Linke starten Online-Petition
Postfinance führt Spendenkonto für Neonazi-Gruppe Junge Tat

Auf Telegram präsentiert sich die Neonazi-Gruppe Junge Tat martialisch: in Kampfstellung, Tarnkleidung und beim Training. Dennoch konnte sie offenbar ohne Probleme ein Postfinance-Konto eröffnen. Dagegen regt sich nun Widerstand.
Publiziert: 06.04.2022 um 18:28 Uhr
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Aktualisiert: 06.04.2022 um 22:52 Uhr
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Die Neonazi-Gruppe Junge Tat unterhält ein Spendenkonto bei der Postfinance.
Foto: Screenshot
Sarah Frattaroli

Die Corona-Krise hat sie gross und stark gemacht: die Neonazi-Gruppe Junge Tat. Im Januar kaperten die Rechtsextremisten in Bern eine Demonstration von Corona-Skeptikern, setzten sich an die Spitze des Umzugs. Innerhalb der Massnahmenkritiker wurde die Machtübernahme durch die Neonazis später als «Schande von Bern» betitelt.

Seither ist die Gruppe junger Rechtsextremisten landesweit bekannt. Das hindert sie aber offenbar nicht daran, bei der Postfinance ein Konto zu unterhalten. Via Kurzmitteilungsdienst Telegram ruft die Junge Tat aktuell zu Spenden auf. Die angegebene IBAN führt direkt auf ein Postfinance-Konto.

Auf den sozialen Kanälen faselt die Gruppe von Überfremdung und «Immigrantenkriminalität». Bilder auf Telegram zeigen die jungen Männer teils vermummt und in Kampfstellung.

Online-Petition gegen Postfinance

Es ist nicht das erste Mal, dass die Postfinance im Zusammenhang mit rechtsextremen Spendensammlungen Schlagzeilen macht: Anfang Jahr hatte der Österreicher Martin Sellner (33), Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung, ebenfalls zu Spenden auf ein Postfinance-Konto aufgerufen. Die Bank schmiss ihn kurz darauf raus.

Dass Rechtsextreme bei der Postfinance Konten führen, bringt linksaktivistische Kreise auf die Palme: Auf der Kampagnenplattform Campax haben sie eine Online-Petition gestartet. Sie fordern die Postfinance dazu auf, die Konten der Jungen Tat «sofort zu blockieren und aufzulösen». Solche Konten seien der «Nährboden für Neonazistrukturen in der Schweiz», heisst es in der Petition weiter.

Die Online-Petition hat bereits mehr als 2000 Unterschriften gesammelt. Lanciert wurde die Kampagne vom Offenen Antifaschistischen Treffen (OAT) Basel und der Antifa. Die Vorwürfe der Organisationen an Postfinance sind happig: «Es scheint so, als ob sich Neonazis bei der Postfinance ungehindert anmelden können und vorerst in Ruhe gelassen werden. Die Postfinance unternimmt anscheinend keinerlei Massnahmen, um zu überprüfen, welche Personen oder Gruppen bei ihr ein Konto eröffnen.»

Konto bald gesperrt?

Blick konfrontiert Postfinance mit diesen Vorwürfen. Sie kann sich zum Einzelfall nicht äussern. Stichwort Bankkundengeheimnis. Allgemein hält die Postfinance mit Nachdruck fest: «Wir distanzieren uns grundsätzlich von jeglichen extremistischen Bewegungen und Gruppierungen.»

Jede Schweizerin und jeder Schweizer kann ein Konto beim Finanzinstitut der Post eröffnen. So ist es im Grundauftrag festgeschrieben. Im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten prüfe die Postfinance aber laufend, «ob eine Geschäftsbeziehung geführt werden darf oder abgebrochen werden muss».

Ob jemand ein Neonazi ist, ist dabei meist nicht leicht zu erkennen. Selbst wenn das Konto im Namen des Vereins eröffnet wird, werden die Hintergründe oft verschleiert. Postfinance schaut sich die Vereinsstatuten zwar an. Darin dürfte aber auch im Fall der Jungen Tat nicht von Neonazis, Rechtsextremismus oder Nationalsozialismus die Rede sein. Wahrscheinlicher ist, dass sich die Gruppe hinter Begriffen wie «nachhaltige Heimat», «patriotischer Aktivismus» oder «Freiheit» versteckt – genau so, wie sie es auch auf ihren Social-Media-Profilen tut.

Jetzt, da der Fall publik ist, dürfte das Spendenkonto der Jungen Tat durch die Postfinance allerdings schon bald gesperrt werden. Sie könne versichern, dass «die Kundenbeziehung bereits abgebrochen ist oder umgehend abgebrochen wird», falls die Angaben in der Online-Petition stimmen.

Bis es so weit ist, gehen die Spenden allerdings noch auf dem Postfinance-Konto der Jungen Tat ein. Verwendet werden sollen sie für einen «Solidaritätsfonds». Die Neonazis schreiben auf Telegram, ihre Mitglieder seien jüngst Opfer von «linksextremen Anschlägen» geworden.


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