3 Streitpunkte nach erster Verhandlungsrunde
Auf dem Bau droht bereits der nächste Lohnkrach

Der heisse Lohnherbst auf dem Bau nimmt Fahrt auf: Die Gewerkschaften fordern plus 250 Franken pro Monat für alle. Der Baumeisterverband liebäugelt mit individuellen Lohnerhöhungen und geht auf Konfrontationskurs. Das sind die drei Streitpunkte.
Publiziert: 03.09.2024 um 20:49 Uhr
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Aktualisiert: 04.09.2024 um 11:32 Uhr
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Der Startschuss ist gefallen.
Foto: keystone-sda.ch
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Die Lohnverhandlungen für die Büezerinnen und Büezer des Schweizer Bauhauptgewerbes geht erst in die erste Runde und schon scheppert es wieder gehörig. Zur Erinnerung: Im letzten Herbst sind die Verhandlungen zwischen dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) und den Gewerkschaften kläglich gescheitert.

Der SBV hat in der ersten Verhandlungsrunde am Dienstag in Aussicht gestellt, die Löhne 2025 zu erhöhen. Der Fokus liege dabei auf individuelle, leistungsbasierte Lohnerhöhungen, wie der Arbeitgeberverband in einer Medienmitteilung schreibt.

Die Gewerkschaften fordern ihrerseits eine generelle Lohnerhöhung von 250 Franken für alle, die im letzten Jahr keine Lohnerhöhung erhalten haben. «Damit sollen die Teuerung des letzten und dieses Jahres ausgeglichen werden und die Reallöhne leicht erhöht werden», sagt Nico Lutz (53), Bausektor-Chef bei der Gewerkschaft Unia zu Blick. «Der SBV hat am Verhandlungstisch keine konkrete Lohnerhöhung angeboten», führt er aus.

Bei 250 Franken wäre das je nach Lohnklasse einer Erhöhung von 3,1 bis 4,8 Prozent, so der SBV. Zum Vergleich: Die Teuerung des letzten und des aktuellen Jahres beläuft sich auf etwa 3,5 Prozent.

Bereits in der ersten Verhandlungsrunde gibt es mehrere Streitpunkte und einen Nebenschauplatz.

1

Streitpunkt: Diesjährige Lohnrunde

So argumentiert der SBV, dass sich die Bauunternehmen trotz des fehlenden Lohnabschlusses Anfang 2024 grosszügig zeigten: Sie hätten die Löhne der Mitarbeiter unter dem Landesmantelvertrag (LMV) im Schnitt um 1,1 Prozent erhöht, so eine Mitglieder-Umfrage. Die Durchschnittslöhne stiegen um 65 Franken auf 6159 Franken pro Monat. Bei den Hilfsarbeitern sei es um 1,6 Prozent hochgegangen. Ein klares «Bekenntnis zur sozialen Verantwortung», schreibt der SBV. Und: «Die von den Gewerkschaften behauptete Lohn-Nullrunde per 2024 ist damit widerlegt.»

Doch auch die Gewerkschaften haben eine Umfrage durchgeführt. Das Ergebnis: 48 Prozent der Bauarbeiter hätten keine Lohnerhöhung erhalten. «Die vielen Subunternehmen in der Branche sind in der Umfrage des SBV gar nicht enthalten», so Lutz. Damit hätte jeder zweite Bauarbeiter im letzten Jahr eine Reallohnsenkung von über zwei Prozent erlitten.

2

Streitpunkt: Lohnentwicklung

Der SBV betont, dass die Arbeitgeber die Kaufkraft der Büezer zwischen 2019 und 2023 «vollständig gesichert» hat. So stehen einer Teuerung von 4,9 Prozent beim LMV-Personal Lohnerhöhungen von 4,8 Prozent gegenüber. Damit zähle man zu den grosszügigsten Branchen. Fürs Jahr 2023 einigte man sich mit den Gewerkschaften auf eine kollektive Lohnerhöhung von 150 Franken pro Monat, das macht gemäss SBV je nach Lohnklasse zwischen 1,9 und 3 Prozent. Im selben Jahr stiegen die Löhne aller Schweizer Arbeitnehmenden mit einem GAV im Schnitt um 2,1 Prozent – als Ausgleich für die Vorjahresteuerung von 2,8 Prozent.

Die Gewerkschaften Syna und Unia halten dagegen, dass die Reallöhne auf dem Bau gemäss einer Auswertung des Bundesamts für Statistik seit 2016 sinken. Die deutlich gestiegenen Lebenskosten in den letzten zwei Jahren hätten den Lohnverlust zusätzlich verschärft.

3

Streitpunkt: Parifonds

Der SBV wirft den Gewerkschaften vor, «beim Baustellenpersonal kollektiv Gelder in Millionenhöhe einzukassieren und in die eigene Tasche zu lenken».

SBV und Gewerkschaften haben sich einst im Gesamtarbeitsvertrag auf den Parifonds, einen Fonds für Aus- und Weiterbildungen und für Kontrollen zur Einhaltung des GAV, geeinigt. Dieser wird mit Arbeitgeberbeiträgen und einem Lohnbeitrag der Büezer von 0,7 Prozent gefüttert. Gewerkschaftsmitglieder können einen Teil dieses Geldes zurückfordern.

Nico Lutz hält den Vorwurf für ein reines Ablenkungsmanöver von den Verhandlungen: «Das Geld geht nicht an uns, sondern an Gewerkschaftsmitglieder, die für gewisse Leistungen sonst doppelt bezahlen müssten. Die Baumeister in der Romandie kennen für ihre Mitglieder ein ähnliches Beitragssystem, dort scheint es kein Problem zu sein.»


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