Der historisch tiefe Euro bewegt die Gemüter auch in der Schweiz! Aber anders als beim Wegfall des Euro-Mindestkurses im Januar 2015 bleibt heute der Aufschrei aus.
Denn für einmal ist nicht der erstarkte Schweizer Franken das Hauptproblem. «Sondern eine weitere Belastung, die noch dazukommt», sagt Jean-Philippe Kohl (56). Er ist Vizedirektor bei Swissmem, dem Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie.
«Haben Verständnis für Zinserhöhung»
Die Situation sei komplett eine andere als 2015. «Die Entscheidung der Nationalbank brachte damals eine dramatische Überwertung des Frankens innert Tagesfrist mit sich.» Heuer sei es weit weniger dramatisch, so Kohl. Zu schaffen machen der MEM-Industrie vor allem die hohen Energiepreise, die die Produktionskosten in die Höhe treiben. «Das kann der starke Franken nur teilweise abfedern.»
Selbst an der Zinserhöhung der Nationalbank stösst sich Swissmem nicht. «Wir haben Verständnis für den Schritt der Nationalbank», sagt Kohl. Schliesslich käme die Bändigung der Inflation allen zugute. Einen Seitenhieb Richtung EU kann sich Kohl aber nicht verkneifen: «Würde die Europäische Zentralbank mit der Zinserhöhung endlich nachziehen, hätte das auch eine dämpfende Wirkung auf den Franken.»
Für Händler war der Franken-Schock damals dagegen positiv: Plötzlich waren ausländische Waren spottbillig zu haben.
Ein Nullsummenspiel
«Die Inflation im Euro-Raum frisst uns jeden Wechselprofit weg!», weiss Kaspar Engeli (58), Direktor des Dachverbands Handel Schweiz. Für seine Branche, die stark von Importen abhängig ist, ist der starke Franken diesmal kein Segen. Lediglich «ein Nullsummenspiel», sagt er.
Denn der Schuh drückt anderswo: Ausufernde Transportkosten, gestörte Lieferketten und der Fachkräftemangel nennt Engeli als die grössten Sorgen seiner Mitglieder. «Da wird die Parität zwischen Franken und Euro zum Nebenschauplatz», sagt er.