Sie sehen die Familie fast nie
Tunnelbauer am Gotthard sind unzufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen

Die Mineure am Gotthard haben einen harten Job. Viele kommen aus dem Ausland und sehen ihre Liebsten kaum. Sie wollen länger am Stück arbeiten, um dann länger frei zu haben. Und die Familien zu besuchen. Mit einer Petition fordern sie eine bessere Work-Life-Balance.
Publiziert: 12.10.2024 um 15:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2024 um 15:01 Uhr
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Die Mineure am Gotthard würden gerne länger am Stück arbeiten.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Tunnelbauer fordern bessere Work-Life-Balance am Gotthard
  • Arbeiter wollen längere Arbeitsschichten, um mehr Zeit mit Familien zu haben
  • 60 Tunnelbauer haben Petition für bessere Arbeitszeiten unterschrieben
  • Arbeiter arbeiten derzeit sieben Tage, dann zwei Tage frei
  • Gesetzesänderung kommt frühestens 2026
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Patrik BergerRedaktor Wirtschaft

Sie kommen aus Polen, der Slowakei oder aus Italien. Und sie bauen die zweite Röhre des Gotthard-Tunnels. 100 Tunnelbauer arbeiten derzeit auf der Grossbaustelle. Ein Knochenjob. Mit einem strengen Dienstplan. Die Männer arbeiten sieben Tage, dann haben sie zwei Tage frei. Danach stehen wieder sieben Tage im Berg auf dem Programm. Bevor sie drei Tage frei haben. Dann müssen sie erneut fünf Tage arbeiten, haben danach deren vier Tage frei.

Und doch: Die Männer sind nicht zufrieden mit ihren Arbeitszeiten. Sie möchten gerne noch länger am Stück arbeiten, wie SRF berichtet. Denn die Rückfahrt zu ihren Familien dauert bei den meisten mindestens acht Stunden oder noch länger. Wenn man nur zwei Tage hintereinander frei hat, lohnt sich der kurze Abstecher zur Familie nicht. Sie sehen ihre Liebsten höchstens einmal im Monat. Deshalb fordern sie in einer Petition eine bessere Work-Life-Balance. 60 Tunnelbauer haben sie unterschrieben.

«Entfremde mich von meiner Familie»

Die Mineure würden viel lieber acht oder neun Tage am Stück arbeiten. Dann hätten sie fünf oder sechs Tage am Stück frei. Die Fahrt in die Heimat würde sich so für sie und ihre Angehörigen lohnen. «Ich habe meine Frau und meine beiden Söhne schon 20 Tage nicht mehr gesehen», sagt Giuseppe Anello (43) zu SRF. Er ist einer der Männer, der die Petition unterschrieben hat. Er möge seine Arbeit. Mit den aktuellen Schichten vergehe einem aber die Freude. «Ich entfremde mich von der Familie, meiner Frau und meinen beiden Söhnen», sagt der Italiener, der in Catania (I) lebt.

Viele der Männer arbeiten für die Marti Tunnel AG. Dort versteht man sie. Bauingenieur Rolf Dubach: «Als Arbeitgeber unterstütze ich die Forderungen der Mineure, auch aus eigenem Interesse. Denn der Fachkräftemangel betrifft auch die Tunnelbaubranche.» Arbeitszeitmodelle seien wichtig beim Kampf um die besten Leute. «Der Lohn alleine ist nicht mehr entscheidend.» Auch die Gewerkschaften setzen sich dafür ein, dass die Männer acht oder neun Tage am Stück arbeiten können.

Gibts eine Ausnahmebewilligung?

Dies wäre mit einer Ausnahmebewilligung möglich. Bewilligen müsste diese das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco): Doch dort heisst es: «Da die Anzahl der Arbeitstage inklusive aller möglichen Ausnahmen auf 7 aufeinanderfolgende Tage begrenzt ist, ist es dem Seco nicht möglich, über diese Grenzen hinaus Bewilligungen zu erteilen.» Man sei sich der Besonderheit der Gotthardbaustelle aber bewusst – und prüfe eine Gesetzesänderung. Vor 2026 dürfte dies aber nicht passieren. Deshalb reicht die Gewerkschaft Unia nun einen Änderungsantrag bei der eidgenössischen Arbeitskommission ein.

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