Das Happy End vor zwei Wochen war doch keins. Obwohl die Innenräume der Restaurants seit Juni wieder geöffnet sind, gehen die Klagen der Gastrobranche weiter. «Wir haben grosse Mühe, gute Fachkräfte zu finden», sagte Casimir Platzer (59), Präsident des Branchenverbands Gastrosuisse, unlängst.
Die Konsequenz: Beizen haben zu wenig Personal – und profitieren von der Öffnung nicht. Einer der Gründe soll laut Platzer die Pandemie sein. Viele Angestellte hätten nach den vielen Lockdown-Monaten die Perspektive verloren und die Branche gewechselt.
Für die Klagen der Gastrobranche hat man in Bern allerdings kein Gehör mehr. Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), machte das vergangene Woche unmissverständlich klar. Er berief sich auf die Arbeitslosenquote im Bereich Gastronomie, die im Mai mit 9 Prozent nach wie vor überdurchschnittlich hoch war. «Angesichts dieser Zahlen kann ich diese Klagen der Gastwirte nicht nachvollziehen», sagte Zürcher. Und schickte einen Giftpfeil hinterher: «Es sollte eigentlich nicht wirklich schwierig sein, Personal zu rekrutieren.»
Über 50 Prozent zweifelt an Rückkehr
Doch jetzt zeigt eine aktuelle Umfrage von der Personalverleihplattform Coople, die Blick exklusiv vorliegt: Nur knapp jeder Zweite im Gastrogewerbe bekennt sich zur Beiz. Bei 1300 befragten Personen haben 45 Prozent angegeben, dass sie auch nach der Krise weiterhin in der Branche tätig sein wollen. Der Rest ist am Zweifeln und will sich noch nicht definitiv festlegen.
«Unsere Umfrage zeigt deutlich, dass es für Gastrobetriebe in der Schweiz aktuell schwierig ist, ihr angestammtes, erfahrenes Personal zurückzuholen, was ihre wirtschaftliche Erholung nach der Krise verlangsamt oder schlimmstenfalls unmöglich macht», sagt Coople-Geschäftsführer Yves Schneuwly.
Viele Angestellte bereits abgesprungen
Die Umfrageergebnisse geben Gastrosuisse-Chef Casimir Platzer im Streit mit dem Seco recht. Dieser sagt auf Blick-Anfrage: «Die Erhebungen von Coople bestätigen, dass wir wie auch viele andere vor allem gewerbliche Branchen Mühe haben, gute Fachkräfte zu finden, und dass sich das mit der Krise nun verschärft.» Leider seien viele Leute bereits abgesprungen und hätten die Branche gewechselt, weil sie so lange keine Perspektive gehabt haben.
Die hohe Arbeitslosenquote im Gastrobereich interpretiert Platzer anders als das Seco. «Diese Situation drängt viele Branchenangehörige dazu, sich nach einem Stellenverlust neu zu orientieren», sagt er zu Blick. Den Streit mit Bern will er aber nicht weiter anfachen. Platzer möchte stattdessen die Bemühungen der Restaurants ins Zentrum rücken. «Die Zahl der Nachfragen von Lehrstellensuchenden hat zum Glück in den letzten Wochen wieder deutlich zugenommen.»