wem droht jetzt eine Mietzinserhöhung?
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Mieterverband gibt Antwort:Wem droht jetzt eine Mietzinserhöhung?

Einsprachefrist läuft bald ab
Die wichtigen Antworten den teils saftigen Mietzinserhöhungen

Die Einschreiben der Verwaltungen haben die Haushalte erreicht. Weil der Referenzzinssatz steigt, dürfen Vermieter die Mietzinsen erhöhen. Für Miethaushalte lohnt es sich jedoch, die Anpassung genau zu prüfen. Nicht jede Preiserhöhung ist erlaubt.
Publiziert: 23.06.2023 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.11.2023 um 10:17 Uhr
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Viele Mieterinnen und Mieter haben bereits ein Schreiben des Vermieters erhalten. Im Bild: Wohnung in der Giesserei in Winterthur.
Foto: Keystone
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Dorothea VollenweiderRedaktorin Wirtschaft

Als der Pöstler kürzlich bei Blick-Leserin Patricia W.* (51) klingelte, hatte die Mieterin bereits eine Vorahnung, was sich im Umschlag des eingeschriebenen Briefs befinden könnte. «Ich dachte sofort an die Mietzinserhöhung», sagt P. W. Das Bundesamt für Wohnungswesen hatte am 1. Juni 2023 den Referenzzinssatz erhöht, so viel wusste die Mieterin. Ihr war klar: Das kann eine Mietzinserhöhung zur Folge haben. Überrascht war sie dann trotzdem. «Die Höhe des Anstiegs hat mich erstaunt», sagt sie zu Blick.

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W. wohnt seit knapp drei Jahren in einer 3-Zimmer-Wohnung in Thalwil ZH. Der private Vermieter von W. macht nicht nur den Anstieg des Referenzzinssatzes geltend. Er führt auch die Teuerung sowie eine Kostensteigerung an. Für die 51-Jährige heisst das: Die Miete steigt ab Oktober um 154 Franken pro Monat auf 2434 Franken. Das sind 6,7 Prozent mehr als bisher. W. fragt sich, ob eine Erhöhung in diesem Umfang überhaupt erlaubt ist. Sie dürfte damit nicht alleine sein. Wie sie das prüfen und was sie tun kann – Blick hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wer muss jetzt mit einer Mieterhöhung rechnen?

Das Bundesamt für Wohnungswesen hat am 1. Juni 2023 den Referenzzinssatz erhöht. Gut die Hälfte aller Schweizer Miethaushalte muss deshalb mit einem Brief des Vermieters rechnen. Laut Immobilienberater Wüest Partner sind genau 54 Prozent aller Mietverträge aktuell an den alten Referenzzinssatz von 1,25 Prozent gebunden – neu beträgt er 1,5 Prozent. Dieser Anstieg berechtigt zu einer Erhöhung der Nettomieten um drei Prozent.

Wie schnell können Vermieter höhere Mietzinsen einfordern?

Vermieter können den Mietzins nur unter Einhaltung der Kündigungsfrist anpassen. Bei Mietwohnungen sind das meist drei Monate. Das kann aber je nach Mietvertrag und Region variieren. Eine Übersicht zu den ortsüblichen Kündigungsterminen in der Schweiz gibt es auf der Wohnungsplattform Immoscout24. Weiter müssen zehn Tage Bedenkfrist miteingerechnet werden. Die Ankündigung der Mietzinsänderung muss also mindestens zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist beim Mietenden eintreffen.

Werden Vermieter die Erhöhung tatsächlich durchsetzen?

Es ist jedem Vermieter selbst überlassen, eine Mietzinserhöhung vorzunehmen. Der Mieterinnen- und Mieterverband der Schweiz geht davon aus, dass die meisten die Gelegenheit für eine Mietzinserhöhung nutzen werden.

Wie lange haben die Vermieter dafür Zeit?

Die Immobilienbesitzer müssen sich an die Kündigungsfrist und die zehntägige Bedenkzeit halten. Wenn sie den ersten möglichen Kündigungstermin verpassen, verschiebt sich die Möglichkeit einer Erhöhung um einen Monat oder länger, je nachdem, wie die Kündigungstermine im Mietvertrag geregelt sind.

Gibt es Gründe, die gegen eine Mietzinserhöhung sprechen?

«Die gibt es», sagt Fabian Gloor (38). «Aber nur, wenn die Senkung des Referenzzinssatzes in den vergangenen Jahren nicht an die Mieter weitergegeben wurden», sagt der Jurist beim Mieterinnen- und Mieterverband Deutschschweiz. Seit der Einführung des Referenzzinssatzes sank dieser von 3,5 auf 1,25 Prozent. Wer im Vertrag noch einen Referenzzinssatz von 1,5 Prozent oder höher hat, darf den Mietzins jetzt nicht erhöhen. Weitere mögliche Gründe: individuelle Absprachen, bereits erfolgte Mietpreisanhebungen, beispielsweise wegen wertvermehrender Investitionen, oder die Neuvermietung von Wohnungen mit verhältnismässig hohen Mieten.

Welche Rechte haben die Mieter?

«Mieterinnen und Mieter sollten als Erstes schauen, ob die Mietzinserhöhung korrekt erfolgt ist», sagt Gloor. Vermieter müssen nämlich gewisse Formalitäten zwingend einhalten. Für eine Mietzinserhöhung müssen sie ein amtliches Formular verwenden und die Kündigungsfrist einhalten. Sie müssen die Mietzinserhöhung zudem korrekt begründen.

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Gloor rät Mietern zudem, den Aufschlag genau zu prüfen. Der Mieterverband hat dafür einen Onlinerechner eingerichtet. «Falsche Mietzinserhöhungen können angefochten werden», sagt Gloor. Dafür haben Mieter 30 Tage Zeit. Nach 30 Tagen gilt der Mietzins als akzeptiert. Man muss die Erhöhung also unbedingt rechtzeitig überprüfen. «Für Mieter ist es wichtig, zu wissen, dass sie selbst aktiv werden müssen», sagt Gloor. Sie sollten ihren Mietvertrag prüfen: Auf welchen Referenzzinssatz basiert der Mietzins? Ist es nicht der aktuelle, darf der Vermieter auch nicht rauf.

Wie können Mieter dagegen vorgehen?

Wollen Mieterinnen und Mieter dagegen vorgehen, müssen sie bei Ihrer zuständigen Schlichtungsbehörde eine Anfechtung einreichen. Die Schlichtungsbehörde wird die Sachlage zwischen Mieter und Vermieter klären und eine Lösung suchen. Das Verfahren ist kostenlos. Ziel einer Schlichtung ist es, sich zu einigen, bevor es zu einem Gerichtsverfahren kommt.

Schnell die Wohnung wechseln – bringts das?

Die Wohnung zu wechseln, weil der Vermieter den Mietzins erhöht, lohnt sich nicht. Denn die sogenannten Angebotsmieten ausgeschriebener Wohnungen werden den marktüblichen Mieten angepasst. Aktuell heisst das: Sie sind deutlich höher als Bestandsmieten. Besonders, wenn man schon seit Jahren in derselben Wohnung lebt, lohnt sich ein Wechsel finanziell nicht.

Steigt der Referenzzinssatz – und da mit auch die Mieten – weiter?

Immobilien-Expertinnen erwarten weitere Zinsschritte. Der nächste kommt voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2023 oder Anfang 2024. Laut der ZKB könnten bis 2027 insgesamt fünf weitere Zinserhöhungen folgen. Allein durch den Anstieg des Referenzzinssatzes ergibt sich ein Potenzial für Mieterhöhungen von gut 15 Prozent. Das schenkt ein.

Das wichtigste zum Referenzzinssatz

1. Was ist eigentlich ein hypothekarischer Referenzzinssatz?
Der Referenzzinssatz ist eine der Richtgrössen für die Wohnungsmieten. Durch ihn können Veränderungen des Hypothekarzinsniveaus auf die Mieter übertragen werden. Der Referenzzinssatz bildet also die Kosten ab, die dem Hauseigentümer zur Finanzierung einer Liegenschaft entstehen.

2. Wofür braucht es den Referenzzinssatz?
Er ist massgebend für die Mieten der meisten Mietwohnungen – ausgeschlossen sind beispielsweise Genossenschaftswohnungen, deren Mietzinse einer staatlichen Kontrolle unterliegen.

3. Wann wurde der Referenzzinssatz eingeführt?
Der Referenzzinssatz wurde 2008 eingeführt. Ziel war es, die Mietzinsgestaltung landesweit zu harmonisieren. Seit seinem Bestehen ist er von 3,5 auf 1,25 Prozent gesunken. Im Juni 2023 gab es nun die erste Erhöhung auf 1,5 Prozent seit der Einführung.

4. Kann eine Veränderung des Referenzzinssatzes zu einer Erhöhung des Mietzinses führen?
Ja, wenn der Zinssatz steigt, können Vermieter darauf abgestützt die Mieten um 3 Prozent erhöhen. Allerdings nur dann, wenn der Mietvertrag auf dem aktuellen Referenzzinssatz von 1,25 Prozent beruht.

5. Können Mieter aufgrund des Referenzzinssatzes tiefere Mieten verlangen?
Ja, das können sie, wenn der Referenzzinssatz sinkt. Wer schon mehrere Jahre in derselben Wohnung lebt und bisher nie eine Mietzinssenkung beantragt hat, der kann sogar geltend machen, dass der Referenzzinssatz im Laufe der Zeit mehrfach gesunken ist. Eine Senkung des Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte entspricht einer Senkung des Mietzinses um rund 2,9 Prozent. Allerdings haben die Vermieter die Möglichkeit, Mietzinssenkungen aufgrund des Hypothekarzinses mit gestiegenen Betriebs- und Unterhaltskosten der Liegenschaft zu verrechnen. Gewisse Vermieter gewähren Mietzinssenkungen von sich aus automatisch.

6. Wie wird der Zinssatz eigentlich berechnet?
Der Referenzzinssatz entspricht dem volumengewichteten durchschnittlichen Zinssatz aller Hypothekarforderungen von Schweizer Banken. Ausgerechnet wird der Satz von der Schweizerischen Nationalbank im Auftrag des Bundesamtes für Wohnungswesen. Die Banken müssen der Nationalbank dafür die notwendigen Daten zur Verfügung stellen. Der aus den Berechnungen resultierende Durchschnittssatz wird danach auf ein Viertelprozent auf- oder abgerundet. Dorothea Vollenweider

1. Was ist eigentlich ein hypothekarischer Referenzzinssatz?
Der Referenzzinssatz ist eine der Richtgrössen für die Wohnungsmieten. Durch ihn können Veränderungen des Hypothekarzinsniveaus auf die Mieter übertragen werden. Der Referenzzinssatz bildet also die Kosten ab, die dem Hauseigentümer zur Finanzierung einer Liegenschaft entstehen.

2. Wofür braucht es den Referenzzinssatz?
Er ist massgebend für die Mieten der meisten Mietwohnungen – ausgeschlossen sind beispielsweise Genossenschaftswohnungen, deren Mietzinse einer staatlichen Kontrolle unterliegen.

3. Wann wurde der Referenzzinssatz eingeführt?
Der Referenzzinssatz wurde 2008 eingeführt. Ziel war es, die Mietzinsgestaltung landesweit zu harmonisieren. Seit seinem Bestehen ist er von 3,5 auf 1,25 Prozent gesunken. Im Juni 2023 gab es nun die erste Erhöhung auf 1,5 Prozent seit der Einführung.

4. Kann eine Veränderung des Referenzzinssatzes zu einer Erhöhung des Mietzinses führen?
Ja, wenn der Zinssatz steigt, können Vermieter darauf abgestützt die Mieten um 3 Prozent erhöhen. Allerdings nur dann, wenn der Mietvertrag auf dem aktuellen Referenzzinssatz von 1,25 Prozent beruht.

5. Können Mieter aufgrund des Referenzzinssatzes tiefere Mieten verlangen?
Ja, das können sie, wenn der Referenzzinssatz sinkt. Wer schon mehrere Jahre in derselben Wohnung lebt und bisher nie eine Mietzinssenkung beantragt hat, der kann sogar geltend machen, dass der Referenzzinssatz im Laufe der Zeit mehrfach gesunken ist. Eine Senkung des Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte entspricht einer Senkung des Mietzinses um rund 2,9 Prozent. Allerdings haben die Vermieter die Möglichkeit, Mietzinssenkungen aufgrund des Hypothekarzinses mit gestiegenen Betriebs- und Unterhaltskosten der Liegenschaft zu verrechnen. Gewisse Vermieter gewähren Mietzinssenkungen von sich aus automatisch.

6. Wie wird der Zinssatz eigentlich berechnet?
Der Referenzzinssatz entspricht dem volumengewichteten durchschnittlichen Zinssatz aller Hypothekarforderungen von Schweizer Banken. Ausgerechnet wird der Satz von der Schweizerischen Nationalbank im Auftrag des Bundesamtes für Wohnungswesen. Die Banken müssen der Nationalbank dafür die notwendigen Daten zur Verfügung stellen. Der aus den Berechnungen resultierende Durchschnittssatz wird danach auf ein Viertelprozent auf- oder abgerundet. Dorothea Vollenweider

Können Vermieter die Teuerung bei der Erhöhung auch gleich mit einberechnen?

Ja. Grundsätzlich kann der Vermietende zusätzlich 40 Prozent der Teuerung weitergeben sowie rund 0,5 Prozent allgemeine Kostensteigerungen pro Jahr. Wie gross der Aufschlag ausfällt, hängt davon ab, wie hoch die Teuerung seit dem Zeitpunkt der letzten Mietzinsfestlegung war. In den vergangenen fünf Jahren beispielsweise betrug die Teuerung 5,34 Prozent. 40 Prozent davon, also 2,14 Prozent, dürften dann an den Mieter weitergegeben werden.

Darf der Vermieter die Teuerung zusätzlich weitergeben?
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Noch dickere Post:Darf der Vermieter die Teuerung zusätzlich weitergeben?

Können Mieter die Senkungen des Referenzzinssatzes aus der Vergangenheit rückwirkend noch geltend machen?

Da das Mietgesetz den Vermietern nicht vorschreibt, Mietsenkungen automatisch weiterzugeben, ist es nicht erstaunlich, dass längst nicht alle Mieten reduziert wurden. Eine Auswertung des Bundesamts für Statistik zeigt, dass nach der letzten Referenzzinssatzsenkung im Jahr 2020 bei weniger als 30 Prozent die Mieten gesenkt wurden. Bei allen anderen sei rückwirkend noch grundsätzlich eine Senkung möglich, sagt Gloor. Es ist aber wichtig, dass Mieterinnen vorher rasch durchrechnen, ob sie tatsächlich zu einer Senkung berechtigt sind. Nur wer im Vertrag noch einen Referenzzinssatz von mehr als 1,5 Prozent hat, darf eine Senkung beantragen. «Die Teuerung und die allgemeine Kostensteigerung können eine Senkung jedoch kompensieren», weiss Gloor. Es komme deshalb immer auf den Einzelfall an, und eine pauschale Empfehlung sei fast nicht möglich.

Gibt es Mietverhältnisse, die nicht auf dem Referenzzinssatz beruhen?

Der Referenzzinssatz ist massgebend für die Mieten der meisten Mietwohnungen – aber nicht für alle. Ausgeschlossen sind beispielsweise Genossenschaftswohnungen und subventionierte Wohnräume, deren Mietzinse einer staatlichen Kontrolle unterliegen. Auch indexierte Mietverträge sind unabhängig vom Referenzzinssatz.

Genossenschaften wenden in der Regel die Kostenmiete an, die den tatsächlichen Hypothekarzinssatz berücksichtigt und nicht den Referenzzinssatz. Teilweise stützen sie sich jedoch trotzdem auf ihn. Kein Thema ist bei den Genossenschaften eine pauschale Weitergabe der Teuerung, weil bei der Kostenmiete nur tatsächliche Kostensteigerungen, etwa für den Unterhalt, weitergegeben werden dürfen.

Höhere Mieten belasten das Haushaltsbudget zusätzlich – und was ist mit den Nebenkosten?

Auch die Nebenkosten fallen dieses Jahr höher aus. Die Nebenkosten werden meist unabhängig vom Mietzins abgerechnet, sind also nicht Teil der Mietzinserhöhung, die nun ansteht. Doch die Nebenkostenabrechnung, die bei vielen Mieterinnen und Mietern Ende Juli eintrifft, wird das Wohnbudget dieses Jahr zusätzlich belasten. Die Kosten für Heizöl, Strom und Gas sind gestiegen. Das stellen Vermieter ihren Anwohnern in Rechnung.

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