Schwieriges Jahr für die SNB
Lob für Geldpolitik, Rüffel bei Nachhaltigkeit

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) fährt in diesem Jahr einen Rekordverlust ein. Trotzdem habe sie ihren Job gut gemacht, findet Geldpolitik-Experte Fabio Canetg. Rüffel gibts von einer Umweltorganisation.
Publiziert: 30.12.2022 um 06:49 Uhr
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Aktualisiert: 30.12.2022 um 11:41 Uhr
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SNB-Präsident Thomas Jordan blickt auf ein aufreibendes Jahr zurück.
Foto: keystone-sda.ch
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Nicola ImfeldTeamlead Wirtschaft-Desk

Wohin nur mit all den Milliarden in Fremdwährungen? Das ist die Frage, die sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) in den vergangenen Jahren stellen musste. Weil sie den Frankenkurs konkurrenzfähig halten wollte, kaufte die SNB Unmengen an Dollar, Euro, Yen und Co. ein.

Bekannt ist, dass die Nationalbank in viele US-Aktien investiert hat – darunter auch in den Elektroautobauer Tesla von Starunternehmer Elon Musk (51). Allein in den letzten zwölf Wochen hatte die SNB mit diesem Investment rund 1,5 Milliarden Dollar verloren, wie «Inside Paradeplatz» kürzlich berichtete. Da sich der Aktienkurs von Tesla halbierte, sind der Nationalbank Ende September von den drei Milliarden noch 1,5 Milliarden Dollar geblieben.

Experte: SNB ist nicht marktneutral

Ein Skandal? Mitnichten. Die SNB hat in unzählige amerikanische Aktientitel investiert, die den grossen Leitindexes Dow Jones und S&P 500 oder der Tech-Börse Nasdaq angehören. «Die Nationalbank hat gar nicht die personellen Ressourcen, jedes Unternehmen genau anzuschauen und zu bewerten, in das sie investiert ist», sagt Geldpolitik-Experte Fabio Canetg (34) zu Blick. Das sei auch kein Problem: «Im Portfolio der SNB hat es Firmen, die überbewertet sind, und Firmen, die unterbewertet sind. Das gleicht sich aus.»

Nur marktneutral sei die SNB nicht, auch wenn sie das gerne von sich behauptet. «Die Nationalbank investiert nur in Unternehmen, die an der Börse sind. Ein mittelgrosses KMU in den Bündner Bergen fliegt unter dem Radar der SNB. Das ist nicht marktneutral», sagt Canetg, der in seinem Podcast «Geldcast» die Nationalbank kritisch beäugt.

Tiefe Inflation: Job erfüllt

Trotz Rekordverlust – die SNB hat in den ersten neun Monaten 142 Milliarden Franken verloren – lobt Fabio Canetg die Nationalbank. «Sie hat den Franken stärker werden lassen, um die Inflation tief zu halten. Das ist ihr gelungen.» Tatsächlich steht die Schweiz mit einer Teuerungsrate von 2,9 Prozent im internationalen Vergleich ausgezeichnet da. Nur China weist eine noch tiefere Inflationsrate aus.

«Dass die Nationalbank die Inflation über die Verluste stellt, ist ihr positiv anzurechnen», sagt Canetg. Auch 2023 soll die Nationalbank die geldpolitischen Ziele priorisieren. «Die SNB muss und kann es sich leisten, die Zinsen weiter zu erhöhen und Verluste einzufahren.»

SNB ist zu wenig nachhaltig

Doch nicht alle sind so zufrieden mit der Schweizer Nationalbank wie Fabio Canetg. Von WWF Schweiz gab es Ende Dezember einen Rüffel. In einem Bericht hat die grösste Umweltorganisation des Landes die Nachhaltigkeitsfaktoren der Finanzmarktaufsicht und Zentralbankaktivitäten von 44 Ländern bewertet. Resultat: Die Schweiz fällt im internationalen Vergleich weiter zurück.

Hintergrund: Der Bundesrat hat im Dezember festgehalten, dass die Schweiz eine Vorreiterrolle als nachhaltiger Finanzplatz werden soll. Doch der WWF-Bericht beanstandet, dass die SNB im Gegensatz zu anderen Zentralbanken zu wenig macht. Zwar hat die Nationalbank Ende 2020 den Ausstieg aus Kohle-Investitionen angekündigt, trotzdem würden noch immer grosse Summen in umweltschädliche Aktivitäten wie Entwaldung, Exploration und Gewinnung fossiler Brennstoffe sowie zerstörerischen Bergbau investiert.

«Die Schweizer Finanzakteure brauchen klare Rahmenbedingungen, welche Anreize für Nachhaltigkeit setzen und nicht-nachhaltige Investitionen weniger interessant machen», fordert WWF Schweiz. Fabio Canetg findet: «Um geldpolitische Angelegenheiten soll sich allein das SNB-Direktorium kümmern. Aber bei politischen Fragen wie Nachhaltigkeit darf das Parlament durchaus mitreden.»

Bisher waren solche Vorstösse – mit Verweis auf die Unabhängigkeit der Nationalbank – im Parlament stets abgeschmettert worden.


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