Staub, Züger, Scognamiglio
Diese Wirtschaftsvertreter haben es nicht ins Parlament geschafft

Nur eine Wirtschaftsgrösse löste ein Ticket nach Bundesbern, sonst reichte es niemandem. Auch nicht dem bekannten Vontobel-Banker Zeno Staub.
Publiziert: 23.10.2023 um 11:10 Uhr
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Aktualisiert: 15.01.2024 um 08:36 Uhr
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Der Wirtschaftsvertreter der Zürcher Mitte-Partei schaffte es nicht ins Parlament: Zeno Staub, Konzernchef der Bank Vontobel.
Foto: Siggi Bucher
Andreas Valda
Handelszeitung

Er hat für die Mitte-Partei kandidiert – und schaffte den Sprung nach Bundesbern nicht: Der ehemalige Vontobel-Chef Zeno Staub. Die Mitte hat gesamtschweizerisch laut Prognosen vom Sonntagabend um 0,8 Prozent an Wähleranteilen zugelegt. Im Kanton Zürich schaffte die Partei einen Wähleranteil von gar plus 2 Prozent. Dieser Sprung nach oben verhalf der Zürcher Mitte zu drei Nationalratssitzen – doch Zeno Staub befindet sich nicht unter den Gewählten. Die zwei zusätzlichen Mitte-Sitze haben andere gewonnen, darunter die Zürcher Mitte-Co-Parteipräsidentin Nicole Barandun. Sie gab sich in der Wahlwerbung als gewerbenah.

Zeno Staub hat sich verspekuliert mit seinem Plan, als Spitzenkandidat einer eigenen Wirtschafts-Unterwahlliste anzutreten. Sie heisst «Die Mitte – Wirtschaft und Gesellschaft AWG». Die «NZZ» nannte sie «eine etwas obskure und wohl auch chancenlose Untergruppe» der Partei, die ausserhalb fast unbekannt ist und aus bloss fünf Protagonisten besteht. Staub und seine Mitkämpfer schaffen es vorerst nicht, diese Gruppierung zu etablieren. Der «Handelszeitung» sagt er kürzlich, er brauche rund 30'000 Stimmen, um seine Wahl zu schaffen. Doch diese reichten nicht, die Latte lag höher, wie die Resultate zeigen: Die drittplatzierte Yvonne Bürgin erreichte mit 35'169 Stimmen den dritten Mitte-Nationalratssitz des Kantons.

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Handelszeitung» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.handelszeitung.ch.

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Staub weilt derzeit in Japan auf einer Geschäftsreise. In einer Stellungnahme in der Nacht auf Montag gratuliert er seiner Kantonalpartei für den Erfolg und bekräftigt, dass er weitermachen wolle. «Ich werde mein Engagement als Präsident der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Gesellschaft gestärkt fortsetzen», sagt er zur «Handelszeitung». Nach seinem Rücktritt als Vontobel-Chef im kommenden April werde er «die Hälfte» seiner Zeit für Politik und Gesellschaft einsetzen.

Staub ist nicht die einzige Wirtschaftsgrösse, die dieses Jahr für die eidgenössischen Wahlen kandidierte. Bis auf eine Ausnahme gelang es ihnen nicht, ein Ticket nach Bern zu lösen. Die «Handelszeitung» zeigt, welche Unternehmer angetreten sind, wem es für das Parlament reichte und wem nicht.

Gewählt: Simon Michel

Dem CEO von Ypsomed, Simon Michel, reichte es für den Einzug in den Nationalrat. Vertreter der Konzerne und der Dachverband Economiesuisse freuen sich über den Erfolg, denn seine Klasse ist im Parlament Mangelware. Nur Ems-Chefin Magdalena Martullo Blocher vertrat in der vergangenen Legislaturperiode zusammen mit dem abtretenden Ständerat Ruedi Noser diese Unternehmensgruppe, die den Grossteil der Unternehmenssteuern abliefert – in Zahlen bedeutet das über 10 Milliarden Franken pro Jahr.

Michel ist erst vor vier Wochen in den Ausschuss von Economiesuisse gewählt worden. Dieser Ausschuss steuert den Dachverband. Dieses Angebot zum Engagement scheint sich jetzt für den Dachverband auszuzahlen, denn dank dieser Wahl erhält er einen erstklassigen Vertreter in der Wirtschaftskommission des Nationalrates.

Top-Unternehmer Simon Michel, FDP, neu gewählter Nationalrat.
Foto: Keystone

Michel ist Gründer der Pro-Bilateralen-Bewegung Progressuisse mit sechshundert Mitgliedern. «Sie soll Aussenminister Ignazio Cassis bei den Verhandlungen den Rücken stärken», erklärte er kürzlich. Der Unternehmer sieht sie als Gegenpol zu den lautstarken EU-Gegnern im Wirtschaftslager: Autonomiesuisse, unter der Führung von Logistiker Hans-Jörg Bertschi, und Kompass Europa, unter der Führung von Aktionären der Partners Group.

Das Solothurner Unternehmen Ypsomed ist fast weltweit mit Injektions-Pens für Insulin-Patienten bekannt. Es ist an der Schweizer Börse kotiert. Sein Umsatz beträgt rund eine halbe Milliarde Franken. Eine Beschäftigung finden über 2200 Personen, davon der Grossteil in der Schweiz.

Für eine Stellungnahme war Michel am Sonntagabend nicht erreichbar.

Nicht gewählt: Donato Scognamiglio

Er hat in Zürich für die EVP kandidiert: der Immobiliendaten-Unternehmer Donato Scognamiglio. Es heisst, er habe von allen Kandidaten am meisten Geld ausgegeben, die Rede ist von über 300'000 Franken. Jetzt hat er es nicht geschafft. Die EVP hat gesamtschweizerisch an Wähleranteilen verloren. Im Kanton Zürich, wo er angetreten ist, schrumpfte dieser Anteil ebenfalls.

Ob er in vier Jahren wieder antritt, ist nicht bekannt. Derweil politisiert er für die Partei im Zürcher Kantonsparlament. Für ein Statement war er am Sonntagabend nicht zu erreichen.

Trat für die EVP im Kanton Zürich bei den Nationalratswahlen an: Der Iazi-Gründer Donato Scognamiglio.
Foto: Keystone

Scognamiglio ist gesamtschweizerisch der Immobilien- und Bankenbranche bekannt als ein Pionier für Immobiliendaten. Er ist der Mitgründer des Unternehmens Iazi. Die Firma ist zusammen mit Wüest Partner der bedeutendste Anbieter für Immobilienbewertung und Ratings für Portfolios von Renditeliegenschaften.

Nicht gewählt: Christof Züger

Der St. Galler Unternehmer und Chef der St. Galler Frischkäse-Herstellerin Züger Frischkäse hat ohne Erfolg für die FDP kandidiert. Als Unternehmer ist Züger aber erfolgreich, wie ein kürzlich publiziertes Porträt der «Handelszeitung» zeigt. Die Firma in Oberbüren SG meldete zuletzt 430 Mitarbeitende und 330 Millionen Franken Umsatz. Das KMU wurde unter anderem im Mozzarellamarkt stark und expandiert jetzt in der Sparte der streichbaren Frischkäse.

Kandidierte erfolglos für die FDP in St. Gallen: Unternehmenschef Christof Züger.
Foto: Keystone

Dier Markt ist hart umkämpft, den Ton geben ausländische Multis an: Cantadou von der französischen Bel Group, Tartare von der ebenfalls französischen Savenica und der Fresh-Cheese-Protagonist Philadelphia des US-amerikanischen Multis Mondelez. Züger versucht, mit seiner Schweizer Marke eine Scheibe in diesem international umkämpften Markt abzuschneiden.

Ob er in vier Jahren wieder kandidiert, ist nicht bekannt. Für eine Stellungnahme war der Unternehmenschef am Sonntagabend nicht erreichbar.

Nicht gewählt: Stefan Brupbacher

Er war lange Jahre die rechte Hand von Ex-Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (FDP). Seit seinem Ausscheiden beim Bund führt er als Direktor den Verband Swissmem, der die Schweizer Exportindustrie vertritt. In dieser Rolle vertritt er 1350 Firmen und 320‘000 Beschäftigte, darunter 20'000 Lernende. Stefan Brupbacher ist also so etwas wie der Mister Werkplatz Schweiz. Gerne hätte er diese Stimme in Parlament eingebracht, doch er schaffte es nicht. Die FDP hat keine Sitze hinzugewonnen, weder in Zürich noch in der Gesamtschweiz.

Hat es mit Wahlkampf für die FDP in Zürich versucht: Stefan Brupbacher, Direktor Swissmem.
Foto: Keystone

Brupbacher startete auf der FDP-Liste im Kanton Zürich auf Platz 11. Nach Wähleranteilen landete er auf Platz 8.

Warum die Kantonalpartei ihn so weit hinten aufstellte, mochten die Verantwortlichen der «Handelszeitung» nicht erklären. Kantonalparteipräsident Hans-Jakob Bösch, selber Kandidat und auf der Liste und weiter vorne als Brupbacher, lehnte einen Kommentar ab. Die FDP Zürich schickt fünf Abgeordnete nach Bern. Brupbacher steht jetzt auf dem dritten Ersatzplatz der kantonalen Parteistimmen.

Ober in vier Jahren wieder antreten will, lässt er offen. Auf eine Stellungnahme am Sonntagabend hat er verzichtet.

Etliche abgewählte Wirtschaftsvertreter

Insgesamt können die Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft auf einen ordentlichen Wahlgang blicken. Viele der Bisherigen, die wieder kandidiert haben, schafften den Wiedereinzug ins Parlament. Die bekannteste unter ihnen ist Magdalena Martullo-Blocher (SVP). Auch der St. Galler Marcel Dobler (FDP), Fabio Regazzi (Gewerbeverbandspräsident/Mitte), Gerhard Audrey (Grüne) und Jacqueline Badran (SP) sind darunter. Zwei der 44 Vertreter scheiden im Dezember freiwillig aus, darunter der Aargauer Mühlenunternehmer Hansjörg Knecht und IT-Unternehmer Ruedi Noser. Mit Michel stösst in der Wintersession zwei profilierte Wirtschaftsvertreter hinzu.

In einem zweiten Wahlgang antreten muss der Schaffhauser Unternehmer Thomas Minder (parteilos). Im ersten Wahlgang verpasste er das absolute Mehr, was aussergewöhnlich ist. Ein SP-Kandidat des Kantons hat mehr Stimmen erzielt als Minder.

In Genf hat der Zahnarzt und Kettenpraxis-Unternehmer Michel Matter (Grünliberale) seinen Sitz verloren. Er leistete sich eine teure Kampagne als Ständeratskandidat und scheitert jetzt sogar im Nationalrat. Im Thurgau wurde der Ingenieur Kurt Egger (Grüne) nicht wiedergewählt. Der nationale Misserfolg der Grünliberalen und Grünen schwemmte beide links-grüne Unternehmer vom Platz im Parlament. Volkswahlen sind für oft erfolgsverwöhnte Wirtschaftsvertreter eine Lotterie.

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