Die Überstunden häufen sich. Seit vier Jahren ist Linda Müntener bereits Betriebsleiterin der Spitex in Kirchberg SG. Im letzten Jahr hat sich die Arbeitslast ihrer Organisation stark erhöht. «Wir merken stark, dass die Menschen nicht mehr in die Spitäler, Alters- und Pflegeheime möchten. Zum Teil sind Patientinnen gar wieder aus den Altersheimen ausgetreten», weiss Müntener.
Aus Angst vor Ansteckungen bleiben die Menschen so lange wie möglich zu Hause. «Das hat zur Folge, dass wir mehr Arbeit und oftmals schwer pflegebedürftige Patienten haben», so die Betriebsleiterin. Hinzu komme, dass die Menschen zu Hause einsamer seien und deshalb mehr Gesprächsbedarf hätten. «Manchmal sind wir an Geburtstagen die einzigen Besucher.» Trotz hoher Belastung nehmen sie und ihre Mitarbeiterinnen sich Zeit, schenken Verständnis und an Geburtstagen eine selbst entworfene Karte.
Zuwachs vielerorts spürbar
Die Spitex-Kantonalverbände spüren seit Corona eine höhere Nachfrage. «Es gibt tatsächlich Spitex-Klientinnen, die aus Angst vor einer Ansteckung den Eintritt ins Heim hinauszögern», sagt auch Francesca Heiniger vom Spitex-Verband Schweiz.
In einer kürzlich von Spitex Schweiz durchgeführten Umfrage gaben zehn von 19 Kantonalverbänden an, die Folgen hinausgezögerter Heimeintritte wegen der Pandemie zu spüren.
Grosse regionale Unterschiede
Einer dieser Verbände ist der aargauische Verband. «Der Effekt kann in den verschiedenen Regionen sehr unterschiedlich sein, je nachdem wie die Situation in den Heimen ist. Die deutliche Zunahme der Leistungen der Spitex ist auf übergeordneter Ebene spürbar», sagt Max Moor, Chef des Spitex-Verbandes Aargau. Momentan sei dank der Impfung die Angst vor Ansteckungen in den Heimen gesunken. Dagegen sind für ihn die Einschränkungen durch die Schutzmassnahmen der entscheidende Grund für die hinausgezögerten Heimeintritte.