20'000 Menschen sterben in der Schweiz jedes Jahr an Herzinfarkten, Bluthochdruck und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das entspricht mehr als jedem vierten Todesfall. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind damit die häufigste Todesursache in der Schweiz und weltweit. Jetzt scheint eine Lösung für die Sterbeursache Nummer 1 erstmals in Griffweite.
Die Abnehmspritzen des Pharmaunternehmens Novo Nordisk reduzieren das Risiko für Herzinfarkte um 28 Prozent, jenes für Schlaganfälle um sieben und das Sterberisiko insgesamt um 19 Prozent. Das geht aus Studienergebnissen hervor, die die dänische Pharmafirma am Wochenende an einem Kongress in Philadelphia (USA) vorstellte.
Mehr zur Abnehmspritze
Martin Lange (53), Entwicklungschef bei Novo Nordisk, nannte die Studienergebnisse «bahnbrechend». Die Wissenschaftsgemeinschaft sei auf dem Weg in eine «neue Ära des Umgangs mit Adipositas» und den mit Übergewicht einhergehenden Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wird Lange in einer Mitteilung zitiert. Laut US-Medien brach das Publikum an der Fachmesse in Philadelphia bei der Präsentation der Studienergebnisse in Beifallsstürme aus.
Lieferengpässe wegen Promi-Hype
Die Novo-Nordisk-Abnehmspritzen Wegovy (für Übergewichtige) und Ozempic (für Diabetiker) mit dem Wirkstoff Semaglutid werden seit Monaten gehypet. Die neuen Studienergebnisse belegen nun erstmals, dass die Spritzen nicht nur die Pfunde purzeln lassen, sondern auch die Todesfälle merklich reduzieren. 17'600 übergewichtige Erwachsene waren Teil der Studie.
Die Studie dürfte auch Bedenken ausräumen, ob die Kosten für die Fett-weg-Spritzen von den Krankenkassen übernommen werden sollen. In der Schweiz ist der Listenpreis für Wegovy noch nicht klar. In den USA kostet das Medikament 1300 Dollar pro Monat.
Problematischer als die Finanzierung ist derzeit für viele Übergewichtige aber sowieso die Verfügbarkeit der Spritzen: In der Schweiz ist das Medikament seit anderthalb Jahren zugelassen, jedoch erst seit wenigen Tagen auch tatsächlich erhältlich. Es bestehen weltweite Lieferengpässe.
Das liegt auch daran, dass Promis wie Kim Kardashian (43) und Elon Musk (52) die Spritzen zur Gewichtsabnahme selbst für Normalgewichtige propagieren. Hierzulande ist Wegovy allerdings nur auf ärztliches Rezept erhältlich. Zum Zug kommen sollen jene, die aufgrund ihres starken Übergewichts und damit einhergehender Begleiterkrankungen am dringendsten darauf angewiesen sind.
Schweizer Pharmabranche hat den Anschluss verpasst
Patienten spritzen sich den Wirkstoff einmal pro Woche in den Bauch, den Oberschenkel oder den Oberarm. Die Spritze hemmt das Hungergefühl.
Auch andere Pharmafirmen sind in der Zwischenzeit auf den Zug mit den Fett-weg-Spritzen aufgesprungen: Der US-Konzern Eli Lilly hat gerade eben eine Zulassungserweiterung für seine Spritze Zepbound erhalten. Bisher kam das Medikament bei Diabetikern zum Einsatz, neu darf es auch an Fettleibige ohne Diabetes verschrieben werden. Der britische Pharmakonzern Astrazeneca tüftelt derweil an einer Abnehmpille.
Grosse Abwesende im Rennen um den Kampf gegen die Pfunde sind hingegen die Schweizer Pharmamultis: Weder Novartis noch Roche haben in diesem Bereich Medikamente in der Pipeline.