Die Europäische Zentralbank EZB hat den Leitzins heute leicht erhöht, neu auf 3,5 Prozent.
Im Vorfeld gingen Experten schon von einer weiteren Zinserhöhung um erneut 0,5 Prozentpunkte aus. Dies, weil die durchschnittliche Inflationsrate im EU-Raum nach Schätzungen des europäischen Statistikamtes immer noch bei hohen 8,5 Prozent liegt. Seit Juli 2022 hatten die Euro-Währungshüter im Kampf gegen die hohe Inflation die Zinsen deshalb fünfmal in Folge angehoben.
Die Notenbank rechnet in diesem Jahr im Schnitt mit einer Inflationsrate von 5,3 Prozent. In ihrer Dezember-Prognose war die EZB von 6,3 Prozent ausgegangen. Für 2024 sagt sie eine Teuerungsrate von 2,9 Prozent (Dezember-Prognose 3,4 Prozent) voraus. Für 2025 wird eine Rate von 2,1 Prozent (2,3 Prozent) erwartet.
Zuletzt spekulierten Experten aber, dass die EZB das Tempo der Zinserhöhungen reduzieren werde. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung in Düsseldorf (D) beispielsweise rechnete nach der Pleite der Silicon Valley Bank mit einer zurückhaltenderen Zinspolitik der EZB. Das erschütterte Vertrauen in die Finanzmärkte, welches auch die Credit Suisse in Mitleidenschaft zog, führte massiven Verkäufen und damit Einbrüchen von Aktienkursen vieler Banken. Der Knackpunkt: Banken verfügen über riesige Mengen an Staatsanleihen, welche bei jedem Zinsschritt an Wert verlieren, und bei den Banken möglicherweise zu Buchverlusten führen.
Die EZB musste folglich entscheiden, ob sie die Zinsen im Interesse der Bankenstabilität nicht oder nur leicht erhöht, oder die Zinsen im Interesse der Inflationsbekämpfung doch nochmals kräftig erhöht.
Da es immer dauert, bis Weichenstellungen in der Geldpolitik greifen, fürchteten viele, dass die EZB bereits zu weit gegangen sei. Die US-Notenbank Fed (Federal Reserve System) hatte zuletzt das Zinstempo gedrosselt, liebäugelt nun aber bereits wieder mit einer Beschleunigung der Zinserhöhungen.
Die EZB betonte aber: «Der Bankensektor des Euroraums ist widerstandsfähig: Kapital- und Liquiditätspositionen sind solide.»
Steigende Zinsen für Sparkonten
Die Notenbank strebt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an. Diese Zielmarke ist seit Monaten weit entfernt. Zwar hat sich die Inflation in den vergangenen Monaten tendenziell abgeschwächt, zuletzt aber nur langsam. Getrieben wird die Inflation seit Monaten vor allem von Energie- und Lebensmittelpreisen, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine kräftig anzogen.
Der sogenannte Einlagensatz, den Kreditinstitute erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, steigt nach der Entscheidung des EZB-Rates vom Donnerstag auf 3,00 Prozent. Seit der Kursänderung der EZB im Juli 2022 profitieren Sparer von steigenden Zinsen für Tages- und Festgeld. Allerdings mindert die hohe Inflation die Erträge.
Geringeres Wachstum prognostiziert
Die Wirtschaft im Euroraum wird nach der neuesten EZB-Vorhersage in diesem Jahr um 1,0 Prozent wachsen und damit stärker als die im Dezember noch vorhergesagten 0,5 Prozent. Im kommenden Jahr soll das Bruttoinlandsprodukt um 1,6 Prozent (1,9) zulegen. Für 2025 wird ebenfalls ein Zuwachs der Wirtschaftsleistung um 1,6 Prozent (1,8) erwartet. Der Anstieg fällt damit geringer aus als in den Projektionen vom Dezember erwartet.