Dafür profitieren Airlines
Neue Fett-weg-Spritzen bedrohen McDonald’s und Pepsi

In den USA spritzen sich Millionen Menschen dünner. Das bedroht Fastfood- und Süssgetränkefirmen. Dagegen erhalten Airline-Aktien Aufwind.
Publiziert: 24.10.2023 um 11:14 Uhr
|
Aktualisiert: 15.01.2024 um 08:33 Uhr
1/5
Wenn alle Übergewichtigen Fett-Weg-Medikamente nehmen würden, wird es für McDonalds eng.
Foto: Getty Images/EyeEm
Harry Büsser
Handelszeitung

Neue Fett-weg-Medikamente finden reissenden Absatz in den USA. Allein in den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres sind neun Millionen Rezepte für solche Medikamente ausgestellt worden, wie der US-Fernsehsender CNBC aufgrund von Daten der Gesundheitsdienstleister berichtet. Insgesamt hat sich die Anzahl ausgestellter Rezepte seit dem Jahr 2020 vervierfacht. Dies, obwohl eine Behandlung in den USA zwischen 900 und 1300 US-Dollar pro Monat kostet.

Nicht nur in den USA sind Fett-weg-Medikamente wie Ozempic gefragt, sondern auch in der Schweiz. So gefragt, dass der Apothekerverband derzeit die Kunden nur noch limitiert bedienen kann. Zuerst kämen die Diabetes-Patienten an die Reihe, für welche die Medikamente eigentlich zugelassen seien, sagte ein Verbandssprecher gegenüber dem Schweizer SRF. Aber immer mehr nutzen die Medikamente, um damit abzunehmen, was sozusagen als Nebeneffekt des Wirkstoffes geschätzt wird.

Fett-weg-Medikamente in der Schweiz

Allerdings müssen jene, die nur abnehmen wollen, das Medikament in der Schweiz selber bezahlen, während die Kosten für Diabetes-Patienten von der Krankenkasse übernommen werden. Als Diabetes-Medikamente mit Fett-weg-Nebenwirkung sind in der Schweiz Ozempic von der dänischen Firma Novo Nordisk erhältlich und Mounjaro vom US-Konzern Eli Lilly. Bald soll auch Wegovy erhältlich sein, das von Novo Nordisk zur Behandlung von Fettleibigkeit in den USA bereits zugelassen ist.

Werbung für die Fett-weg-Spritze «Wegovy» in New York.
Foto: imago/Levine-Roberts

Von der hohen Nachfrage nach diesen Fett-weg-Medikamenten profitieren natürlich die Aktien der Anbieter Novo Nordisk und Eli Lilly. Auch zwei Schweizer Firmen verdienen direkt daran mit. Die Firma Bachem kann den Wirkstoff des Medikaments für die beiden Anbieter herstellen. Und Ypsomed kann sich um die Verpackung der Produkte kümmern, die gespritzt werden müssen – die Pharmaindustrie arbeitet daran, Pillen zum Abnehmen anbieten zu können.

Neben diesen direkten Profiteuren wird es auch sehr viele Verlierer rund um die Fett-weg-Spritzen geben. In einer Studie legt die englische Bank Barclays sogar nahe, dass es sich lohnen könnte, auf einen Konkurs von McDonald’s und PepsiCo zu wetten, indem man sogenannte Credit Default Swaps (CDS) kauft. Das sind jene Instrumente, mit denen sich Spekulanten schon im Juli 2022 für einen Konkurs der Credit Suisse wappneten.

Bei McDonald’s sind die Kurse der CDS (noch) nicht wirklich gestiegen, und es scheint doch etwas übertrieben, auf einen Konkurs zu spekulieren. Aber die Umsätze von McDonald’s und PepsiCo werden stark leiden, wenn die Welt dünner wird, vor allem die US-Welt. Dort sind 70 Prozent der Menschen übergewichtig und 40 Prozent sogar fettleibig.

Neun Millionen weniger Big Macs pro Tag

Mit Fett-weg-Medikamenten wie Ozempic verlieren sie im Schnitt 11 Prozent an Gewicht und nehmen 24 Prozent weniger Kalorien zu sich. Dies, weil der Wirkstoff in diesen Medikamenten schneller ein Sättigungsgefühl erzeugt. Zudem bleibe das Essen länger im Magen, was das Völlegefühl anhalten lässt.

Wenn man von einem durchschnittlichen Kalorienverbrauch von 2200 Kalorien ausgeht, dann würde eine Reduktion um 24 Prozent ziemlich genau einen Big Mac pro Tag weniger bedeuten. Wenn 9 Millionen Amerikaner einen Big Mac pro Tag weniger essen, sind das Milliarden weniger Einnahmen für McDonald’s.

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.

Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.

Wenn alle Übergewichtigen Ozempic nehmen würden, wird es nicht nur für McDonald’s eng, sondern für die gesamte Fast-Food-Industrie und Snackhersteller wie Mondelez. Zudem auch für Süssgetränkehersteller wie PepsiCo und Coca-Cola. Genau das prophezeit die Studie von Barclays.

Erste Auswirkungen im Kaufverhalten sieht der Chef der US-Firma Walmart, John Furner, bereits. Weil seine Firma nicht nur Essen und Getränke in 5200 Einkaufszentren verkauft, sondern auch Apotheken betreibt, kann er – in anonymisierter Form – verfolgen, dass jene, die Fett-weg-Medikamente nehmen, weniger einkaufen: Weniger Stückzahlen und weniger Kalorien.

Wenn sich die Menschen dünner spritzen, braucht auch Nestlé neue Geschäftsideen

Unter diesem Gesichtspunkt ist es kein Wunder, dass der Schweizer Nahrungsmittelmulti Nestlé seine Gesundheitssparte forciert. Zudem ist aus Sicht von Schweizer Anlegerinnen und Anlegern zu bedenken, dass auch Lindt & Sprüngli von den Fett-weg-Medikamenten empfindlich getroffen werden könnte.

Der Reigen der Verlierer könnte sich weit über Essen und Getränke hinauserstrecken. So gibt es mindestens anekdotische Evidenz, dass die Fett-weg-Medikamente auch die Lust auf Alkohol und Zigaretten zügeln. Das könnte die Alkoholkonzerne Anheuser Busch, Constellation Brands, Ambev und Diageo treffen sowie die Tabakkonzerne Altria, British American Tobacco und Philipp Morris International.

Zudem könnten auch einige Gesundheitsfirmen zu den Verlierern gehören, die einen grossen Anteil ihres Umsatzes mit Fettleibigen machen. Dazu gehört etwa die US-Firma Boston Scientific. Die Gesundheitsversorger dürften auch Umsatz verlieren, weil die Fett-weg-Medikamente nicht nur gegen Diabetes und Fettleibigkeit wirken, sondern auch das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskuläre Probleme reduzieren sollen.

Weiter könnte es auch einen Teil der Unterhaltungsbranche wie Fernsehstationen und Netflix treffen. Weil Studien gezeigt haben, dass Übergewichtige mehr und länger fernsehen. Wenn diese dünner werden, dürften sie sich mehr bewegen und weniger auf dem Sofa sitzen.

Wenn die Passagiere 5 Kilo abnehmen, macht United Airlines 80 Millionen Dollar mehr Gewinn

Neben vielen Verliererbranchen dürfte es auch Gewinner geben. Zum Beispiel die Flugzeugbranche. Denn diese hat zwei grosse Kostenblöcke: Personal und Kerosin. Und je weniger Gewicht ein Flugzeug tragen muss, desto weniger Kerosin wird verbraucht.

Ein Analyst der US-Investmentbank Jeffries hat berechnet, dass United Airlines über 80 Millionen Dollar pro Jahr einsparen könnte, wenn die Passagiere im Schnitt nur 5 Kilo leichter würden. So könnten die Fett-weg-Medikamente die Airline-Aktien beflügeln.

Dies alles setzt voraus, dass sich der Absatz von Fett-weg-Medikamenten weiter so stark entwickelt wie in den vergangenen drei Jahren. Alles weist derzeit daraufhin. Novo Nordisk ist inzwischen das wertvollste Unternehmen in Europa – mit einer Marktkapitalisierung von rund 340 Milliarden Dollar. Und es könnte noch viel wertvoller werden. Denn nicht nur Übergewichtige nutzen die Fett-weg-Medikamente, sondern auch Leute, die einfach fünf oder zehn Kilo zu viel loswerden wollen.

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?

Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.