Marcella Rossi (46) steht in der Küche der «Stadtkäserei» direkt am Gleis 18 beim Zürcher HB und bindet sich ihre graue Schürze um. Auf einer runden Holzplatte richtet sie verschiedene Käsesorten, Nüsse und Trockenfleisch an. Ein Servicemitarbeiter bringt das Plättli zum Gast hinaus auf die Terrasse. Rossi freut sich auf den morgigen Tag und die damit verbundene Öffnung: «Ich bin erleichtert, endlich wieder etwas tun zu können. Es waren lange Monate.» Die Köchin ist noch nicht lange bei der Stadtkäserei und sieht dem regulären Betrieb voller Erwartung entgegen: «Das wird eine tolle neue Herausforderung.»
Es ist der Neubeginn nach dem Super-GAU. Das letzte Jahr hat das Gastgewerbe für immer verändert. Zwar mussten laut der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) dank Härtefallgeldern deutlich weniger Firmen Konkurs anmelden, als es in normalen Zeiten zu erwarten gewesen wäre. Die grosse Konkurswelle stehe aber erst noch ins Haus, warnt der Arbeitgeberverband Gastrosuisse. Die Verschuldung in der Branche ist seit Ausbruch der Pandemie um fast 40 Prozent gestiegen.
Kündigungen gab es schon 2020 zuhauf. Zum Jahresende zählte die Schweizer Gastronomie rund 40'000 Beschäftigte weniger als im Vorjahr, weiss die Gewerkschaft Unia. Laut einer Umfrage von Gastrosuisse mussten mehr als ein Drittel der Gastbetriebe 2020 aus wirtschaftlichen Gründen Mitarbeiter entlassen. Auch wurden viele Stellen nach einem Abgang nicht neu besetzt. Daneben gab es in der Gastronomie auch andere Veränderungen. Rechts auf dieser Seite zeigt Ihnen SonntagsBlick, was neu ist in unseren Restaurants.
Quereinsteiger drängten in den Markt
Insbesondere Take-away und Delivery haben Gastbetriebe vielerorts ausgebaut. Damit konnten sie während der Pandemie wenigstens ein bisschen Umsatz machen. Einige wollten sich deshalb einen Food-Truck anschaffen, wie Andreas Seiler (34), Präsident des Foodtruck Verbands Schweiz, erklärt: «Je länger Corona dauerte, desto mehr Anfragen habe ich bekommen bezüglich Food-Truck-Gründungen und -Mieten.» Restaurants, aber auch Quereinsteiger drängten in die mobile Gastronomie. «Ein Grossteil dieser Anfragen war leider wenig durchdacht und ein bisschen Hals über Kopf», so Seiler.
Einfacher hatte es, wer schon vor Corona über Mitnehm- und Liefermöglichkeiten verfügte. Wie die Familie Wiesner GastronomieAG, die in verschiedenen Schweizer Städten Restaurantketten wie die Negishi Sushi Bar und The Butcher führt. Dank Take-away und Delivery hätten sie fast alle ihre Betriebe am Laufen halten können, sagt Daniel Wiesner (38), Co-Geschäftsführer der Familie Wiesner GastronomieAG. In Zukunft planten sie nur noch Lokale, die auch die beiden mobilen Standbeine beinhalten. Wiesner: «Das hilft, uns abzusichern, falls noch einmal ein Lockdown oder eine Pandemie kommt.»
Neue Konzepte werden ausprobiert
Die Stadtkäserei, die es erst seit August 2019 gibt, hat während der Schliessung an ihrem Betriebskonzept gefeilt. Anfangs hiess das Lokal noch Zur Werkstatt, weil es den Fokus auf Workshops und Kochseminare legte. Das tut es immer noch, doch jetzt spielt die hausinterne Käserei eine grössere Rolle.
In einem durch Glasscheiben abgetrennten Teil des Restaurants stellt Käser Philipp Lippuner (46) zwölf verschiedene Milchprodukte her – von Ziger über Joghurt bis hin zu Feta. Die Zeit während des Shutdowns hätten sie genutzt, so Lippuner: «Wir haben die gesamte Menükarte überarbeitet, damit diese noch klarer die Produkte der Käserei widerspiegelt.» Auch er freut sich auf den Montag: «Endlich geht es wieder los! Ich bin sehr gespannt auf das Feedback der Gäste zu unseren neuen Gerichten.»
Lippuners Freude teilen alle in der Gastrobranche, denn – Anpassung und Innovation hin oder her – nur mit Gästen in den Lokalen sind ihre Betriebe langfristig überlebensfähig.
Ab Montag dürfen Restaurants ihre Innenräume wieder öffnen. Auf diese Nachricht haben viele Schweizerinnen und Schweizer monatelang gewartet! Blick möchte ein Foto von deinem ersten Restaurant-Besuch sehen. Schick uns ein Foto von deinen Freunden, deiner Familie oder einfach von dir in einem Restaurant direkt über den Leserreporter-Eingang in der Blick-App (iOS / Android).
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